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Sport

Der böseste Neuseeländer hat Wurzeln im Kanton Luzern

Erwin Hebler ist der beste Schwinger in Neuseeland. Obwohl er am anderen Ende der Welt lebt, hat er einen starken Bezug zum Kanton Luzern.
Erwin Hebler, der neuseeländische «Schwingerkönig» wird von seinen Konkurrenten gefeiert. Rechts applaudiert Michael Winzap, der Schweizer Botschafter in Neuseeland. (Bild: Matthias Stadler (Kaponga, 14. Februar 2021))
Mit diesem Schwung gewinnt Erwin Hebler (vorne) den Schlussgang gegen Andrew Breen. (Bild: Matthias Stadler (Kaponga, 14. Februar 2021))
Familiärer Rahmen: das Schwingfest in Kaponga auf der neuseeländischen Nordinsel.  (Bild: Matthias Stadler (Kaponga, 14. Februar 2021))

Matthias Stadler, Kaponga

Matthias Stadler, Kaponga

Matthias Stadler, Kaponga

Bereits Mitte Februar fand das erste Schwingfest des Jahres statt: In der Region Taranaki im Westen der neuseeländischen Nordinsel trafen sich 250 Auslandschweizer zum traditionellen «Swiss Picnic». Möglich war dies, weil Neuseeland die Pandemie vergleichsweise gut im Griff hat. Das Treffen ist der Höhepunkt im Vereinsjahr des Auslandschweizerklubs in Taranaki. Und im Zentrum stand dabei das Schwingfest, an welchem Auslandschweizer der zweiten und dritten Generation teilnahmen.

Erster Aspirant auf den inoffiziellen Titel des Schwingerkönigs von Neuseeland war Erwin Hebler, da er den einzigen Schwingwettbewerb in Neuseeland schon im Jahr zuvor gewonnen hatte. Der 32-jährige Landwirt, der in der Region aufwuchs und heute noch dort wohnt, wurde zwar im dritten von fünf Gängen von Andrew Breen auf den Rücken gelegt, trotzdem reichte es ihm für den Schlussgang. Dort revanchierte er sich und besiegte den Iren nach kurzer Zeit in überzeugender Manier. «Das Fest war streng. Ich bin froh, habe ich es in den Schlussgang geschafft», sagte Hebler nach seinem Auftritt. Andrew Breen sei «stark wie ein Muni», weswegen er natürlich glücklich sei, dass er habe gewinnen können.

Der Vater stammt aus Buttisholz, die Mutter aus Ebersecken

Das Schwingfest im Dörfchen Kaponga ist kaum zu vergleichen mit einem solchen in der Schweiz. Es gibt nur einen Sägemehlring, es dauert nur wenige Stunden und die Stimmung ist lockerer als in der alten Heimat, so springt während des Kampfes schon mal ein übermütiger Knabe in den Sägemehlring, wo er dann unter grossem Gelächter davongetragen wird. Doch trotzdem gibt es mit Alphornklängen und Schweizer Fahnen auch Parallelen. «Und auch wir nehmen den Wettkampf ernst», stellt Erwin Hebler klar. So sei er etwa vor einem Gang immer sehr nervös.

Der nun zweifache Sieger des neuseeländischen Schwingfests hat wie die meisten der sieben Teilnehmer Wurzeln in der Schweiz. Erwin Heblers Vater stammt aus Buttisholz, seine Mutter aus Ebersecken. Sie wanderten vor Jahrzehnten nach Neuseeland aus, wo sie beide auch heute noch aktiv im Auslandschweizerverein mittun, so ist etwa Vater Othmar Präsident des Klubs. Erwin wurde in Neuseeland geboren und spricht gerne in seinem Luzerner Dialekt, hie und da mit englischen Ausdrücken ergänzt.

Obwohl er am anderen Ende der Welt aufwuchs, schlägt sein Herz auch für die Heimat seiner Eltern. So hängt in seinem Wohnzimmer ein Bild des Matterhorns. Er sagt stolz:

«Auch ich bin ein Schweizer.»

Zusammen mit seiner deutschen Ehefrau Vivien reist er mindestens jedes zweite Jahr in die Schweiz. «Das sind unsere Ferien. In der Schweiz können wir abschalten.» Zudem gehe er gerne in die Berge, beispielsweise auf den Pilatus oder snowboarden in Engelberg.

Prominenter Besuch aus der Schweiz

Dass Erwin Hebler das Schwingfest bereits zum zweiten Mal gewonnen hat, ist nicht überraschend. Er spielte knapp 15 Jahre Rugby und war auch lange Ringer. Körpereinsatz ist für ihn entsprechend nichts Neues. Trotzdem hätte er gegen geübte Schwinger in der Schweiz keine Chance, da das Schwingfest des Auslandschweizervereins die einzige Gelegenheit im Jahr ist, in den Sägemehlring zu steigen. Klar wurde das vor allem 2013, als gar Matthias Sempach, sein Bruder Stefan und Schwingerkollege Matthias Siegenthaler am Fest in Neuseeland teilnahmen. Sie befanden sich zur Saisonvorbereitung im neuseeländischen Sommer im Trainingslager und nutzten den Wettbewerb als Training.

Erwin Hebler ist noch heute fasziniert davon: «Sie waren so kräftig wie Herkules. Matthias hob mich durch die Luft, als wäre ich ein Kind.» Zwar habe Sempach ihm beim Kampf einen Startvorteil gegeben, indem er sich zu Beginn auf den Bauch gelegt habe und Erwin Hebler versuchen liess, ihn so auf den Rücken zu drehen. «Doch ich hatte keine Chance», erinnert er sich lachend. Dass sich die Vorbereitung in Neuseeland für den Berner Schwinger auszahlte, beweist die Tatsache, dass er später im gleichen Jahr in Burgdorf das Eidgenössische gewann. «Wir waren also gute Trainingspartner», fügt Hebler an.

Für Nachwuchs ist gesorgt

Zum ersten Mal im Sägemehlring stand Erwin Hebler mit den Nachwuchsschwingern als Zehnjähriger:

«Unsere Familie ist jedes Jahr an den Anlass gegangen, irgendwann wollte ich auch mitmachen. Mich fasziniert auch heute noch, wie viele Leute zuschauen.»

Ihm ist wichtig, dass die Schweizer Traditionen auch am anderen Ende der Welt weitergegeben werden. Das scheint zu gelingen: Für den Nachwuchs ist bei den Schwingern in Neuseeland gesorgt, so machten auch heuer wieder eine Handvoll Knaben mit. Dereinst werden sie in die Fussstapfen des Landwirts treten. Aber vorerst kann der böseste Neuseeländer seinen Titel bis im nächsten Februar in Ruhe geniessen.

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