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Wahlen 2019

Beim LZ-Podium zu den Regierungsratswahlen gaben die Anwärter rhetorisch Vollgas

Gut zwei Stunden lang kreuzten die Regierungsratskandidaten an der Podiumsdiskussion unserer Zeitung die Klingen. Wie kann ein bürgerliches Gremium regieren? Und wie geht es weiter mit der Finanzpolitik? Diesen und weiteren Fragen stellten sich die Kandidaten.

So lief die Podiumsdiskussion:

00'00' - Begrüssung und Auslosung der Gesprächsgruppen
06'10' - Statement in 60 Sekunden: Reto Wyss (CVP), Guido Graf (CVP), Roland Fischer (GLP), Korintha Bärtsch (Grüne) und Rudolf Schweizer (parteilose Schweizer)
14'30' - Politische Zusammensetzung im Kanton Luzern (Konkordanz, Parteienstärke, Frauenvertretung), Finanz- und Steuerpolitik und Verkehr
49'40' - Fragerunde
1h 01'30' - Statement in 60 Sekunden: Paul Winiker (SVP), Fabian Peter (FDP), Marcel Schwerzmann (parteilos), Jörg Meyer (SP)
1h 07'45' - Politische Zusammensetzung im Kanton Luzern (Konkordanz, Parteienstärke, Frauenvertretung), Finanz- und Steuerpolitik und Verkehr
1h 45'40' - Fragerunde
1h 55'30' - Sportlich-witziges Penaltyschiessen

Die Luzerner Zeitung hatte zum grossen Wahl-Podium eingeladen. Am Podium traten alle neun Kandidaten auf. Also die bisherigen Regierungsräte: Finanzdirektor Marcel Schwerzmann (parteilos, 54, Kriens), Gesundheits- und Sozialdirektor Guido Graf (CVP, 60, Pfaffnau), Bildungs- und Kulturdirektor Reto Wyss (CVP, 53, Rothenburg) und Justiz- und Sicherheitsdirektor Paul Winiker (SVP, 62, Kriens).

Sie stellten sich den fünf neuen Kandidaten: dem Inwiler Gemeindeammann, Ingenieur und Unternehmer Fabian Peter (FDP, 42, Inwil), Jörg Meyer, dem Direktor des Bildungszentrums Gesundheit Zentralschweiz (SP, 50, Adligenswil), der Umweltwissenschafterin ETH und Projektleiterin Korintha Bärtsch (Grüne, 34, Luzern), dem Hochschuldozent Roland Fischer (GLP, 53, Udligenswil) sowie dem Carrosseriespengler-Werkleiter Rudolf Schweizer (Parteilose Schweizer, 55, Luzern)

Von links: Moderator Jérôme Martinu, Jörg Meyer, Guido Graf, Reto Wyss, Marcel Schwerzmann, Roland Fischer, Fabian Peter, Rudolf Schweizer, Paul Winiker und Korintha Bärtsch. (Bild: Dominik Wunderli, Luzern, 12. März 2019)

In drei Wochen ist der Wahlkampf für einige der neun Anwärter bereits passé. Zeit daher, die letzten Tage vor den Wahlen am 31. März nochmals zu nutzen, um von sich zu überzeugen. Die neun Regierungsratskandidaten kreuzten am Dienstagabend beim Podium dieser Zeitung die Klingen und schenkten sich nichts. Das LZ-Auditorium war bis auf den letzten Platz besetzt.

Bei der Diskussionsrunde, die von Jérôme Martinu, Chefredaktor der Luzerner Zeitung, und Christian Peter Meier, stellvertretender Chefredaktor, moderiert wurde, standen die Regierungszusammensetzung, die Finanz- und Steuerpolitik sowie der Verkehr im Zentrum.

Ist die Regierung eine Wohlfühloase?

Die neun Kandidaten wurden in zwei Gruppen ausgelost. In der ersten Runde wehrten sich die beiden bisherigen CVP-Regierungsräte gegen den Vorwurf, die bürgerliche Regierung sei eine Wohlfühloase. Guido Graf erzählte, dass er just an diesem Tag mit seinem Parteikollegen über ein Sachgeschäft gestritten habe. Reto Wyss meinte: «Klar fehlt ein politisches Spektrum, aber wir haben die Aufgabe, als Regierungsrat gute Arbeit zu machen und versuchen, auch andere Sichtweisen miteinzubeziehen.»

Dies sahen die neuen Kandidaten anders. Laut Korintha Bärtsch ist es beim Versuch geblieben, das fehlende Spektrum abzudecken. Auch Roland Fischer fehlt in der Exekutive «ein Störefried mit einem Stachel». Dies sei ein Grund, dass die Reform der Schuldenbremse misslungen sei. Für Rudolf Schweizer wird die Bevölkerung zu wenig unterstützt. Er verwies auf die Sparmassnahme bei der Prämienverbilligung und fordert eine Lohnobergrenze für Regierungsrat, Gericht und Verwaltung. Reto Wyss räumte mit Blick auf die letzte Legislatur ein, dass er nicht auf alle Sparmassnahmen stolz sei, diese aber nötig gewesen seien.

