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Luzern

Die grosse Übersicht: So viele Wohnungen werden in den Luzerner Gemeinden gemeinnützig vermietet

Rund acht Prozent aller Luzerner Wohnungen werden gemeinnützig vermietet. 13 Gemeinden schwingen oben aus.

Chiara Stäheli

Am Sonntag, 9.Februar, stimmt die Schweiz über die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» ab. Diese verfolgt das Ziel, den Anteil gemeinnütziger Wohnungen zu steigern, indem der genossenschaftliche Wohnungsbau gefördert wird. Aktuell werden in der Schweiz rund 4 bis 5 Prozent aller Wohnungen gemeinnützig bewirtschaftet, der Wert variiert je nach Statistik. Wird die Initiative angenommen, soll dieser Anteil auf 10 Prozent erhöht werden. Gemäss dem Wohnraumförderungsgesetz gilt ein Wohnungsbau dann als gemeinnützig, wenn er keinen Gewinn anstrebt und dazu dient, den Bedarf an preisgünstigem Wohnraum zu decken.

Im Kanton Luzern sieht die Situation im Vergleich zur restlichen Schweiz etwas anders aus: Per Ende 2017 galten hier gemäss der Wohnungsstatistik des Bundesamts für Wohnungswesen knapp 15'000 der rund 200'000 Wohnungen als gemeinnützig. Das entspricht einem Anteil von knapp 8 Prozent. Im kantonalen Vergleich erreicht Luzern damit den dritthöchsten Wert nach Basel-Stadt und Zürich.

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Die Zahl der genossenschaftlich vermieteten Wohnungen im Kanton Luzern variiert je nach Gemeinde stark. In 13 Gemeinden beträgt der Anteil 10 Prozent oder mehr. So beispielsweise in Ettiswil. Laut Statistik sind dort 11 Prozent aller Wohnungen in der Hand von Genossenschaften. Für Gemeindepräsident Peter Obi, ist klar, warum: «In Ettiswil gibt es seit Jahrzehnten zwei grosse Genossenschaften. Lange Zeit galt die eine als CVP-, die andere als FDP-Genossenschaft.» Diese beiden hätten sich immer wieder gegenseitig angespornt und motiviert, in neue genossenschaftliche Bauvorhaben zu investieren.

Die Gemeinde selbst fördert den genossenschaftlichen Wohnungsbau nicht aktiv. «Wir sind aber froh, dass wir die beiden Genossenschaften haben. Sie unterstützen mit ihren Tätigkeiten die Entwicklung des Ettiswiler Wohnungsmarktes», so Obi. Er rechne deshalb nicht damit, dass eine Annahme der Initiative einen Einfluss auf Ettiswil hätte: «Was mit dem wenigen Bauland geschieht, das in unserer Gemeinde noch zur Verfügung steht, hängt nicht vom Ausgang der Abstimmung ab.»

Ein Unterschied zeigt sich im Vergleich mit der Gemeinde Weggis. Dort war per Ende 2017 keine einzige gemeinnützige Wohnung registriert. Das heisse aber nicht, dass es in Weggis keine preiswerten Wohnungen gebe, sagt Gemeindeammann Baptist Lottenbach: «Die Wohnbaugenossenschaft Pro Familia stellt in Weggis seit Jahren preisgünstige Wohnungen zur Verfügung. Da diese Genossenschaft allerdings keinem der beiden Dachverbände für den gemeinnützigen Wohnungsbau angehört, werden ihre Wohnungen in der Statistik nicht erfasst.»

Pro Familia Weggis verfügt mittlerweile über 55 Wohnungen im Riedmattquartier, ein weiteres Projekt ist in Planung. «Es ist ein Bedürfnis nach günstigem Wohnraum vorhanden. Wir versuchen diesem mit Landabtausch und Baurechtsverträgen nachzukommen», erklärt Lottenbach. An dieser Praxis würde wohl auch die Annahme der Initiative nichts ändern. Unter anderem, weil das Land in Weggis vielerorts zu teuer sei, als dass es sich für den gemeinnützigen Wohnungsbau eignen würde.

