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Sisikon

«Ohne Seilbahn geht hier nichts»

Die Buggialp ist eine der wenigen Privatalpen in der Urschweiz. Mit grosser Beharrlichkeit hat die Familie Furrer aus Bürglen ihre Alp innerhalb von 40 Jahren «üffägschaffet», Seilbahn und Alpgebäude gebaut und Wege und Weiden verbessert.
Die Seilbahn ist seit 1995 die einzige Verbindung von der Buggialp ins Tal. (Bild: Christof Hirtler (Sisikon, 21. Juni 2018))
Der Älpler Werner Furrer bedient die Seilanlage der Garawenta AG auf der Buggialp. (Bild: Christof Hirtler (Sisikon, 21. Juni 2018))
Das Älplerteam auf der Buggialp: (von links) Heidi, Werner und Sepp Furrer; die Angestellte Yvonne Steiger und die Lehrtochter Doris Beeler. (Bild: Christof Hirtler (Sisikon, 21. Juni 2018))

 

Christof Hirtler

Vom Urnersee bei Sisikon windet sich ein schmaler Weg in endlosen Kehren durch den Wald zur Buggialp. Auf diesem Weg haben Heidi, Werner und Sepp Furrer ihre Kühe und Rinder auf die Alp getrieben. 900 Höhenmeter geht es bergauf.

Die Kälber und einige Rinder transportierten sie mit der Seilbahn zur Alp. «Dies schien 2013 der Kuh Gugger besonders zu gefallen», erzählt die Älplerin Heidi Furrer lachend. «Im Vorjahr mit der Bahn transportiert, blieb sie beim Alpaufzug auf halbem Weg stehen und machte keinen Wank. Sie wollte Seil-bahn fahren – und ich musste mit ihr zurück zur Talstation.» Es kam auch schon vor, dass Furrers mit der Motorsäge z Alp fuhren, um da und dort Bäume aus dem Weg zu räumen. Der Baumbestand ist teilweise überaltert.

Ob Tiere, Maschinen oder Käse: Alles transportiert die Seilbahn

Die Luftseilbahn Twärrüti–Buggialp quert das Buggitobel in atemberaubender Höhe. Tief unten glitzert der Urnersee, spielzeugklein erscheinen das Dorf Sisikon, die Axenstrasse, die Autos. Die Bahn, eine Spezialkonstruktion, wird von einem mächtigen 80-PS-Dieselmotor angetrieben. Dank zwei Tragseilen gerät die Kabine selbst bei starkem Seitenwind nie ins Wanken. Höchstlast: 600 Kilogramm. Gebaut wurde die Anlage 1995 von der Garaventa AG als Personenseilbahn für den Neubau der Alpgebäude.

«In den Jahren zuvor hatten wir Steine aus dem Land gelesen und mit der eigenen Brecheranlage zu Kies gebrochen», erinnert sich Heidi Furrer. 1650 Säcke Zement transportierte sie während der Bauzeit mit ihrem Kleinbus zur Talstation der Buggi-Seilbahn. Für den Aushub, die Fundamente und den Innenausbau chrampfte die Familie Furrer monatelang. Sämtliche Möbel, von der Eckbank bis zur Küche schreinerte Werner Furrer selber. 2002 waren Hütte und Stall bezugsbereit. Die Seilbahn, unentbehrlich während der Bauzeit, ist der einzige Zugang zur Alp. «Ohne Seilbahn geht hier nichts. Rinder, Kälber, Kühe, Lebensmittel, Kleider, Maschinen und im Herbst den Käse – alles transportieren wir mit der Bahn. Sie ist unsere Lebensader, die einzige Verbindung ins Tal», sagt der Älpler Werner Furrer.

