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Luzern

Das Luzerner Phosphorprojekt führte zu Ärger – nun stützt ein Urteil die Verordnung des Kantons

145 Landwirte rund um die drei Luzerner Mittellandseen wehrten sich vor dem Kantonsgericht erfolglos gegen die Phase III des Phosphorprojekts. Das Urteil liegt nun vor, doch der Konflikt geht mit der Gründung einer IG weiter.
Auch der Baldeggersee ist von zu hohen Phosphorwerten betroffen. (Bild: Pius Amrein (Römerswil, 30. August 2021))
Die Landwirte im Einzugsgebiet der Luzerner Mittellandseen müssen weniger Dünger ausbringen. (Bild: Pius Amrein (Lieli, 30. August 2021))

Salome Erni

Salome Erni

Die Verordnung zur Phase III des Phosphorprojekts ist rechtmässig – zu diesem Schluss kam das Luzerner Kantonsgericht am 20. August. Das Kantonsgericht wählt deutliche Worte: «Entsprechend geht es mit den neuen Massnahmen nicht lediglich darum, die Senkung der Phosphorkonzentration zu beschleunigen, sondern darum, die angestrebte Senkung überhaupt einmal zu erreichen.»

Die neueste Episode rund um die Phosphorwerte am Sempachersee, dem Baldeggersee und dem Hallwilersee reiht sich in eine längere Vorgeschichte ein. Denn die Phase III des Phosphorprojekts hätte bereits auf Anfang 2020 in Kraft treten sollen. Bei der vorgängigen Infoveranstaltung im Dezember 2019 wurden die Konsequenzen vorgestellt: Unter anderem dürfen rund um die Seen die Tierbestände nicht aufgestockt und weniger Dünger ausgebracht werden. Zuvor war das Mitmachen im Phosphorprojekt freiwillig, nun wurden einige Massnahmen für die Landwirte im Gebiet zur Pflicht. Für sie war diese Planungsfrist von rund einem Monat aber zu kurz (wir berichteten). Der Kanton Luzern kam ihnen entgegen und verschob das Inkrafttreten auf das Jahr 2021.

In der Zwischenzeit reichten Umweltverbände eine Aufsichtsbeschwerde gegen den Kanton Luzern ein. Der Luzerner Regierungsrat wies die Vorwürfe, man gehe nicht genügend entschieden gegen die hohen Phosphor- und Ammoniak-Emissionen vor, aber zurück.

145 Landwirte gingen rechtlich vor

Im August 2020 holte dann die andere Seite zum Schlag gegen das Phosphorprojekt III aus. 145 Landwirte aus den betroffenen Gebieten beantragten beim Kantonsgericht, zu prüfen, ob alle Änderungen in der Phosphorverordnung rechtmässig sind. Das nun vorliegende, 63-seitige Urteil erklärt alle Vorwürfe gegen die geltenden Massnahmen als nichtig. Das Gericht hält fest: «Die angefochtenen Änderungen bezwecken, die bundesrechtlich vorgeschriebene Pflicht des Kantons im Gewässerschutz zu erfüllen.» Die vorher getroffenen Massnahmen würden nicht genügen, damit die drei Seen die gesetzliche Anforderung an die Wasserqualität erfüllen.

Im Moment sind die Phosphoreinträge nach wie vor zu hoch, obwohl in den letzten Jahren eine Besserung eintrat. Das Ziel der Phase III ist es, die Phosphoreinträge aus landwirtschaftlich genutzten Flächen bis 2025 um 20 Prozent zu senken. Thomas Meyer, Leiter Abteilung Landwirtschaft beim Kanton Luzern, sagt:

«Da das Projekt ein Jahr verzögert gestartet wurde, ist der Zielwert ambitiös, aber nicht unrealistisch.»

Trotzdem: Die langfristigen Ziele der Seesanierung können mit der Phase III nicht erreicht werden. «Deshalb gehe ich davon aus, dass eine weitere Projektphase (IV) folgen wird», so Meyer.

Landwirte wollen mehr Mitsprache

Federführend bei der Erlassprüfung war Landwirt Urs Isenegger aus Kleinwangen. Er betont: «Es steht fest, dass die Wasserqualität besser werden muss. Um das zu erreichen, ist eine Zusammenarbeit aber zielführender als Regeln von oben.» Er wünscht sich, dass der Kanton Luzern bei zukünftigen Entscheiden die Landwirte stärker involviert.

Auch Heinz Schmid, Präsident des Bäuerinnen- und Bauernvereins Unteres Seetal (BBV), kritisiert fehlendes Mitspracherecht und die «einseitige Verordnung durch den Kanton»: «Drei Landwirte in einem Gremium von 20 Personen – das ist ein Witz.»

Ursprünglich seien die Verantwortlichen des Phosphorprojekts mit viel Herzblut auf die Landwirte zugegangen und hätten an die 90 Prozent zum Mitmachen bewegen können. Schmid sagt:

«Der Seevertrag basierend auf den Phosphorverordnungen I und II darf als Erfolg bezeichnet werden.»

Er bemängelt, dass in der Phase III die «neuen groben Einschränkungen» obligatorisch wurden und finanziell nur ungenügend abgefedert seien. Die einschneidenden Massnahmen seien nicht mit den betroffenen Landwirten besprochen worden, sagt Schmid:

«Dass der Kanton Luzern so ungeschickt mit dem Vertrauen der Landwirte umgeht, finde ich äusserst bedenklich.»

IG wird gegründet

Ob das Urteil ans Bundesgericht weitergezogen wird, kann Isenegger noch nicht sagen. Bis zum 8. September wird der Entscheid aber feststehen. Dann findet in der Badi Baldegg die Gründungsveranstaltung der Interessengemeinschaft Luzerner Mittellandseen, die sich bereits vor Bekanntgabe des Urteils formierte, statt. Die IG steht allen Landwirtinnen und Landwirten im Einzugsgebiet von Sempachersee, Baldeggersee und Hallwilersee offen. «Mit der IG wollen wir die Stimmen aus der Landwirtschaft zusammenfassen und als Verhandlungspartner auftreten», sagt Schmid als Präsident des BBV unteres Seetal.

Die IG Luzerner Mittellandseen steht nicht in direktem Zusammenhang mit dem Urteil des Kantonsgerichts und kann nicht als Klägerin auftreten. Schmid vermutet aber, dass die IG durch den Entscheid des Kantonsgerichts mehr Zulauf erhalten werde. Bereits bei vorgängigen Anlässen im Seetal betreffend der neuen Phosphorverordnung und deren Auswirkungen waren über 150 Interessierte anwesend. Die Diskussionen um das Phosphorprojekt gehen damit in die nächste Runde.

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