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Zug

Der Sympathiesammler: Stefan Hermann, der neue Walchwiler Gemeindepräsident

Stefan Hermann (46) hat seine Arbeit als Gemeindepräsident aufgenommen – nicht einmal sechs Jahre nach seinem Einzug in den Gemeinderat. Das steht stellvertretend für sein rasches Einleben im Dorf.
Stefan Hermann (hier im Gemeindehaus) lebt seit 2005 in Walchwil. (Bild: Stefan Kaiser (26. November 2018))

Raphael Biermayr

Es war ein besonders denkwürdiger Jahresbeginn für Stefan Hermann. Seit der Silvesternacht ist der 46-jährige CVP-Politiker nicht nur Gemeindepräsident von Walchwil, sondern bei seinem Arbeitgeber, einer Firma für Vermessung und Bauingenieurwesen, auch Mitglied der Geschäftsleitung. Es ist anzunehmen, dass der Weg zur beruflichen Beförderung härter war als zur politischen: Im Dorf gab es wegen mangelnder Optionen erstmals seit 1994 keine Wahlen.

Das sei schade, sagt Hermann, für ihn und seine neuen Kollegen im Gemeinderat, Matthias Hürlimann (CVP) und René Peyer (FDP), vor allem aber für die Stimmbürger. «Ich habe mit Gemeinderatswahlen gerechnet, mit einer Wahl für das Gemeindepräsidentenamt nicht unbedingt», sagt er offen. Das führt er darauf zurück, dass ihm in zahlreichen überparteilichen Gesprächen die Unterstützung zugesichert worden sei – «bis hin zur SP!», freut er sich. Tatsächlich brachte die FDP ihren Sukkurs für Hermann öffentlich zum Ausdruck – hatte allerdings keinen eigenen Kandidaten gefunden.

Über die Vereine sozialisiert

Hermann hat nicht zum ersten Mal bewiesen, dass er sich schnell Sympathien sichern kann. Bei den Wahlen 2014 – nur eineinhalb Jahre, nachdem er nachgerückt war, und nur vier, nachdem er nicht gewählt worden war – holte er bei den Gemeinderatswahlen am meisten Stimmen aller Kandidaten. Dieses Resultat ist das Ergebnis von aktiver Integration im Dorf. Hermann ist mit seiner Frau Nicole erst 2005 von Baar nach Walchwil gezogen. Er trat zunächst dem Bike-Club und später der Mänerriege bei. Durch einen Bekannten kam er bald zur lokalen CVP. Wenngleich das Klischee ihn eher in der FDP verorten würde, die manchen noch immer als Zuzügerpartei gilt. An seinem Beispiel zeigt sich, dass das wohl überholt ist. Das gelte auch für das Vorurteil über das zwischen Alteingesessenen und Zuzügern gespaltene Dorf. «Die Mehrheit der Zuzüger sind keine Expats, bleiben also länger als ein paar Jahre und interessieren sich auch für das Dorfleben. Darunter sind viele Schweizer, was gern vergessen wird», sagt Hermann, um auszuführen: «Zuzüger sind in vielen Vorständen und Gremien zu finden. Das ist auch möglich, weil der Walchwiler viel offener ist, als es sein Ruf vermuten lässt. Wer ihm mit Offenheit begegnet, wird diese im Gegenzug ebenfalls erfahren.»

Das Dorf verfüge zudem über eine «eigene Mentalität». Diese zeige sich zum Beispiel, dass man am Fest anlässlich der Eröffnung der Oberdorfstrasse keinen Sicherheitsdienst habe engagieren müssen. «Es waren 1000 Leute da und es gab keine Schlägereien oder Vandalenakte – das ist Walchwil! Dieser Mentalität müssen wir Sorge tragen.» Stefan Hermann ist offensichtlich ein Fan seiner Gemeinde. Das darf man von einem Gemeindepräsidenten erwarten. Als Fan droht man aber die Distanz zu verlieren. Das soll dem Geomatiktechniker nicht passieren.

Zumindest zu Beginn seiner Amtszeit dürfte Hermann Vergleichen mit seinem Vorgänger Tobias Hürlimann ausgesetzt sein. In dessen zehn Jahren als Gemeindepräsident wurden nicht nur mehrere prägende Grossprojekte beendet, sondern es wurde auch ein Gewohnheitsbild des Ratsvorstehers geschaffen: das Bild des allgegenwärtigen Präsidenten, der die Zügel straff in der Hand hält und gern alles unter Kontrolle hat. Diesem Bild kann Hermann nicht gleichermassen gerecht werden. Hermann arbeitet nicht in Walchwil, sondern in Baar. Schon diese Tatsache mache einen anderen Stil vonnöten, sagt er. Was heisst das konkret? Was die Kommunikation nach aussen anbelangt, sollen seine Gemeinderatskollegen und die Abteilungsleiter häufiger als zuvor zu Wort kommen. Er kann sich zudem vorstellen, im Budgetprozess den Abteilungen noch mehr Verantwortung zu übertragen.

Hermann legt Wert auf Kinderbetreuung

Der vormalige Bildungsvorsteher Hermann hat auf die eben begonnene Legislaturperiode die Finanzen übernommen. Nach der Fertigstellung der Oberdorfstrasse und der Sportanlage Lienisberg bietet sich die Möglichkeit für neue Investitionen: der Werkhof, der an der Artherstrasse liegen soll, zum Beispiel. Oder ein neues Schulgebäude, das seit einigen Jahren ein Thema ist und in den nächsten Jahren auf dem Areal des ehemaligen Dubacherhauses entstehen soll. Ausserdem rückt der öffentliche Verkehr in den Fokus des Interesses. Dies nicht nur wegen der baubedingten, 18-monatigen Sperre der Eisenbahnstrecke, sondern auch, weil die geplanten neuen Quartiere an der Oberdorfstrasse an den Ortsbus angeschlossen werden sollen. Grossen Wert legt Hermann zudem auf den Ausbau der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung; ein Bereich, in dem Walchwil im kantonalen Vergleich trotz Bemühungen in den letzten Jahren Nachholbedarf hat. Dieses Ziel hat der neue Gemeindepräsident auf seiner Wahlkarte formuliert. Jene ist wegen der nicht zustande gekommenen Wahl nicht breit gestreut worden – aber deshalb nicht weniger verbindlich.

Hinweis Unsere Zeitung spricht in den ersten beiden Januarwochen mit Politikerinnen und Politikern, die 2019 eine neue oder zusätzliche Funktion übernehmen.

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