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Obwalden

Als der Schnapskonsum am Sarnersee bedenklich zunahm

Eine neue permanente Ausstellung in Wilen dokumentiert in Bildern eine lebhafte Vergangenheit. Diese ist auch wechselvoll – von der Trinkerheilanstalt über die vollkommende Schliessung bis zum Neustart.
Trafen sich für ein Gespräch im Blockhaus (von links): Diego Bazzocco, Geschäftsführer, Roman Wüst, Direktor, und Josef Bucher, Geschichtsexperte und früherer Direktor. (Bild: Primus Camenzind (Wilen, 24. August 2018))

Primus Camenzind

In der Blockhütte des Hotels Kurhaus direkt am See in Wilen findet man seit kurzem eine spezielle Dauerausstellung. Diese wurde vergangene Woche an einer Vernissage eröffnet. Wer die Bedeutung der fünf Bildtafeln verstehen will (siehe Kasten), wird sich auch mit ihrem interessanten geschichtlichen Hintergrund auseinandersetzen müssen. Das taten drei Beteiligte im Rahmen eines Pressegesprächs mit unserer Zeitung. Josef Bucher, Historiker und Direktor des Hauses von 1983 bis 2008, erinnerte an die Anfänge: «Aus einer sozialen Bewegung heraus wurde 1896 von einem Dr. Peter Anton Ming die Trinkerheilanstalt ‹Vonderflüh› gegründet.» Er gab zu verstehen, dass in der Zeit um 1880 und in den nachfolgenden Jahren in der Bevölkerung der Schnapskonsum bedenklich zugenommen hatte. Unter anderem auch als Beschäftigungstherapie für die Bewohner wurde von 1924 bis 1947 oberhalb der Anstalt ein Steinbruch betrieben.

Die Trinkerheilanstalt musste aus finanziellen Gründen und wegen der Veränderung der Prinzipien in der Behandlung Alkoholkranker 1951 schliessen. Es entstand eine Einrichtung für die Pflegeausbildung. Noch heute spricht die einheimische Bevölkerung in diesem Zusammenhang von den «Sarner Schwestern».

Der Sarner Schwestern Verein gründete 1971 mit den Kantonen Obwalden, Luzern, St. Gallen und Solothurn die Stiftung der «Schule für Krankenpflege Sarnen». Diese Gründung ist eng verbunden mit dem Lebenswerk des Sarner Arztes Julian Stockmann-Durrer, seiner Gemahlin Berta und den drei Töchtern Marie-Theres, Edith und Dora. Binnen knapp 10 Jahren folgte die Einweihung eines neuen Schulgebäudes, der Abriss des alten Bruderklausenhofs und die Inbetriebnahme eines neuen Gästehauses. Ab 1990 wurde die Abteilung Spitex Beratung & Weiterbildung eingerichtet und in der Folge auch ständig weiterentwickelt. Damit zusammenhängend sanierten die Betreiber 1994 das Hauptgebäude umfassend.

2011 wurden alle Angestellten entlassen

Denkwürdige Ereignisse sind ausserdem der Tod Heinrich Stockmanns 2002 und die vorübergehende Stilllegung der gesamten Einrichtung, was 2011 die Entlassung von 39 Angestellten zur Folge hatte. Der Historiker Josef Bucher begründete diese Talfahrt wie folgt: «Bern teilte uns schon in den 1980er-Jahren von höchster Stelle aus mit: Spitex braucht es gar nicht, wir haben ja genug Spitäler.» Bucher sprach von «Hartnäckigkeit», die es ermöglichte, die Einrichtung weitere Jahre zu betreiben.

Was ab 2012 durch die Fusion der Spitex-Stiftung und der Stiftung Betagtenheim Obwalden erfolgte, bezeichnet der pensionierte Arzt Andreas Anderhalden in seinem 2016 erschienen Buch «Geborgenheit am Sarnersee» als regelrechte «Wiedergeburt». Die «Stiftung Zukunft Alter – Wohnen und Betreuung» wurde ins Leben gerufen. Sie verbindet das Hotel in Wilen mit der Residenz Am Schärme in Sarnen. Die Fusion beschleunigte unter anderem auch die umfassende Renovation und Sanierung der Gebäude und Anlagen am Seeufer.

«Die Residenz Am Schärme und das Hotel Kurhaus am Sarnersee müssen Synergien nutzen, als Betriebe jedoch selbstständig arbeiten können. Das ist uns der Nachhaltigkeit wegen sehr wichtig», sagt Roman Wüst, Direktor beider Häuser. «Wir müssen allerdings das Kurhaus in Richtung Hotel weiterentwickeln, denn die Ansprüche der Kurgäste sind gestiegen», gibt er zu bedenken. Wüst sieht im Moment allerdings kaum Investitionen von mehreren Millionen, sondern eher eine Zukunft, welche die Geborgenheit der Gäste in den Vordergrund stellt.

«Wir verfügen derzeit über eine Hotellerie mit gutem Dreisterne-Standard. Sie ist vor allem geprägt von sehr viel Menschlichkeit», bestätigte auch der Kurhaus-Geschäftsführer Diego Bazzocco.

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