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Luzern

Direktor der Biosphäre Entlebuch: «Aus einem Hemmnis wurde eine Stärke»

Der Tourismus Award geht dieses Jahr an eine städtische Institution und ins Entlebuch. Das ist eine besondere Ehre für Theo Schnider.
Theo Schnider, Direktor der Biosphäre Entlebuch, fotografiert auf der Rossweid in Sörenberg mit dem Brienzer Rothorn im Hintergrund. (Bild: Pius Amrein, 27. November 2019)

Roseline Troxler

Im ausverkauften KKL Luzern wurde am Samstag der Tourismus Award der Zentralschweiz vergeben. Diesjährige Preisträger: Die Schweizerische Hotelfachschule Luzern SHL (siehe Box) und die Unesco Biosphäre Entlebuch (UBE).

Walter Schmid, Ehrenpräsident des Tourismus Forums Luzern und Vorsitzender der Findungskommission, meint zur Biosphäre: «Sie ist das erste Biosphärenreservat weltweit, das durch eine Volksabstimmung und unter partizipativer und kooperativer Mitwirkung der lokalen Bevölkerung gegründet wurde.» Und Schmid führt aus: «Die Anerkennung in Form des Tourismus Awards 2019 darf speziell auch als Auszeichnung für den unermüdlichen Einsatz, die Kreativität und den Durchhaltewillen von Theo Schnider sowie dessen Team verstanden werden.»

«Ein Preis von Zuhause ist viel ungewöhnlicher»

Die Freude über den Award ist bei Theo Schnider, Mitinitiant und Direktor, spürbar. Bescheiden meint er: «Ich sehe den Preis als grosse Anerkennung für das Entlebuch. Ich habe lediglich etwas Regie geführt.» Die UBE habe schon diverse internationale Preise erhalten. «Doch ein Preis von Zuhause zu bekommen, ist viel ungewöhnlicher und deshalb für das Entlebuch bedeutender und grossartiger.»

Die UBE ist mehr als eine Organisation, die sich für nachhaltigen Tourismus einsetzt. So handelt es sich bei der Biosphäre um eine Art Entwicklungsagentur, die alle sieben Entlebucher Gemeinden umfasst. Sie ist als Gemeindeverband organisiert, der Projekte in den Bereichen Natur, Umwelt, Raumplanung, Mobilität, Regionalmarketing und Tourismus koordiniert. Die UBE hat auch eine Forschungsabteilung und lanciert diverse Bildungsprojekte. In einer Biosphäre soll nachhaltige Entwicklung – sowohl ökologischer, ökonomischer wie auch sozialer Art – stattfinden.

Dass es die UBE gibt, ist der Rothenthurm-Initiative zum Schutz der Moore im Jahr 1987 zu verdanken. Diese stiess im Entlebuch zunächst auf massiven Widerstand. «Wir sahen die über 100 Moore, die nun besser geschützt werden mussten, zunächst als Hemmnis für unsere wirtschaftliche Entwicklung und für Tourismusprojekte. Doch schliesslich machten wir die Einschränkung zu unserer Stärke», erinnert sich Schnider. Im Jahr 2000 stimmten die Entlebucher der UBE mit 94 Prozent Ja-Stimmen zu. «Damit haben wir Geschichte geschrieben», meint deren Direktor. 2001 erfolgte die Anerkennung durch die Unesco. In den Folgejahren entstanden diverse dezentrale, touristische Erlebniswelten wie das Mooraculum auf der Rossweid oder der Kraftort Heiligkreuz.

Doch was macht die UBE so einzigartig? Theo Schnider nennt zum einen die Natur- und Kulturlandschaft aus Mooren, Karstgebieten und Auenlandschaften. Rund die Hälfte der 400 Quadratkilometer grossen Biosphäre ist unter Schutz gestellt. Weiter macht für ihn die Identifikation der Menschen mit der Region die UBE aus. «Entlebucher sind unglaublich verbunden mit ihrem Boden. Tradition, Brauchtum und Geschichte haben eine enorme Bedeutung.» Die Biosphäre sei aber auch visionär.

«Das Entlebuch wurde lange als Armenhaus der Schweiz wahrgenommen. Durch die Biosphäre haben wir ein neues Profil und neue Werte entwickelt.»

Man sei nun eine Modellregion für nachhaltiges Leben und Wirtschaften. Wöchentlich wird die UBE von ausländischen Delegationen besucht. «Dies liegt vor allem an unserer Entstehungsgeschichte», sagt Schnider. Heute sei der demokratische Akzeptanznachweis zwingende Voraussetzung der Unesco für die Gründung einer Biosphäre. Weltweit gibt es rund 700 Biosphärenreservate.

Theo Schnider trägt seit September 2018 zwei Hüte. So ist er auch noch Verwaltungsratspräsident der Bergbahnen Sörenberg, wo ihn derzeit vor allem der Ersatz der Bahn aufs Rothorn fordert. «Alle Entlebucher Bergbahnen sind wichtige Bestandteile der UBE.» Es sei gelungen, mehr Gäste im Sommer anzusprechen und die Erlebniswelt Mooraculum oder den Bike-Flowtrail in Marbach zu profilieren. Schnider will das Berggebiet bei Familien noch beliebter machen, wie er letzte Woche am Saisonstartanlass auf der Rossweid zu seiner «Mannschaft» sagte.

Im Bildungs- und Kulturbereich noch aktiver werden

Auch für die Biosphäre sieht der 62-Jährige noch viel Potenzial. So will er im Bildungs- und Kulturbereich noch aktiver sein. Ausserdem sagt er: «Das Entlebuch ist eine musikalische Hochburg. Das könnte man touristisch noch besser nutzen.» Obwohl er voller Tatendrang ist, will Schnider nun bald seine Nachfolgeregelung angehen.

Theo Schnider hat fast seine ganze berufliche Laufbahn im Entlebuch verbracht. Eigentlich wollte er Polizist werden. Der frühe Tod der Mutter hat aber dazu geführt, dass er damals im Tal blieb und half, zu den jüngeren Geschwistern zu schauen. Nach einer kaufmännischen Ausbildung kam er zum Tourismus und absolvierte unzählige Aus- und Weiterbildungen. Auch vier Jahrzehnte später meint er: «Es ist die schönste Branche der Welt. Für Gäste eine Dienstleistung zu erbringen, ist eine enorm dankbare Aufgabe.»

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