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Obwalden

Auf der «Palace»-Baustelle in Engelberg: Wie Geschichte und Moderne fusionieren

Im Herbst 2020 eröffnet das neue 5-Sterne Hotel Palace in Engelberg. Der Rundgang durch die Baustelle zeigt: Es gibt noch viel zu tun.
Die historische Bausubstanz im ehemaligen Hotel Europäischer Hof. (Bilder: Philipp Unterschütz, Engelberg, 10. Juli 2019)
Bauherrenvertreter Thomas Dittrich (rechts) und Alain Grossenbacher, CEO und Verwaltungsratspräsident von Eberli Sarnen AG in einem künftigen Whirlpool im Spa- und Wellnessbereich im Dachgeschoss. 
Die Hotelbar mit den über 100-jährigen Hubfenstern.

Philipp Unterschütz

Philipp Unterschütz

Philipp Unterschütz

Der typische Baustellengeruch liegt in der Luft – irgendwie lehmig, staubig, mit frischem Zement, Farben, Plastik, Holz. Je nach Bereich und ausgeführten Arbeiten riecht es anders. Und es klingt anders – die Stromer stehen offensichtlich auf härtesten Rock, während die Gipser es eher mit poppigen Latinosounds haben. Überall mischt sich der Klang der Radios mit dem Lärm von Maschinen oder dem Hämmern der Arbeiter.

Auf der Baustelle des künftigen Hotels Palace Engelberg Titlis geht es bei unserem Rundgang zu, wie im sprichwörtlichen Ameisenhaufen. Rund 180 Handwerker aus verschiedensten Berufen sind am Werk. So langsam wird der Edelrohbau, wie die Fachleute sagen, fertig. «In etwa 14 Tagen beginnen wir mit dem Ausbau», sagt Alain Grossenbacher, Verwaltungsratspräsident und CEO der Eberli Sarnen AG, die im Auftrag des chinesischen Investors Yunfeng Gao das erste 5-Sterne Hotel in Engelberg erbaut. Rund 100 Millionen Franken investiert dessen Firma Han’s Europe AG ins «Palace» in Engelberg, gleich viel wie ins Luzerner Hotel Palace, wo zurzeit ebenfalls die Bauarbeiten laufen. Das Luzerner Haus wird zwar künftig von einer internationalen Gesellschaft betrieben, wie die First Swiss Hotel Collection kürzlich bekannt gab, welche zuständig für den Bau in Luzern ist. Trotzdem sollen die beiden «Palace»-Häuser als Schwesterbetriebe eng zusammenarbeiten und Synergien nutzen, beispielsweise im Personal-Bereich, erklärt Thomas Dittrich, Geschäftsführer der Han’s Investment Holding AG und Han’s Europe AG als Bauherrin des «Palace» in Engelberg.

Sportlich, relaxed, statt klassisch und traditionell

«Rund 70 Prozent des Engelberger ‹Palace› sind erstellt, wir sind im Zeitplan», so Alain Grossenbacher. Und der Rundgang vom Untergeschoss bis zum Dachgeschoss zeigt vor allem eines: Die Idee, die alte Bausubstanz des 1905 eröffneten Hotels Europäischer Hof inklusive Kursaal mit einem Neubau zu verbinden, funktioniert. Der sorgsame, aber kostspielige Umgang mit der historischen Substanz trägt Früchte. Der geschichtsträchtige Kursaal wurde mit Hilfe riesiger Stahlträger überbaut. Der Neubau gliedert sich dem historischen Teil als eigentlicher Kopfteil harmonisch unter. Die Fassadengliederung und -struktur des alten Jugendstilhotels wird im Neubau fortgesetzt. Der durchgehende Baukörper bringe auch für den Betrieb massive Vorteile. «Diese Verknüpfung ist sowohl gestalterisch wie betrieblich ein grosser Wurf», findet Thomas Dittrich.

Von den 129 Zimmern und Suiten befinden sich 59 im Altbau und 70 im Neubau. Die sechs bis zu 116 Quadratmeter grossen Suiten sind alle im historischen Teil. «Gäste bemerken nur optisch an den Stukkaturdecken, den Fensterformen oder in den Etagenkorridoren, dass sie im historischen Teil logieren. Der Innenausbau wie beispielsweise die Parkettböden, die Wandgestaltungen oder Badezimmer sind in allen Zimmern gleich», betont Thomas Dittrich. Holz, Stein, Naturelemente und Themen wie Eis und Wasser würden inszeniert.

