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Obwalden

Der andere Auszug aus Ägypten in der Engelberger Stiftskirche

Rund 150 Mitwirkende haben mit dem Oratorium Mose für eindrückliche Momente und nachhaltige Gefühle gesorgt. Auch ein Pfarrer spielte dabei eine wichtige Rolle.
In der Stiftskirche Engelberg wurde «Mose» aufgeführt. (Bild: Roger Zbinden (16. Dezember 2018))

Primus Camenzind

Das barocke Gotteshaus war bis auf den letzten Platz gefüllt, als am vergangenen Sonntag 120 Sänger, 30 Instrumentalisten und fünf Vokalsolisten den Chor des sakralen Raums betraten. Sie alle wagten sich in der Stiftskirche Engelberg an ein imposantes und für die Mehrzahl der Laien unter den Mitwirkenden wohl auch anspruchsvolles Werk. «Mose» (Moses) erzählt und besingt die Geschichte der jüdischen Figur in der Form eines zeitgenössischen Oratoriums.

Das fast zwei Stunden dauernde Werk der schwedischen Komponisten Marie Bengtsson und Bengt Matson wurde in den Jahren 2001 bis 2003 in einer neuartigen Form konzipiert und in gehörfälliger Tonsprache geschrieben. Der Part des Erzählers ist – nicht wie bei Oratorien üblich – durchkomponiert, sondern gesprochen. Seine biblische Geschichte wird jeweils von den Mitwirkenden auf der Bühne nahtlos übernommen und mittels melodischer und zugänglicher Musik weitererzählt.

Dem Gesamtchor, bestehend aus dem Kirchenchor Buochs und dem Stiftschor Engelberg kam dabei die Rolle des Volkes Israel zu, während die Gesangssolisten die tragenden Figuren der Geschichte von Moses und dem Auszug aus Ägypten verkörperten. Die spannende Geschichte hatte Josef Zwyssig, Pfarrer in Buochs, mit beachtlichem Gefühl der Bibel entnommen und als Text für das Oratorium niedergeschrieben. Er wirkte bei der Aufführung auch als gewiefter Erzähler.

Homogenes Orchester

Das bestens disponierte Orchester war nicht nur Bindeglied zwischen Erzähler und Gesang, sondern es brachte sich direkt und äusserst homogen in das dramaturgische Geschehen ein. Dabei prägten Streicher, Bläser und Perkussionisten die Orte der geschichtlichen Handlung mit melancholisch anmutenden Weisen, mit Psalmen, barocker Musik aus dem Abendland, orientaler Melodik und sogar mit Klängen, welche an Monumentalmusik der US-Filmindustrie erinnerten.

Der Chor folgte der vielfältigen und deshalb auch faszinierenden Vorgabe der Komponisten mit einer für Laien erstaunlichen Präzision und Leidenschaft.

Professionelles Können und beeindruckendes Einfühlungsvermögen zeichneten die Vokalsolisten und ihren Part aus: Armin Würsch (Mose), mit seiner klaren und ausgewogenen Tenorstimme; Stefan Wieland (Jahwe, Gott), ein ausdrucksstarker Countertenor, dessen kultivierte Kopfstimme für Erstaunen sorgte; Bettina Bucher (Raphaela) als Sopranistin mit strahlender Höhe; Laura Binggeli (Gabriela) mit ihrer lyrischen Altstimme und Stephan Rist (Pharao, König) in seiner sonoren Basslage.

Beeindruckende Probenarbeit

Im Pausengespräch mit unserer Zeitung äusserte sich der Gesangssolist Armin Würsch beeindruckt von der Qualität der Probenarbeit. «Da der Chor die längste Zeit alleine geübt hat, blieb in den letzten Proben doch noch einiges zu tun, um das ganze Ensemble mit Solisten und dem Orchester zu einer Einheit zusammenzuführen.» Mit erstaunlicher Kompetenz teilten die beiden Dirigenten Ruth Mory-Wigger, (Stiftskapellmeisterin in Engelberg) und Joseph Bachmann (Chorleiter in Buochs und Stans, freischaffender Musiker) die Gesamtleitung der aufwendigen Produktion.

Musikfreunde, die offen für neue Formen der konzertanten Umsetzung religiöser Themen sind, sollten sich die letzte Möglichkeit der Darbietung «Mose» nicht entgehen lassen: am kommenden Donnerstag um 19.30 Uhr, wiederum in der Stiftskirche Engelberg. Weitere Informationen finden Sie hier.

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