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Obwalden

Das Landschaftstheater entführt auf eine Wanderung durch die Sagenwelt

Im Stück «Brandboden», das ab 6. Juli im Landschaftstheater Ballenberg aufgeführt wird, steckt viel Obwalden. Dabei wandert das Publikum durch drei Weiler und geisterhafte Wälder.
Sie wollen auf dem Ballenberg für ein unvergessliches Wandertheater sorgen: (von links) Schauspieler Antonio Ramon Luque und die Regisseure Buschi Luginbühl, Franziska Senn und Ueli Blum. (Bild: Romano Cuonz (3. Mai 2022))

Romano Cuonz

Der Köhler Melk opfert für weltlichen Reichtum sein Herz und lässt es gar zu Stein werden. Die bange Frage, die sich das Publikum stellt: Wird er doch noch zu seiner Jugendgeliebten zurückfinden? Eine Antwort müssen sich Besucherinnen und Besucher des Landschaftstheaters Ballenberg verdienen. Sie haben nämlich das Stück – wie empfohlen wird, mit gutem Schuhwerk und wetterfesten Kleidern – zu erwandern.

Auf dem Weg tauchen sie ein in eine sagenhafte Welt, spazieren durch malerische Weiler und durchqueren Wälder, die von geheimnisvollen Gestalten bevölkert sind. Für einmal wird das Publikum selber Teil der Geschichte: Bei einer turbulenten Chilbigesellschaft in einer Innerschweizer Häuserkulisse umgibt einen fröhlicher Lärm und Tanzmusik. Auf dem Cholplatz riecht man den Rauch des Kohlenmeilers.

Ja, Autor und Regisseur Ueli Blum besinnt sich wieder auf die Wurzeln des Landschaftstheaters Ballenberg. Bereits 1991, als hier zum erstem Mal Freilichttheater geboten wurde, waren die Zuschauer, damals mit «Romeo und Julia auf dem Dorfe», durchs historische Museumsgelände unterwegs. Nun, gut 30 Jahre danach, will man wiederum ein Wanderpublikum begeistern. Dies mit gleich 33 teils bewährten Kräften, teils noch jungen, erstmals auf dem Ballenberg auftretenden Spielerinnen und Spielern.

Darunter nicht weniger als sieben Obwaldnerinnen und Obwaldner: Karin Duerr, Margrit Walpen, Lukas Walpen, Markus und Bea Omlin mit Matthia und Alessya. Hinzu kommt mit Thomas Ittmann ein Spieler aus Nidwalden.

Drei Orte, drei Regiearbeiten

«Wir wussten, dass es auf dem Ballenberg einige schöne Spielorte gibt, die mit einer grossen Tribüne niemals bespielt werden können», sagt Ueli Blum. Und genau diese Inseln habe man für das Wandertheater «Brandboden oder wie Melk die Kohle aus dem Feuer holt» ausgewählt: Dem jugendlichen Aussenseiter Melk (in dieser Phase gespielt von Antonio Ramon Luque) begegnen die Zuschauerinnen und Zuschauer bei der alten Sarner Spiel- und Tanzhalle und beim Gasthaus Degen aus Hünenberg. Also in der Innerschweiz. Regie führt im ersten Teil die selber auch noch jugendliche Bernerin Franziska Senn.

Wenn dann Melk, nun im besten Alter (gespielt von Luca Michel) dank mystischer Waldgestalten zu Ruhm und Reichtum kommt, steht man vor hablichen Häusern aus dem östlichen Mittelland. Vom Zürichsee bis zum Bodensee geht’s. Hier zieht Ueli Blum selber die Fäden.

Schliesslich begegnet man Melk (nun dargestellt von Markus Omlin) 30 Jahre später noch ein drittes Mal: diesmal als ein aus der Ferne zurückgekehrter, ergrauter Köhler beim Kohlenmeiler Brandboden. Er kommt zwar nochmals zu viel Reichtum, handelt sich aber dafür durch einen Pakt mit dem «Bannhölzler» (ein Zerrbild des Teufels) ein steinernes Herz ein.

Vor dieser malerischen, nach Rauch riechenden Kulisse führt der erfahrene «Senior-Regisseur» Buschi Luginbühl das Stück seinem Ende entgegen. Wie in vielen Sagen, in denen der Teufel sich seiner Sache sicher glaubt, ist es auch hier: Die List der Menschen bringt ihn um seine ersehnte Beute. Und Melk – welch schönes Happy End – findet wieder zu seinen Wurzeln und selbst zu Gefühlen für die geliebte Lisbeth zurück.

Pate stand Wilhelm Hauffs «Das Kalte Herz»

«Als ich fürs Wandertheater einen Stoff suchte, stiess ich auf Wilhelm Hauffs Märchen ‹Das kalte Herz›», erzählt Ueli Blum. Diese berühmte Erzählung von 1828, in der noch der «Holländermichel» mit dem Bösen im Bunde steht, wurde mehrfach verfilmt. Ueli Blum hat nun die Geschichte in die Schweiz des 19. Jahrhunderts verlegt. Er schrieb eine neue, bezüglich Figuren und Kostümen ein wenig an Gotthelf erinnernde Fassung des alten Märchens. Barrieren signalisieren dem Publikum, das von Spielort zu Spielort wandert, Zeitsprünge. Allenthalben bilden historische Häuser eine ideale Kulisse für die reiche Schweizer Sagenwelt, die ins alte und doch wieder neue Stück gepackt wird.

Eine Hühnerhaut dürfte das Publikum aber vor allem während seines Marsches durch den gespenstisch beleuchteten Wald bekommen. Hier wird der bekannte Obwaldner Bühnengestalter und Pyrotechniker Adrian Hossli das Szepter übernehmen: Selbst die Bäume erhalten «gfürchige», von Brienzer Holzschnitzern gefertigte Masken, und mannigfache mystische Waldgestalten kreuzen den Weg der Zuschauerinnen und Zuschauer. Dazu kreieren Musiker mysteriöse Geräusche.

Das Landschaftstheater Ballenberg lockte vor Corona Sommer für Sommer jeweils über 18’000 Personen an. Die Inszenierungen mitten in der einmaligen Häuserkulisse sorgen beim Publikum immer wieder für bleibende Erinnerungen. Seit einigen Jahren ist der Obwaldner Christian Sidler Geschäfts- und Produktionsleiter auf dem Ballenberg. Er sagt:

«Wir haben das Stück ‹Brandboden› nach Corona kurzfristig entwickelt, dies war möglich dank einem Superteam im Rücken.»

«Brandboden» von Ueli Blum als Landschaftstheater auf dem Ballenberg. Der Vorverkauf ist eröffnet. Premiere ist am Mittwoch, 6. Juli. Ab dann sind, bis zum 20. August, 26 weitere Aufführungen geplant. Details unter: www.landschaftstheater-ballenberg.ch

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