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Luzern

Der Luzerner Carlos Rieder fährt mit seinem Vorkriegsoldtimer in 37 Tagen von Peking nach Paris – mit Fachwissen aus Rain

In einer Werkstatt in Rain lässt der Luzerner Carlos Rieder sein Auto für das grosse Rennen von China nach Frankreich fit machen. Trotz dem Fachwissen von Chefmechaniker Marcel Moser sind Pannen garantiert.
Der Luzerner Carlos Rieder fährt mit diesem Buick Modell von China nach Frankreich. (Bild: Boris Bürgisser (Rain, 18. Juni 2020))
Der Chevrolet Fango an der Rallye 2016. (Bild: pd)
Carlos Rieder, Marcel Moser und Renate Hanselmann (von links) vor der Werkstatt Fischer Classic Cars in Rain. 
(Bild: Boris Bürgisser (Rain, 18. Juni 2020))

Roger Rüegger

Roger Rüegger

Roger Rüegger

Videos finden Sie am Ende des Artikels.

Die Zusage für die Rallye bekamen Carlos Rieder und Renate Hanselmann an einem Dienstag im April. «Ich freue mich extrem darauf, die Wohlfühlzone für eine Weile zu verlassen. Als ich erfuhr, dass ich fahren werde, packte mich die Abenteuerlust», sagt der 59-jährige Rieder, der mit einem Buick 66 S Century an der achten «Peking to Paris Motor Challenge» teilnehmen wird.

Die Reise von China nach Frankreich dauert 37 Tage. Sie führt über 14'000 Kilometer. Start ist am 28. Mai 2022 an der grossen Mauer. «Wer diese Rallye fährt, benötigt das entsprechende Fahrzeug. Ich fand, ein 80-jähriger Achtzylinder-Reihenmotor mit 5,2 Litern Hubraum ist genau richtig», sagt der Inhaber eines Luzerner Unternehmens in der IT-Sicherheit.

Der Mann kennt sich aus, er besitzt einige Maschinen. Sein Paradestück ist ein Alfa Romeo 2000 GTV 1971. «Den kaufte ich als 20-Jähriger, um meiner Freundin Eindruck zu machen», sagt der Oldtimerfan, der schon mehrere Rallyes bestritt. So die «Trans America Challenge», die er mit dem Alfa bewältigte. Dabei war auch seine ehemalige Freundin und langjährige Frau, der er vor 40 Jahren offensichtlich imponierte. Weiter fuhr er die «Alpine Trail», den «Flying Scotsman» und die «Adriatic Adventure». Einige Male wurde er von einem seiner Söhne begleitet. «Peking to Paris» fährt er zum ersten Mal, gemeinsam mit einem langjährigen Freund.

Die Liechtensteinerin Renate Hanselmann (59) hingegen nahm bereits 2016 in einem Chevrolet Fango teil. Co-Fahrer war Andreas Gabathuler, ein Mechaniker aus Buchs SG.

«Das Peking to Paris-Fieber ergriff mich aber 2013. Ein befreundeter Oldtimerfan nahm daran teil. Bei seiner Ankunft am Ziel war ich zugegen. Seitdem lässt mich die Faszination für diese Rallye nicht mehr los», sagt Hanselmann.

Von rund 800 Bewerbern werden nur 120 zugelassen

Dass sie für 2022 erneut im Teilnehmerfeld aufgeführt ist, macht sie glücklich. «Ich stiess einen Jubelschrei aus», beschreibt sie den Moment, als sie informiert wurde. Die Startplätze sind begehrt. Von zirka 800 Bewerbern werden nur 120 zugelassen. Die Kriterien, die für ihre Teilnahme massgebend waren, kennt sie nicht. «Wichtig ist bestimmt, dass man die Rennleitung mit seinem Fahrzeug überzeugen kann», erklärt Hanselmann, die einen blauen Ford 1939 Coupe fährt.

Damit ein Oldtimer diese knochenharte Rallye bestehen kann, muss er entsprechend hergerichtet werden. Rieder und Hanselmann geben ihre Lieblinge in die Hände von Marcel Moser, Chefmechaniker und Inhaber der Firma Fischer Classic Cars in Rain. Er kennt sich mit Vorkriegsoldtimern aus. Für die Rallye 2022 überarbeitete er vier Fahrzeuge.

«Die Autos aus den Vorkriegsjahren sind robust in Herstellung und Verarbeitung. Wir lassen sie so weit möglich im Originalzustand.»

«Allerdings verstärken wir die Federung und bestücken sie mit Stossdämpfern. Ebenso bearbeiten wir Bremsen, Beleuchtung, Verglasung sowie die Sitze inklusive 4-Punkt-Sicherheitsgurten. Am Motor werden geringfügige Änderungen vorgenommen, wie Luftfilter, die dem Staub der Naturstrassen trotzen», sagt Moser, der Fahrzeuge nicht nur aufbaut und revidiert, sondern auf Wunsch auch eines besorgt.

Für Ford ist praktisch jedes Ersatzteil erhältlich

Hanselmanns Ford holte er in ihrem Auftrag in den USA. Genauer in Hershey, am grössten Oldtimermarkt der Welt. Er hatte weitgehend freie Hand. «Für den Ford können wir praktisch jedes Ersatzteil besorgen», erklärt er seine Wahl. Der Luzerner wurde der Liechtensteinerin von Leuten empfohlen, die ihre Maschinen seit Jahren in Rain aufbereiten lassen. Hanselmann sagt: «Es ist ein Glück, auf eine solche Garage zählen zu können. Denn Probleme wird jedes Team der Rallye bekommen.» Darum: «Es ist entscheidend, wenn man auf Leute zählen kann, die bei der Lösung von Problemen helfen können.»

Sie weiss, wovon sie spricht. 2016 hatte sie nach vier Tagen bereits zwei Stossdämpfer verheizt. Und auf der letzten Etappe in der Mongolei blieb sie mit einem Getriebeschaden auf der Strecke. «Das Teil war nicht mehr zu retten. Ich musste schnell ein Ersatzgetriebe besorgen.» Damals half der Zufall. Die Kurzversion: Ein Rallyefahrer aus England hatte daheim ein solches Getriebe. In drei Tagen wurde dieses herbeigeschafft.

In Nowosibirsk in Sibirien gönnen sich die Fahrer einen Ruhetag. Das ist die Stunde der Mechaniker. Der Streckenabschnitt durch die Mongolei ist der härteste Teil. «In Nowosibirsk wird kaum ein Team ohne Reparatur auskommen. Fehlt ein Ersatzteil, muss dies jemand persönlich überbringen. Man muss gar nicht erst versuchen, etwas nach Russland per Express zu versenden. Das kommt nie an», sagt Moser, der wahrscheinlich einen Augenschein in Sibirien nehmen wird. Die Kunst sei nicht allein, ein Ersatzteil in der Pampa einzubauen, sondern vor allem, auf eines in Windeseile zurückzugreifen. Das sei der Part seiner Frau Sonja. «Wenn’s brennt, sucht sie so lange, bis sie genau das findet, was ich benötige. Das funktioniert immer.»

Die Videos

Einblick über die Anforderungen, welche die Rallye 2016 an Mensch und Maschine stellt. Mit Interviews der Fahrerinnen und Fahrern, Szenen aus dem Rennen und vielen Emotionen:

Der Foto-Film mit Impressionen der Rallye aus dem Jahr 2016:

Die Challenge Peking to Paris 2016 aus der Sicher der Sarner Gebrüder Beppi und Christian Dillier. Ausserdem berichtet Tele 1 über die Ankunft der beiden in ihrer Heimat:

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