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Nidwalden

Die Katholische Landeskirche im Spannungsfeld zwischen zwei Rechtssystemen

Die römisch-katholische Kirche lebt mit einem dualen Rechtssystem. Eine gemeinsame Ebene gibt es nicht. Dazu referierte Urs Brosi, Generalsekretär der Katholischen Landeskirche Thurgau, in Stans.

Schon seit mehreren Jahren ist die römisch-katholische Kirche mit grossen Herausforderungen beschäftigt. Priestermangel, Austritte aus der Kirche und Kinder, die nicht mehr getauft werden, bereiten der Kirche Sorgen. Betroffen von der Abwanderung ist auch die evangelisch-reformierte Kirche.

Urs Brosi, Generalsekretär der Katholischen Landeskirche Thurgau, referierte über das duale Rechtssystem der Landeskirchen.
Bild: Bild: Richard Greuter (Stans, 23. September 2022)

Nicht einfacher macht es das duale Rechtssystem, welchem die Katholische Kirche unterstellt ist. In einem Vortrag im Pestalozzisaal in Stans erläuterte Urs Brosi, Generalsekretär und Geschäftsführer der Katholischen Landeskirche des Kantons Thurgau, die heutige Organisation der beiden Führungslinien und deren rechtliche Grundlagen. Landeskirchenpräsidentin Monika Rebhan Blättler begrüsste etwa 40 Kirchenräte und einige Seelsorger. «Ich sehe einige neue Gesichter», freute sich die Präsidentin.

Eine gemeinsame Führungsebene gibt es nicht

Die pastorale Seite wird nach dem kanonischen Recht, welches vom Papst vorgegeben wird und den Bischöfen der Bistümer einen kleinen Spielraum (Erlass) ermöglicht, gesteuert. Es regelt die Tätigkeit der Pfarrer, Seelsorger und der Mitarbeitenden in den Pfarreien. Die staatskirchenrechtliche Seite ist die eigentliche Verwaltung und Finanzierung der Infrastruktur. Zusammen bilden die beiden Rechtskörper das duale System der Katholischen Kirche in der Schweiz, und arbeiten auch eng zusammen. Ein System, welches im Ausland bestaunt, oft aber auch nur schwer verstanden wird. In der staatskirchenrechtlichen Struktur kann jede stimmberechtigte Person Einfluss auf den Kirchenrat nehmen. Im kanonischen Recht ist dies faktisch ausgeschlossen.

Was fehlt ist eine gemeinsame Führungsebene. «Die gibt es nicht», erläuterte Brosi in seinem Vortrag. Zwar gibt es die Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) und die Schweizerische Bischofskonferenz (SBK). Die RKZ ist ein Zusammenschluss der staatskirchenrechtlichen Seite, in der SBK tauschen sich die Bischöfe aus.

Weniger Priester verlangen nach Lösungen

Wie eine gemeinsame Führungsebene aussehen kann, erläuterte der Referent in seiner «Interpretation Brosi»: Früher gab es klare Kompetenzentscheidungen. Der Bischof teilte einer Gemeinde einen Priester zu und das Kirchenvolk wählte ihn. Heute sei es ein weitgehendes Nebeneinander, meinte der Referent. Der Priestermangel und der vermehrte Einsatz von Diakonen und Laien-Theologen verlangen nach besserer Zusammenarbeit. «Die Berufsrollen sind so anspruchsvoll, dass sie miteinander ausgehandelt werden müssen», meinte Brosi. Auch über Investitionen in Infrastruktur, Sach- und Projektaufwand sollten beide Seiten mitbestimmen können.

Doch über die genaue Ausgestaltung gehen die Meinungen auseinander. In einem Vademecum schreiben die Bischöfe, dass die staatsrechtlichen Organisationen, nur dann legitim sind, wenn sie helfender sowie unterstützender Natur sind. Die finanziellen Entscheidungen seien an den pastoralen Notwendigkeiten zu messen. Laut RKZ sind die Landeskirchen damit nicht einverstanden. «Auf das Zusammenspiel kommt es an», schrieb die RKZ. «Die Rede», so Brosi, «ist, dass sich beide Seiten auf Augenhöhe begegnen sollen.» Und weiter: «Es gibt keine andere Lösung.»

Zur Abwanderung aus der Kirche meint Brosi: «Wir müssen uns überlegen, was für Formen brauchen wir?» Das sei die künftige Herausforderung der Kirche.

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