Robert Knobel
Es geisterte lange nur als wenig fassbare Idee in der Luzerner Verkehrspolitik herum – und wurde dann plötzlich überraschend schnell konkret: Jetzt liegt das Ausführungsprojekt «Gesamtsystem Bypass Luzern» bei den Gemeindeverwaltungen der Region Luzern öffentlich auf. Die Auflagedokumente umfassen mehrere hundert Seiten und zeigen im Detail, was der Bund genau plant. Die Kosten, die ausschliesslich vom Bund getragen werden, belaufen sich auf rund 1,8 Milliarden Franken.
Der mit Abstand teuerste Teil ist der neue Bypass-Tunnel zwischen Emmen und Kriens, der die bestehende Autobahn entlasten soll. Die Kosten für den Tunnel werden auf 1,5 Milliarden Franken veranschlagt. Die restlichen 300 Millionen werden grösstenteils für den Ausbau der A14 auf sechs Spuren inklusive neuem Rathausen-Tunnel gebraucht.
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Quelle: Astra, maps4news | Grafik: Janina Noser | Umsetzung: Janick Wetterwald
Während der Bauarbeiten ist mit Verkehrsbehinderungen zu rechnen – insbesondere im Bereich der Verzweigung Rotsee, wo die Abzweigung zum Bypass-Nordportal zu liegen kommt. Die heutige Ausfahrt Emmen-Süd aus Richtung Luzern wird gesperrt. Als Ausweichroute dient dabei die ehemalige Autobahnausfahrt. Auch auf der Reusseggstrasse kommt es zu längeren Sperrungen und Änderungen der Verkehrsführung.
Hier können Sie mehr über die Auswirkungen für Emmen lesen.
Die heutige A2 kann den Verkehr 2040 nicht mehr schlucken
Doch wozu braucht es überhaupt einen derart massiven Ausbau der Autobahn-Kapazität? Der Bund stützt sich bei seinen Plänen auf Verkehrsprognosen: 2040 wird der Autoverkehr in der Region Luzern gegenüber dem Stand von 2015 um mehr als 20 Prozent zunehmen. Dies nicht zuletzt aufgrund des Bevölkerungswachstums. Doch die heutige A2 ist schon heute nahe an der Kapazitätsgrenze – schliesslich ist sie auch eine der wichtigsten Transitachsen Europas. Entsprechend störungsanfällig ist das ganze Verkehrssystem in der Region Luzern.
Wenn beispielsweise der Sonnenbergtunnel aufgrund eines Unfalls teilweise gesperrt ist, wirkt sich das sofort auf die ganze Stadt und Region aus – der Verkehr bricht dann grossräumig zusammen. Mit dem Bypass besteht künftig immer eine Ausweichroute. Der neue Tunnel dient im Normalbetrieb ausschliesslich dem Transitverkehr, während die heutige Autobahn (Reussport- und Sonnenbergtunnel) als «Stadtautobahn» den Lokalverkehr aufnehmen soll. Dank dem Bypass soll sich der Verkehr auf zahlreichen Strassen in der Region Luzern deutlich reduzieren:
Für den Bund gibt es aber noch eine andere, längerfristige Überlegung, die den Bau des Bypasses nötig macht: Irgendwann muss die heutige A2 ersetzt werden – Brücken müssen neu gebaut und Tunnels total erneuert werden. Dazu müssen die betroffenen Abschnitte vollständig gesperrt werden – teils während mehrerer Jahre. Doch eine jahrelange Totalsperre dieser wichtigen Transitachse würde zum Chaos führen – ein Problem, das letztlich auch am Gotthard den Bau der zweiten Röhre befördert hat. Wann eine Totalerneuerung der A2 bei Luzern nötig wird, ist offen. Klar ist, dass nach Eröffnung des Bypass-Tunnels die heutige «Stadtautobahn» während mehrerer Jahre umfassend saniert werden soll. Die letzte solche Sanierung fand 2010–2013 statt.
Und was ist nun mit der umstrittenen Spange Nord?
Mit dem «Gesamtprojekt Bypass» verknüpft ist das Projekt «Spange Nord». Dieses sieht eine Zubringerstrasse vom Luzerner Schlossberg zur bestehenden A2 vor. Die Spange Nord soll beim neu geschaffenen Anschluss Lochhof kurz vor dem Reussporttunnel in die A2 einmünden. Eine neue Brücke über die Reuss soll zudem die Verbindung zum anderen Reussufer (Reussbühl) herstellen. Ursprünglich hatte der Bund die Haltung vertreten, dass der Bypass nur mit der Spange Nord seine entlastende Wirkung entfalten könne. Entsprechend hoch war der Druck auf den Kanton Luzern, der die Spange Nord bauen und finanzieren sollte. Doch der Widerstand gegen die neue Strasse war insbesondere in der Stadt Luzern derart gross, dass die Luzerner Regierung vom ursprünglichen Projekt abgerückt ist. Von der einstigen «Spange Nord» ist nun nur noch die Fluhmühlebrücke übrig – doch auch diese ist hoch umstritten.
In den Detailunterlagen zum Bypass äussert sich der Bund nur kurz zur Spange Nord. Der Druck auf Luzern scheint jedenfalls nicht mehr allzu hoch: Der Bypass werde «aufwärtskompatibel» gebaut, womit die Spange Nord problemlos auch zu einem späteren Zeitpunkt realisiert werden könne. Gleichzeitig zeigen die Verkehrsmodelle des Bundes, dass das Bypass-System ohne Spange Nord auch künftig an einigen Stellen nahe an der Kapazitätsgrenze bleiben wird. Kritisch bleiben werden insbesondere der Bereich Verzweigung Rotsee und der Anschluss Luzern-Zentrum.