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Der neue Seetalplatz wird neu entdeckt

Die 190-Millionen-Baustelle ist Geschichte. Am Samstag wurde der Seetalplatz feierlich eingeweiht. Die fünfjährige Bauzeit war mit enorm hohen technischen und planerischen Hürden verbunden.
Eröffnung des Seetalplatzes in Emmen. Auf dem Bild  sind Tatjana Albert mit Samantha (7) und Alexander (6) bei der Fahrt mit dem Riesenrad zu sehen. Sie geniessen den Ausblick auf den Seetalplatz. (Bild:Pius Amrein, 16. Juni 2018)

Der Verkehr rollt. Man wusste zwischenzeitlich zwar nicht immer genau wohin, aber irgendwie kam man (meistens) bei der richtigen Abzweigung wieder raus. Mit der Einweihungsfeier vom Samstag, fünf Jahre nach Beginn der Bauarbeiten, ist die Umgestaltung des Seetalplatzes nun endgültig abgeschlossen.

«Es ist eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte, die im Kanton Luzern je realisiert wurden», sagte Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdirektor Robert Küng anlässlich der gestrigen Einweihungsfeier. Vor Ort konnte man sich, mittels einer Fahrt auf dem Riesenrad, einen Überblick über das Grossprojekt verschaffen. Ein Rundgang rund um den Seetalplatz vermittelte weitere Eindrücke von den diversen Teilaspekten des Projekts – vom Hochwasserschutz bis zu den neu erstellten Bahnbrücken – und den zahlreichen daran beteiligten Akteuren.

Hochwasser erforderte neue Planung

Es ist eine gängige Fehlannahme, dass die Umgestaltung des Seetalplatzes direkt auf die Überschwemmungen vom August 2005 zurückgeht. Die Einsicht, das man an diesem Verkehrsknoten handeln muss, geht bis in die späten 1960er-Jahre zurück.

In jüngerer Vergangenheit stand man 2005 mit einem Bauprojekt bereits in den Startlöchern, stoppte dieses aber aufgrund der Erkenntnis, dass die geplante Umfahrung Reussbühl alleine die Probleme beim Seetalplatz nicht löst. Dann kam das Unwetter. «Das Hochwasser zeigte schmerzlich auf, dass man die bisherigen Projekte anpassen muss – insbesondere auch in Bezug auf den Hochwasserschutz», sagt Hans Ruedi Ramseier von der Dienststelle Verkehr und Infrastruktur (Vif). Ramseier war der Gesamtprojektleiter – bei ihm liefen die vielen Fäden dieses Grossprojekts zusammen.

Nach dem Hochwasser wurde ein fast von Grund auf neues Projekt erarbeitet, nebst dem Aspekt des Hochwasserschutzes wurden, auf der Basis von Entwicklungsstudien, auch städtebauliche Abklärungen getroffen. 2012 kam es dann zur Volksabstimmung: An der Urne sagte das Stimmvolk Ja zu einem Sonderkredit von 190 Millionen Franken. Rund 130 davon gingen zu Lasten des Kantons. Der Bund beteiligte sich mit 32 Millionen, während die Gemeinden Luzern und Emmen rund 17 Millionen beisteuerten und die SBB für 9 Millionen davon aufkamen.

Baustelle mit vielen Auflagen verbunden

Nur ein halbes Jahr später erfolgte der Baubeginn. Als Erstes wurden neue SBB-Brücken über den zukünftigen neuen Flussarm der Kleinen Emme installiert. Damit verbunden war bereits eine der grösseren Herausforderungen in Zusammenhang mit dem Grossprojekt, wie Ramseier ausführt: «Die Auflage war, dass die zwei Gleise immer zur Verfügung standen. Um den dortigen Bahndamm entfernen zu können, wurden zweimal drei Hilfsbrücken eingebaut. Die beiden Fachwerkbrücken wurden neben den Gleisen erstellt und dann in einer Nacht eingeschoben. Am Morgen rollte der Bahnverkehr bereits über die neue Brücke.» Der Einsatz von Bahn-Hilfsbrücken erfordert immer eine minutiöse Planung. Da es nur eine sehr beschränkte Anzahl solcher Hilfsbrücken gibt, müssen sie rund zwei Jahre vor dem Einsatz reserviert werden. «Ihre Einsatzzeit ist zudem bis auf die Stunde genau geregelt. Da bleibt zeitlich, aufgrund der bereits definierten SBB-Fahrpläne, sehr wenig Spielraum», sagt Ramseier. Rückblickend seien es generell die mit dem Projekt verbundenen Auflagen gewesen, welche die grössten Herausforderungen darstellten: «Auch beim Strassenverkehr galt, dass zu jeder Zeit gleich viel Spuren wie vor dem Umbau nutzbar sein müssen.» Um dies zu bewerkstelligen, musste die Strassenführung immer wieder angepasst werden – manchmal auch zum Frust der Verkehrsteilnehmer. Teilweise wurde es auch ziemlich eng: «Es gab Situationen, wo wir kurzfristig einen Bus der VBL oder der Auto AG Rothenburg für eine Testfahrt aufbieten mussten. Das Gleiche machten wir auch mit Sattelschleppern», sagt Ramseier, der praktisch jede Woche mit der Verkehrspolizei im Austausch stand.

Eine weitere grosse Herausforderung habe in der Tatsache bestanden, dass dem Projekt 21 Häuser weichen mussten. «Rückblickend bin ich sehr froh, dass wir alle Liegenschaften freihändig erwerben konnten und für alle Mieter Lösungen gefunden werden konnten. Wir mussten also niemanden ‹auf die Strasse› stellen.»

Abschluss bringt auch das Ende von persönlichen Kapiteln

Mit der Einweihung des neuen Seetalplatzes geht für Ramseier nicht bloss ein Bauprojekt zu Ende. Der heute 69-Jährige wäre regulär schon 2014 in Pension gegangen, konnte aber für die Durchführung dieses Projekts gewonnen werden. Nicht ohne Grund: Ramseier hatte zuvor bereits die Tieflegung der Zentralbahn – ein 250-Millionen-Projekt – geleitet. «Klar gehe ich mit einer gewissen Erleichterung – vor allem im Wissen, dass wir unfallfrei geblieben sind und die Zeit- und Kreditvorgaben einhalten konnten.»

Das Seetalplatz-Projekt nimmt auch in der Vita von Robert Küng eine besondere Position ein. Küng wurde 2011 in den Regierungsrat gewählt. Der Umbau des Seetalplatzes begleitete den nun scheidenden Regierungsrat somit praktisch durch seine gesamte Amtszeit. «In Erinnerung bleibt mir die grossartige Leistung, dieses Projekt während der ganzen Bauphase bei laufendem Verkehrsbetrieb zu realisieren», sagt Küng rückblickend. Er würdigt die minutiöse Planung, die unter Einbezug vieler verschiedener Akteure erfolgen musste und mit den erwähnten Auflagen verbunden war. «Umso mehr freut es mich, dass trotz all dieser Umstände das Projekt nicht nur ein halbes Jahr früher als geplant, sondern auch innerhalb des bewilligten Kredits von 190 Millionen Franken abgeschlossen werden konnte.»

Die Einweihung des Seetalplatzes bedeutet nicht, dass die Entwicklung des Ortes abgeschlossen ist. So soll auf der heute noch brachen Fläche zwischen all den Verkehrsspuren und Flussarmen dereinst etwa das geplante zentrale Verwaltungsgebäudes des Kantons Luzern realisiert werden.

Hinweis: Mehr Informationen: www.seetalplatz.lu.ch

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