Bei Heuwetter an drei Orten täglich im Einsatz

21. Juni 2018: Nach dem Melken transportiert Sepp Furrer den Klauenstand mit der Seilbahn auf die Alp. Eine Kuh hinkt. Aus dem Kessi hat Werner Furrer am Morgen drei rund 10 Kilogramm schwere Alpkäse gezogen. Heute wird nach dem Mittagessen auf der Buggialp das Heu eingebracht. Die Lehrtochter Doris Beeler und die Angestellte Yvonne Steiger helfen mit. Dank des Heuschiebers Rapid-Twister kommt das Team schnell vorwärts. Die Firma Rapid hatte 2017 auf dem Betrieb der Familie Furrer den Heuschieber getestet und weiterentwickelt. «Heubläser werden fast überflüssig und es braucht viel weniger Helfer zum Rechen», sagt Heidi Furrer.

Furrers pendeln bei Heuwetter täglich zwischen Alp und Tal. Ihr Heimbetrieb Gartleft in Bürglen ist nur 2,8 Hektaren gross. Während der letzten Jahre haben Furrers darum die Betriebe Ey im Riedertal und das Hinterebnet in Bürglen gekauft. Total bewirtschaften sie 22,5 Hektaren inklusive Pachtland und sammelt jährlich 1700 Kubikmeter Heu, das sie in fünf Ställen einbringen. «Weil die Alp mit keiner Strasse erschlossen ist und die einzelnen Betriebe weit auseinanderliegen, sind wir auf mehrere Motormäher und Ladewagen angewiesen. Es kommt vor, dass wir an einem Tag an drei Orten heuen», sagt Werner Furrer.

Anfang 20. Jahrhundert war die Buggialp ein Berg, das oberste Gut eines Zweistufenbetriebs. 1922 hatte die Familie Bissig 333 Burden Heu gesammelt. Heu, das sie zum Teil auf ihrem Heimbetrieb brauchten oder auf Buggi jeweils bis Ende Februar aufhirteten. Bis 1978 alpten auf der Buggialp Maria und Ruedi Bissig vom Heimet Paradies, Bürglen. Ihr zweites Paradies war die Buggialp. Sie lebten für ihr Vieh, hatten grosse schwere Kühe. Braunvieh, selbstverständlich. Einer der Brüder schlief immer in der Hütte, der andere übernachtete im Obergaden, damit er jederzeit wusste, ob es dem Vieh gut ging. Sie hüteten täglich ihre Kühe auf der Weide. An heissen Tagen wehrten sie mit kleinen Stäckli, an denen vorne weisse Tüchlein gebunden waren, die Brämen ab.

Am 26. November 1980 war Maria Bissig das letzte Mal auf der Buggialp. «S ist ein schwerer Tag», schrieb sie ins Hüttenbuch. Und weiter: «Mit Tränen nehme ich Abschied von dieser Alp, wo ich fast mein ganzes Leben zugebracht habe. Ich wünsche dem neuen Besitzer Glück und Segen für die Zukunft.» In der Alphütte über dem Esstisch erinnern Fotos an die verstorbenen Besitzer.

Der «Schwarze Käse» blieb ein Experiment

Von einem Käsehändler erhielt Heidi Furrer im Sommer 2016 den Auftrag, «Schwarzen Käse» herzustellen. Sie machte einen Versuch mit Holzkohlenpulver. Heidi Furrer zeigt ein Foto auf ihrem Natel: Der schwarze Käse wirkt so irritierend wie schwarze Spaghetti. Der schwarze Käse bleibt eine Randerscheinung, die Familie Furrer produziert den traditionellen, halbharten Urner Alpkäse, pro Alpsommer rund 3 Tonnen. Den grössten Teil ihrer Produktion verkaufen Furrers an private Kunden. 300 Kilo Käse liefert die Familie dem Käsemarkt in Olten, 300 Kilo Buggialp-Käse werden gar nach England exportiert. Dort scheint das Produkt gut anzukommen, wie Heidi Furrer stolz erzählt: «Am 7. Dezember 2017 erhielt unser Alpkäse in Somerset von ‹Global Cheese Awards› die silberne Auszeichnung.» Ihr Sohn Sepp, Meisterbauer und Nachfolger, experimentiert zurzeit mit grossen, 30 Kilogramm schweren Käsen. Das Ziel: ein Hartkäse ähnlich einem Sbrinz. Das wäre in Uri etwas vollkommen Neues.

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