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Luzern

Ben Harper überzeugt am Blue Balls mit warmen Songs und elektrifizierenden Jams

Konventionell, aber eigen: Der US-Musiker Ben Harper & The Innocent Criminals haben am Luzerner Blues Balls Festival einen scharfen Cocktail aus Rock, Funk, Soul und Blues gemischt.
Ben Harper bei seinem Konzert im KKL. (Bild: Urs Flüeler/Keystone, 23. Juli 2019)

Pirmin Bossart

Ben Harper ist seit 30 Jahren auf den Bühnen der Welt unterwegs. Inspiriert zum Musikmachen wurde der exzellente Gitarrist und Sänger als Neunjähriger an einem Konzert von Bob Marley mit Peter Tosh. Das Laid-Back-Lebensgefühl in einigen seiner Songs oder die hypnotisch sich entwickelnden Grooves mögen noch heute von dieser Reggae-Verbundenheit zeigen. Und sicher auch ein Titel wie «Burn Me Down» mit den Zeilen «Let us burn one from end to end/and pass it over/to me my friend...».

«Burn Me Down» folgte gleich nach dem Song «Excuse Me Mr.», mit denen Ben Harper & The Innocent Criminals am Dienstagabend das Blue Balls Konzert im Luzerner Saal des KKL eröffneten. Es war ein Auftakt, der mit seinen perkussiven Einlagen, repetitiven Licks und brütenden Atmosphären für eine dunkle Intensität sorgte und die Freunde des bluesigen Singer- Songwritertums eher irritierte. Der Kopfnicker-Voodoo Spirit zog sich dahin, bis Ben Harper im Verlauf des rund anderthalbstündigen Sets seine eingängigeren Songs anstimmte und sie oft zu prächtigen Jams ausbaute.

Wieder mit seiner alten Band

Der 50-jährige Amerikaner mit indianisch-afrikanischen Wurzeln spielte nicht das erste Mal am Blue Balls. Überhaupt war er in Europa und in Australien lange Jahre viel populärer als in den USA. Am Dienstagabend kehrte er mit seiner Band The Innocent Criminals nach Luzern zurück. 15 Jahre war er mit ihr auf der ganzen Welt unterwegs, bis die Zusammenarbeit 2008 zu Ende ging. «The Innocent Criminals are my family», sagte Harper in einem Interview. «We have stayed in touch and we felt like the time was right. We are simply picking things up from where we left off.»

Da standen sie wieder auf der Bühne, knackig und finster, aber auch vital und aufgeräumt: Bassist Julian Nelson, Perkussionist Leon Mobley, Schlagzeuger Oliver Charles und Ben Harper himself an verschiedenen Gitarren, allen voran seine Lap Slide Instrumente, die er auf den Knien spielte und exzessiv auslotete. Das beherrscht er meisterlich. Da wackelten die Blues-Ohren, kickten die Funk-Licks und bohrte sich auch die elektrische Rock-Intensität eines Jimi Hendrix in die Knochen.

Nach dem eingängigen und harmlosen Mainstream-Pop-Set der jungen Britin Lily Moore, die mit ihrer Band das Vorprogramm bestritt und mit der zu grell gemischten Stimme eher ermüdete, hatte das Konzert von Bern Harper deutlich mehr Abwechslung und musikalischen Tiefgang. Es darf schon als erfreulich bezeichnet werden, dass solche rockigen Roots-Acts, die auch mal ausufern und meilenweit von den aufgeklöpften R’n’B-Pop-Bühnenshow-Verschnitten entfernt sind, an einem Blue Balls weiterhin Platz haben. Die Frage ist, wie lange. Denn das Publikum füllte den Luzerner Saal nur zur Hälfte.

«Machine Gun» und «Superstition»

Je weiter der Abend, desto intensiver schien die Band ihr Repertoire auszuschöpfen. Das ging von perkussiv-atmosphärischen Brütern über melodiöse und erdige Songs bis zu fett rockenden Jams, in denen Harper mit seinem Slide-Gejaule die erhabenen und verstörenden Akzente setzte. Das Programm war eine Art best of quer durch die Jahre, mit Tracks wie «The Will To Live», «Steal My Kisses», dem wuchtigen «Please Bleed», «Forever» oder «Gold To Me».

«Walk Away» intonierte Harper alleine auf der verstärkten akustischen Gitarre, was seine warme und wandelbare Stimme, fragil und erdig zugleich, wunderbar zur Geltung brachte. «Diamonds On The Inside» gefiel mit seinen mehrstimmigen Gesängen. Zu den Coverversionen gehörten «Machine Gun» von Jimi Hendrix und «Superstition» von Stevie Wonder. Harper verzichtete auf lange Ansagen und Geplauder. Nur einmal wandte er sich ans Publikum, bedankte sich bei seiner Vorband Lily Moore, seinen Musikern und «technicians» und bei den Organisatoren dieses «incredible festivals».

Auch an diesem sommerlich warmen Dienstagabend zog das Blue Balls viel Publikum an, das durch die Aussenräumen das Festival pilgerte, zuoberst auf der Dachterrasse des KKL Luzern das mondän schillernde Ambiente genoss oder zu später Stunde im Hotel Schweizerhof zu den Rocksongs der englischen Band Catfish abtanzte.

«Ich habe so etwas noch selten erlebt»

Noch verrückter ging es Montagnacht im Schweizerhof ab. Die Bubamara Brass Band aus Russland brachte mit ihrem Balkan Gypsy Groove das Publikum aus dem Häuschen. «Ich habe so etwas noch selten erlebt», sagte ein langjähriger Blue-Balls-Gänger. «Und das einem Montagabend!». Blue Balls lebt! Vorerst.

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