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Kanton Luzern

Steuergeld für den Sicherheitsapparat eines anderen Staates ist ein Sündenfall

400'000 Franken will die bürgerliche Mehrheit an den Neubau der Kaserne der Schweizergarde zahlen. Das ist vergleichsweise wenig Geld. Doch es geht um grundlegendere Prinzipien.
Schweizergardisten am «Sacco di Roma». (Bild: Fabio Frustaci/EPA (6. Mai 2018))

Christian Peter Meier

Ein für den Stand Luzern bescheidener, um nicht zu sagen lächerlicher Betrag von 400’000 Franken steht an der Abstimmung vom 25. September zur Debatte. Mit dem Obolus soll der Neubau der Kaserne für die Schweizergarde im Vatikan unterstützt werden. Dies entschied die bürgerliche Mehrheit im Kantonsrat gegen Stimmen der Linken, Grünen und Grünliberalen sowie vereinzelter Vertreterinnen und Vertreter von FDP und SVP.

Sechzehn andere Kantone haben vergleichbare Beiträge gesprochen, auch der Bund zahlt mit. Einzig in Luzern entscheidet nun aber das Volk, weil ein überparteiliches Komitee, angeführt von Andreas Kyriacou, Präsident der Freidenker-Vereinigung der Schweiz, erfolgreich das Referendum ergriffen hat.

Man hört im Kontext dieser Abstimmung bisweilen die leicht genervte Frage, ob wir derzeit nicht ganz andere Probleme zu lösen hätten. Die Antwort: Ja, haben wir leider. Doch nun liegt eben auch dieses Dossier auf dem Tisch und es stellt sich als erstaunlich emotional heraus. Bauch kämpft dabei gleichsam gegen Kopf.

Die Mehrheit im Kantonsrat argumentierte mit Werten wie Zuverlässigkeit, Loyalität, Pflichtbewusstsein und Beständigkeit. Diese würden von der seit über 500 Jahren bestehenden Schweizergarde gelebt, und darum sei diese Institution eine wichtige Botschafterin für die Schweiz. Das kann man so sehen. Man kann die Garde aber auch als Relikt des höchst fragwürdigen Schweizer Söldnertums betrachten, was deren Strahlkraft relativiert und wir hier nicht vertiefen wollen. Unbestritten ist die Schweizergarde ein beliebtes und tatsächlich positiv besetztes Fotosujet.

Traditionell stammen sehr viele Gardisten und deren Kommandanten aus dem Kanton Luzern. Man kann darum auch der Argumentation folgen, dass gerade unser Kanton bei der Unterstützung für deren gute Unterbringung nicht abseitsstehen sollte. Zumal das Geld nicht an den Vatikan geht, sondern an eine eigens für den Kasernenbau gegründete schweizerische Stiftung.

Pointiert zusammengefasst sollten wir gemäss dem Parlament den Betrag also sprechen, weil die Schweizergarde eine gern gesehene Tradition mit engem Bezug zu Luzern und positiver Werbewirkung für die Schweiz darstellt. So gesehen wären die 400’000 Franken ein Brauchtums-, Kultur- und Marketingbeitrag, der problemlos abzusegnen wäre. Übrigens ähnlich jenem, den die katholischen Stände regelmässig ausgeben, um als Gastkantone am «Sacco di Roma» und der damit verbundenen Vereidigung der neuen Gardisten teilzunehmen.

Doch die Schweizergarde hauptsächlich als Hellebarden tragende Traditionstruppe zu sehen, ist falsch und wird ihrer tatsächlichen Aufgabe nicht gerecht. Seiner bunten Uniform zum Trotz nimmt das bewaffnete Korps mit einem Sollbestand von 135 Mann überaus ernsthafte Aufgaben im Personen- und Objektschutz wahr und hat namentlich «ständig über die Sicherheit des Papstes und seiner Residenz zu wachen». Wichtig überdies: Die Schweizergarde steht nicht im Dienst der Schweiz, sondern des Vatikans. Deren Kaserne gehört damit klar zur verteidigungsspezifischen Infrastruktur des Kleinstaates.

Sie über kantonale Staatskassen mitzufinanzieren, ist aus dieser Perspektive betrachtet unerhört, ein Sündenfall. Dies wird evident, wenn wir uns kurz vorstellen, der Betrag würde für die Kaserne eines anderen Staates erbeten, sagen wir für jene Liechtensteins, weil das Fürstentum auf die Idee käme, wieder ein Heer aufzubauen. In dieser völlig hypothetischen Übungsanlage wäre eine Zustimmung von Regierung, Parlament und Bevölkerung schlicht nicht vorstellbar und würde als krassen Missbrauch von Luzerner Steuergeldern interpretiert.

Wir müssen hier auch über die sinkende Bedeutung der katholischen Kirche im Kanton Luzern sprechen. 2020 waren gemäss Lustat noch 57,4 Prozent der Bevölkerung römisch-katholisch; der Wert ist mit Sicherheit bereits überholt und könnte bereits Ende dieses Jahrzehnts unter die 50-Prozent-Grenze sinken. Derweil steigt die Zahl der Menschen ohne Religionszugehörigkeit rapide an.

Das mag man bedauern, es ist aber Ausdruck einer grossen Skepsis gegenüber der Weltreligion mit Sitz im Vatikan. Vor allem die jüngere Generation scheint genug zu haben von den nicht abreissenden Skandalen und dem von der katholischen Kirche vermittelten Wertekanon.

Vor diesem Hintergrund ist es angezeigt, den laizistischen Prinzipien, also der Trennung von Kirche und Staat, im Kanton Luzern konsequenter nachzuleben – zumal die Landeskirchen finanziell nicht schlecht dastehen. Dank der Kirchensteuern, die in Luzern von Unternehmen zwingend zu entrichten sind, fliessen substanzielle Mittel an die hiesigen Kirchgemeinden. Die meisten von ihnen sind wohlhabend genug, um problemlos einen gewissen Betrag an den Kasernenneubau zu spenden.

Oder sie widmen ganz einfach eine Sonntagskollekte dem Bauvorhaben. Würde kantonsweit jede Kirchgängerin und jeder Kirchgänger dafür ein Nötli in den Korb legen, wären die 400’000 Franken in Nu zusammen.

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