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Luzern

Corona verhilft der etwas anderen Landwirtschaft zu einem Schub

Dank der regionalen Vertragslandwirtschaft können auch Menschen ohne eigenen Garten Gemüse anpflanzen. Das jüngste Projekt im Kanton Luzern ist der Verein Querbeet in Grosswangen.
Initiant Philipp Z`Rotz vom Verein Querbeet beim Federkohlablesen.

(Bild: Eveline Beerkircher (Grosswangen, 14. April 2021))
Philipp Z`Rotz mit Marianne Hübscher vom Verein Querbeet bei der Arbeit.

(Bild: Eveline Beerkircher (Grosswangen, 14. April 2021))
Philipp Z`Rotz (links) mit Vereinspräsident Hebi Fries.

(Bild: Eveline Beerkircher (Grosswangen, 14. April 2021))
(Bild: Jakob Ineichen (7. April 2020))
(Bild: Jakob Ineichen (7. April 2020))
(Bild: Jakob Ineichen (7. April 2020))


(Bild: Boris Bürgisser (10. November 2017))

Reto Bieri

 

Immerhin eine gute Seite hat die Coronapandemie: Es werden mehr regionale Lebensmittel konsumiert. Besonders Hofläden und Bioprodukte boomen. Ebenfalls Boden gut gemacht hat die Solidarische Landwirtschaft (Solawi). Bei diesem Konzept werden nicht die Produkte, sondern die Betriebskosten durch die Mitglieder der Kooperative finanziert. Das Risiko wird so zwischen Konsumierenden und Produzierenden geteilt. Eine weitere Eigenschaft ist die Partizipation der Konsumentinnen, sie können mitentscheiden und -arbeiten (siehe Kasten).

Zwar ist die Solawi im Kanton Luzern noch ein Nischenangebot, doch innerhalb der letzten sechs Jahre sind gleich drei Projekte entstanden. Das jüngste ist der Verein Querbeet in Grosswangen, der Anfang 2020 gestartet ist. Initiant Philipp Z’Rotz ist mehr als zufrieden mit dem ersten Jahr. «Es läuft sehr gut.» Ob das nur an Corona liege, sei schwierig zu sagen, da der Querbeet-Start mit dem Pandemiebeginn zusammenfiel. Z'Rotz:

«Ich denke aber, Corona hat zu einem Umdenken bei der Bevölkerung beigetragen und uns damit in die Hände gespielt.»

Im vergangenen Frühling legte der Verein mit 22 Mitgliedern los, darunter viele Familien. Ende Jahr waren es bereits 40, in die aktuelle Saison startet man nun mit 50 Mitgliedern. «Unsere Erwartungen wurden mehr als übertroffen», freut sich Z’Rotz. Viele Vereinsmitglieder kommen aus der Stadt Luzern, die meisten davon wurden dank Mund-zu-Mund-Werbung auf «Querbeet» aufmerksam. Gemäss Z’Rotz gibt es immer mehr Projekte, bei denen Konsumenten und Produzenten zusammenspannen und gemeinsam entscheiden, wo, was und wie die Lebensmittel produziert werden.

Bei Querbeet wurde einvernehmlich entschieden, konsequent auf den Einsatz jeglicher Pestizide und Mineraldünger zu verzichten. «Ein weiterer Vorteil der Solidarischen Landwirtschaft besteht darin, dass man praktisch kein Gemüse wegwerfen muss, da die Abnahme durch die Mitglieder garantiert ist und dadurch die Produktionsmengen sehr genau planbar sind», sagt Z'Rotz.

Mit dem Solawi-Projekt kehrt der 40-Jährige zu seinen Wurzeln zurück: Der ausgebildete Musiker, der während rund 15 Jahren hauptsächlich als Musiker und Saxofon-Lehrer arbeitete, ist nämlich gelernter Landwirt. Vor drei Jahren zog es ihn mit seiner Familie aus der Stadt zurück nach Grosswangen und im Teilzeitpensum wieder in die Landwirtschaft. Da er sich für Permakultur und Solidarische Landwirtschaft interessierte und gerne selber etwas auf die Beine stellen wollte, gründete er Anfang 2020 mit Gleichgesinnten den Verein Querbeet.

