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Luzern

Am «Heitere» übertreiben die Luzerner gerne etwas

Den ersten und grössten Auftritt am Heitere Open Air in Zofingen haben jene, welche die Zeltstadt aufbauen und bis Sonntag darin hausen werden. Einige Luzerner Gemeinden dürften deshalb während der nächsten Tage halb verlassen sein.
Mäsi von «Dr. Wagoon» bei der Arbeit an ihrem Piratenschiff. (Bild: Pius Amrein (Zofingen, 7. August 2018))

Roger Rüegger

Die Geräusche und das Treiben auf dem Heitere-Zeltplatz sind wie auf einer Baustelle. Es werden Holzpfähle in die Erde gerammt, eine Gruppe Frauen zieht ein Netz um ihre Zelte und daneben stellen drei Burschen ein Gerüst auf, «damit wir den Überblick haben», wie einer sagt.

Der Aufbau der Zeltstadt auf dem Zofinger Hausberg grenzt an Wahnsinn. Was die Leute an Material auf das Gelände hochfahren und schleppen, ist einmalig. Männer, die Bier schleppen, sind nichts – hier sieht man solche, die Kühlschränke tragen. Aus Roggliswil und Pfaffnau verbringen mehrere Gruppen die Festivaltage auf dem Zeltplatz. Das braucht natürlich Infrastruktur. Deshalb bauen die «Höusechlöpfer» unter Leitung des Maurers Winu (20) eine Bühne mit Doka-Schalungsträgern und Holzplatten auf einer Fläche von 8 auf 10 Metern.

Wir fragen die Männer, ob sie sich bewusst sind, dass das Festival nur bis Sonntag dauert. «Ja, aber wir übertreiben gerne etwas. Neben unserer Bühne gibt es eine Lounge, Schlafplätze, kühle Getränke und Musik. Was es so braucht», sagt Winu, der seit Jahren Heitere-Zeltler ist. Er betont, dass alles, was sie auf den Berg bringen, wieder mitnehmen.

Ein Töggelikasten und einen Rasenteppich – falls es regnet

Die Jungs nebenan nennen sich «Mer könne nüt». Sie stellen einen massiven Zaun um ihr Partyzelt. Ihr Equipment: ein Töggelikasten, Rasenteppich, falls es regnet, einen Beer-Pong-Tisch, reichlich Bier und Mineralwasser. Dominik aus Pfaffnau sagt: «Minerau esch am Morge aube gäbig.» Seiner Schätzung nach wohnt etwa die Hälfte seines Dorfes in den kommenden Tagen auf dem Heitere.

Es muss ein besonderes Ereignis sein, wenn Leute extra Ferien nehmen, um dann in ihrer Freizeit mit schwerer körperlicher Arbeit und viel Schweiss eine Zeltstadt für nur wenige Tage zu bauen. Die «Heutröchner» aus dem aargauischen Staffelbach etwa stellen rund um einen alten Heuwagen eine Holzhütte aus Holzschwarten auf. Die 22 Frauen und Männer statten diese mit Strohballen, einer Bar, einer Musikbox im XXL-Format und mit zu Schaukelstühlen umgebauten Autositzen aus. Der 22-jährige Sven erklärt: «Wir haben zwar schon einige Heitere-Tage in der Zeltstadt verbracht, aber es ist das erste Mal, dass wir so eine so grosse Kiste machen.» Die Bauarbeiten gehen fix voran. Keine Stunde nach unserem Besuch haben auch die «Heutröchner» einen Zaun um ihre Hütte gezogen. Dazu werden Blumen gesetzt, Ehrensache, man will es ja gemütlich haben.

So denken auch Dinu, Mäsi, Miro, Pädu, Tefe und Wabi aus Brittnau. Die Wagenbaugruppe «Dr. Wagoon» ist am Dienstag mit einem Piratenschiff «am Heitere Hafen angekommen», wie sie auf ihrer Facebook-Seite schreibt. «Wir werden auf unserem Hawaii-Partyschiff feiern, auch Schlafplätze sind darauf eingerichtet. Wer will, kann das Schiff nach der Party nach Hause nehmen», so Dinu. Die Idee, das Schiff – das heuer in Triengen am Fasnachtsumzug war – in die Zeltstadt zu integrieren, hatten die Männer, dank des neuen Campers Boulevard. An dieser Strasse stehen die 13 verrücktesten, schönsten und lustigsten Objekte. Zeltplatzchef Dirk Stolp: «Die Gruppen, die am Boulevard ihren Platz haben, sind langjährige Gäste, die mit dem Festival verbunden sind. Wir wollen die Kultur mit den speziellen Bauten fördern und mit der Platzierung am Eingang den übrigen Besuchern einen Überblick auf die Kreativität des Zeltplatzes gewähren.»

Alteingesessene machen Neue mit Regeln vertraut

Besucher des Heitere-Open-Airs sind zu 80 Prozent Stammgäste. Neue Gäste auf dem Zeltplatz werden von alteingesessenen, wie den Leuten vom «böse Zäut» oder dem «Team Heitere» – Gruppen aus Luzerner Gemeinden – mit Regeln und Gebräuchen vertraut gemacht. «Die Sache funktioniert. Wir können nicht alles verbieten, es handelt sich um einen Zeltplatz mit Leuten, die Spass wollen. Es muss aber jedem klar sein, dass bei Fehlverhalten alle bestraft werden», sagt Stolp. Aktuelles Beispiel ist das Feuerverbot. Erlaubt sind Gasgrills mit kleinen Gasflaschen, nicht erlaubt hingegen Holzkohlegrills. Es werden zudem 2500 Taschenaschenbecher verteilt, damit Zigaretten nicht auf dem Boden entsorgt werden.

Das Festival beginnt heute Mittwoch mit der Magic Night mit Gianna Nannini, Anastacia, Morcheeba und Span. Türöffnung: 17 Uhr. Die Berner Rockband startet um 18 Uhr. Tickets gibt es an der Abendkasse und im LZ-Corner, Pilatusstrasse 12, Luzern. Am Donnerstag folgt das Volksschlager und am Freitag gehts mit dem Open-Air los.

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