Londoner Büro gestaltet Innenbereich

«Die Innenarchitektur stammt von einem Londoner Gestaltungsbüro. Dieses hat einen Wettbewerb gewonnen, zu dem wir fünf Firmen eingeladen haben», verrät Alain Grossenbacher. Die Firma habe grosse internationale Erfahrung und habe die Vorstellungen der Bauherrschaft am besten getroffen. «Sie konnten den Ort Engelberg gut lesen und haben erfasst, was die Gäste hier erwarten», so Alain Grossenbacher. «Sportlich, relaxed und gemütlich, aber nicht klassisch und traditionell» werde die Ausrichtung im «Palace Engelberg Titlis» sein, sagt Dittrich – und fügt hinzu, dass das Ganze gepaart ist mit einem Topservice. Gäste werden beim Buchen nicht nur einen der sechs Zimmertypen wählen können, die sich durch die Grösse unterscheiden, sondern auch die Lage im neuen oder im historischen Teil. «Insbesondere Gäste aus Übersee und Asien sind von der Schweizerischen Hotellerie Architektur-Geschichte fasziniert. Bei der Zimmerwahl kann das für viele eine grosse Rolle spielen.»

Die grosse Tradition und Geschichte der Schweizer Grand- und Palace-Hotellerie sollen die Gäste schon unmittelbar nach der Ankunft in der Lobby als ersten Höhepunkt erleben. Von da aus ziehen sich die Erlebniswelten durchs ganze Hotel: Wintergarten, Bar, Restaurant mit Aussenbereich, Bankettsaal, der historische Kursaal, oder der Spa- und Wellness-Bereich mit Infinity-Pool im Dachgeschoss.

Die grosse Hotel-Bar beeindruckt mit der historischen Decke und dem über hundertjährigen, halbrunden Fenster – einem der grössten Hubfenster der Schweiz, das aus dieser Zeit erhalten geblieben ist.

Mit den bisher abgeschlossenen Arbeiten sei Investor Yunfeng Gao sehr zufrieden, erzählt Thomas Dittrich. «Etwa alle vier Monate besichtigt er den Baufortschritt. Insbesondere die Qualität der Arbeiten beeindruckt ihn.» Trotz fortgeschrittenen Arbeiten – bis zum Vollbetrieb gibt es noch viel zu tun. Ende 2019 soll der Edelausbau der Zimmer und Suiten abgeschlossen sein, dann ist der Ausbau aller öffentlichen Bereiche wie Gänge, Restaurants oder Lobby bis im Frühling dran. Etwa ab Mai folgen zwei Monate, in denen alle technischen Systeme geprüft und hochgefahren werden. Dazu gehört insbesondere das Einstellen des Klimas im ganzen Haus.

Über 120 Mitarbeiter werden gesucht

Ab August gilt es ernst für den Betrieb. Bis Anfang Oktober dauert das Warmlaufen in Form des «Pre-Openings» mit Gästen. «Dann schalten wir die Verkaufskanäle nach und nach auf und ab November 2020 läuft der Vollbetrieb», hält Thomas Dittrich fest. Die offiziellen Eröffnungsfeiern finden im Dezember statt.

Bereits begonnen hat die Rekrutierung von Kader-Personal. «Im Vollbetrieb werden wir rund 120 Personen beschäftigen, davon über 20 in der Küche», erzählt Thomas Dittrich. Sorgen, genügend Personal zu finden, das für einen 5-Sterne-Betrieb qualifiziert ist, mache er sich keine. Die Nachfrage sei bereits da. «Engelberg ist ein interessanter, schöner Arbeits- und Wohnort, der auch für Pendler hervorragend erschlossen ist.» Zudem biete man künftigen Mitarbeitern neben der Lage und dem Produkt, für das sie arbeiten würden, auch einiges im Bereich Unterkunft oder Infrastruktur mit einem schönen Personalrestaurant und Aufenthaltsräumen.

Restaurant zelebriert die regionale Küche

Gespannt sein darf man auf das 5-Sterne-Restaurant, in dem laut Thomas Dittrich «die regionale Küche mit einigen internationalen Spezialitäten» zelebriert werden soll. Insgesamt 120 Plätze im Innenbereich und 40 auf der Terrasse werden angeboten. Auch andere Bereiche sind nicht nur den Hotelgästen vorbehalten. Wenn es die Belegung im Hotel je nach Saison zulässt, wird auch der Spa- und Wellness-Bereich für Besucher offen sein.

Der historische Kursaal, der mit neuer Technik ausgestattet wird, kann wieder wie früher für Konzerte genutzt werden. Rund 800 Personen fasst der Saal. Kulturelle Nutzung, Kongresse oder Bankette sind auch in der neuen «The Hall» neben dem Kursaal möglich. «Wir können in diesem Bereich bis 400 Personen problemlos bewirtschaften», verspricht Bauherrenvertreter Thomas Dittrich.

Und schliesslich kann die Öffentlichkeit auch von neuen Parkmöglichkeiten profitieren. Via Engelberger Parkleitsystem ist ein Teil der 140 Parkplätze in den Parkgeschossen verfügbar.

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