Rund 50 verschiedene Gemüsesorten werden im Garten im Gebiet Rüezligen auf einer Viertelhektare angebaut. Weil die Anzahl Mitglieder bisher kontinuierlich steigt, kommen im aktuellen Jahr weitere zehn Aren hinzu. Das Landwirtschaftsland gehört der Familie von Philipp Z’Rotz. Der Hof, welcher biologisch bewirtschaftet wird, ist zwar verpachtet, die Nutzung durch «Querbeet» aber vertraglich geregelt. Praktisch alles wird in Handarbeit erledigt. Philipp Z’Rotz ist als Einziger vom Verein Querbeet angestellt und trägt die Verantwortung für die Anbauplanung, die Kulturführung, die Ernte und die Verteilung des Gemüses. Ausserdem plant er die Mitgliedereinsätze mit Hilfe eines Onlinetools.

Im aktuellen Jahr bezahlen die Querbeet-Mitglieder fürs Gemüseabo 620 Franken und helfen während mindestens vier Halbtagen bei der Gartenarbeit mit. Im Gegenzug erhalten sie während der Saison, die von Mitte Mai bis Ende Dezember dauert, wöchentlich Gemüse im Wert von durchschnittlich 20 Franken. Mittelfristig möchte Z’Rotz die Saison aufs ganze Jahr ausdehnen. Dafür müssten aber noch Investitionen in Lagerräumlichkeiten und Kühlräume ins Auge gefasst werden. «In Ettiswil ergab sich die Gelegenheit, ein Gewächshaus zu mieten, was uns in Zukunft ermöglicht, die Saison früher zu beginnen und im Herbst die letzten Ernten möglichst hinauszuzögern.»

«Randebandi» steigert Abonnentenzahl

Ein weiteres Solawi-Projekt ist die «Randebandi», eine seit 2018 bestehende landwirtschaftlichen Kooperative in Neuenkirch, die auf dem Bauernhof von Rita und Franz Meyer einen Gemeinschaftsgarten bewirtschaftet.

Auch diesem Projekt hat Corona Zuwachs beschert. «Für die neue Saison, für die man sich noch bis am 3. Mai anmelden kann, konnten wir wegen der Pandemie bisher nicht gross Werbung machen. Trotzdem melden sich ständig Leute bei uns», sagt Alexandra Jud, die Mitglied des neunköpfigen Kernteams ist. Auf die aktuelle Saison steigert die «Randebandi» die Zahl der Abonnenten, die Einzelpersonen, Paare, Familien oder WGs umfasst, von 60 auf 70.

Die Menschen hätten durch Corona vermehrt wieder den Kontakt zur näheren Umgebung und der Natur gefunden. «Viele ziehen im Garten und auf Balkonen Gemüse. Wir sind die perfekte Ergänzung für jene, die selber keinen Garten haben.» Die 37-jährige Marketingmanagerin aus Sursee ist erst im vergangenen Jahr zur «Randebandi» gestossen. Sie habe wenig Ahnung vom Gemüseanbau gehabt, doch schnell habe es ihr den Ärmel reingezogen. «Für mich persönlich war es eine grosse Bereicherung, die Schönheit und Vielfalt des Gemüses vor der eigenen Haustüre zu entdecken. Ausserdem ist ein halber Tag auf dem Feld ein willkommener Ausgleich zum Homeoffice.»

Katzhof Richenthal: Geringe Fluktuation wegen Corona

Bereits seit 2015 betreiben Markus Schwegler und seine Frau auf dem Katzhof in Richenthal in der Gemeinde Reiden solidarische Landwirtschaft. Jedes Jahr sei die Zahl der Abonnenten konstant gewachsen.

«Wir haben regelmässig neue Anfragen, werden aber nicht überschwemmt wie die Hofläden. Das ist uns aber recht, denn wir versuchen, langfristige Bindungen einzugehen.» Auffällig sei, dass in der Coronazeit die Fluktuationen sehr gering sind. «Das ergibt Konstanz. Das ist gut für uns, da unser Hof nicht so nahe an den Ballungsräumen liegt.» Momentan beliefert der Katzhof 46 Abonnenten, ab Sommer werden es 55 sein, wobei die meisten Gemüseabos schon vergeben sind.

Weitere Infos: www.querbeetgrosswangen.ch, www.randebandi.ch, www.katzhof.ch, www.solawi.ch

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