Fixe Quote löst Diskussionen aus

Obwohl im Kanton Luzern bereits verhältnismässig viele Wohnungen gemeinnützig vermietet werden, sei die Nachfrage grösser als das Angebot, sagt Carmen Enz, Präsidentin des Regionalverbands der Zentralschweizer Wohnbaugenossenschaften: «Wir unterstützen die Stossrichtung der Initiative. Die Genossenschaften in der Zentralschweiz müssen jeden Tag Bewerberinnen für bezahlbare Wohnungen auf Wartelisten setzen.»

Auch Michael Töngi, Luzerner Nationalrat der Grünen und Vorstandsmitglied des Schweizerischen Mieterverbands, sieht im Kanton Luzern Handlungsbedarf: «Wir müssen den Anteil gemeinnütziger Wohnungen schweizweit erhöhen – und zwar dort, wo solche Wohnungen nötig sind.» Die 10-Prozent-Quote müsse dabei nicht von jeder einzelnen Gemeinde erreicht werden. Wichtig ist laut dem Krienser aber, dass langfristig gesamtschweizerisch eine Entwicklung hin zu diesem Anteil von 10 Prozent stattfindet.

Anderer Meinung ist da CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler: «Eine starre Quote widerspricht dem Grundgedanken der wirtschaftlichen Freiheit und gehört nicht in die Verfassung.» Es sei in einem föderalistischen System unabdingbar, die Selbstbestimmung der Gemeinden zu gewährleisten. «Wenn eine Gemeinde entscheidet, einen bestimmten Anteil an gemeinnützigen Wohnungen zu erreichen, dann ist das gut so – aber flächendeckend für die ganze Schweiz Vorgaben zu machen, führt nicht zum Ziel», sagt die Altishoferin. Das Beispiel des Kantons Luzern zeige: Auch ohne Auflagen lässt sich ein sehr hoher Anteil an gemeinnützigen Wohnungen erreichen.

Diese Einschätzung teilt SVP-Kantonsrat Armin Hartmann, der zugleich Präsident des Hauseigentümerverbands Luzern ist: «Der gemeinnützige Wohnungsbau funktioniert auch ohne staatliche Eingriffe. Eine Quote, wie sie in der Initiative vorgesehen ist, wäre hochproblematisch.» Diese würde den freien Markt einschränken und zu falschen Investitionen führen.

Stadt Luzern hat sich selbst ein Ziel gesetzt

Eine Gemeinde, die eine solche Quote bereits festgelegt hat, ist die Stadt Luzern. Dort wurde 2012 eine Initiative angenommen, die verlangt, dass bis 2037 mindestens 16Prozent aller Wohnungen nach den Kriterien der Gemeinnützigkeit vermietet werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen jährlich rund 100 neue gemeinnützige Wohnungen entstehen.

Nationalrat Michael Töngi begrüsst ein solches kommunales Engagement. Dieses reiche aber nicht aus, so Töngi: «Der Bund und auch der Kanton Luzern sind momentan viel zu wenig aktiv im Bereich der Wohnbauförderung. Das muss sich ändern, wenn wir den Anteil gemeinnütziger Wohnungen steigern wollen.» Der Bund müsse den Gemeinden Instrumente zur Wohnbauförderung zur Verfügung stellen. So schlägt die Initiative beispielsweise ein Vorkaufsrecht zu. Dieses würde die öffentliche Hand dazu berechtigen, beim Kauf eines Grundstücks den Vorzug zu erhalten, sofern sie denselben Preis zahlt, den ein Dritter gezahlt hätte. «Ob die Gemeinden dann von den Instrumenten Gebrauch machen, darüber entscheiden sie selbst», sagt Töngi.

Das Vorkaufsrecht stösst bei Kantonsrat Hartmann auf Kritik. Der Schlierbacher sagt: «Dahinter steckt eine schleichende Verstaatlichung, die den Schutz des Eigentums gefährdet.»

Hinweis: Die Statistik des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO) erreicht gemäss Aussage der Autoren einen Abdeckungsgrad von rund 90 Prozent. Die Datenbank basiert auf Angaben der Dachverbände des genossenschaftlichen Wohnungsbaus sowie auf Zahlen, die dem BWO direkt von Genossenschaften mitgeteilt wurden.

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