In der zweiten Runde stand die Frage nach der Frauenvertretung im Raum. Dass das Thema bewegt, zeigte auch der Aufmarsch einiger linker Frauen, welche kurz vor Podiumsbeginn vor dem LZ-Gebäude mit Plakaten für Korintha Bärtsch, die einzige weibliche Kandidatin, weibelten. Jörg Meyer unterstrich: «Dass eine Frau in der Regierung fehlt, ist nicht mehr zeitgemäss.» Gleichzeitig sei es nicht nur ein SP-Auftrag, Frauen in der Politik zu fördern. So habe die SP die Hausaufgaben in der Vergangenheit gemacht. Auf die Frage angesprochen, was die Regierung für die Frauenförderung tue, meinte Schwerzmann: «Gerade heute haben wir in der Regierung beschlossen, an den Massnahmen für einen höheren Frauenanteil im Kader festzuhalten.»

Die Tatsache, dass die Regierung rein bürgerlich bleiben könnte, sieht Fabian Peter nicht als Problem. «Im Inwiler Gemeinderat hat sich gezeigt, dass nicht von einer Monokultur gesprochen werden kann, nur weil nicht alle Parteien vertreten sind.» Laut Paul Winiker kann man sich die Regierungskollegen nicht aussuchen, aber es gelte, «miteinander den Auftrag zu erfüllen.»

Marcel Schwerzmann ist sowohl als Finanzdirektor wie auch als Parteiloser Kritik ausgesetzt. «Ersteres ist verständlich, zumal die Finanzen ein heisses Dossier sind.» Kritik an seiner Parteilosigkeit hingegen versteht er nicht, zumal 70 Prozent der Bevölkerung parteilos seien. Zudem betonte er, seine Tür stehe für alle Parteien offen. Dies sieht Jörg Meyer anders: «Die SP wird klar weniger eingebunden. Es reicht nicht, wenn unsere Argumente erst im Parlament eingebracht werden können.»

Anpassung bei Finanzpolitik gefordert

Zu reden gab bei der Podiumsdiskussion auch die Finanzpolitik der letzten Jahre. Guido Graf räumte zwar ein, dass es länger gedauert hat, bis mehr juristische Personen in den Kanton Luzern gezogen sind. «Doch Luzern befindet sich nun in einer sehr guten Ausgangslage.» Laut Korintha Bärtsch ist die Regierung bei der Tiefsteuerstrategie «volle Kraft voraus gefahren, ohne auf Verlierer zu schauen». Für Roland Fischer hätte die Tiefsteuerstrategie auf der Einnahmenseite besser abgefedert werden müssen – etwa durch eine Ökosteuer und Lenkungsabgaben.

In Runde zwei stellten die Moderatoren auch die Frage, weshalb der Vorschlag der Regierung zur Erhöhung der Unternehmenssteuern im Parlament scheiterte? Paul Winiker sagte: «Es ist Aufgabe des Parlaments, kritisch hinzuschauen. Offenbar wählten sie eine vorsichtigere Gangart.» Für Meyer hingegen zeigt das Beispiel auf, dass sich «der Kanton Luzern in einem Stillstand befindet.» Und die Regierung habe zu wenig für eine Erhöhung gekämpft. Für Fabian Peter hingegen handelt es sich um einen Kompromiss, der «Verlässlichkeit für die Wirtschaft» bedeutet. Meyer konterte, dass ihm diese Verlässlichkeit gegenüber dem Personal und den sozialen Institutionen fehle.

Gut zwei Stunden wurde kontrovers diskutiert, auch beim Publikum kochten teils Emotionen hoch. Der Abschluss war dann leichter verdaulich: So durften die Kandidaten einen Konkurrenten auf humoristische Art mit jener Sportart beschreiben, die aus ihrer Sicht am besten zu ihm passt.

Hinweis: Wer nicht ans Podium kommen konnte, hat die Gelegenheit, die Porträts aller neun Regierungsratskandidaten zu lesen - oder das Podium im Video (s. oben) abzuspielen.

Acht Männer und eine Frau treten am 31. März an

Neun Anwärter kämpfen bei den Wahlen vom 31. März um einen Sitz in der fünfköpfigen Luzerner Regierung. Vier Bisherige wollen wieder gewählt werden, fünf Neue hoffen auf einen Sprung in die Exekutive. Am Podium stellten alle neun Kandidaten sich und ihre Ziele vor und nahmen Stellung zu verschiedenen Themen wie der Zusammensetzung des Regierungsrats, der Finanz- und Steuerpolitik und dem Verkehr.
Bereits am 31. März könnte sich zeigen, wer den Sitz des zurücktretenden Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdirektors Robert Küng holt und ob die bisherigen Regierungsräte die Wiederwahl schaffen. Wahrscheinlich ist allerdings, dass es am 19. Mai zu einem zweiten Wahlgang kommt.

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