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Uri

Riemenstalden holzt gratis: Ein fast 700-jähriger Vertrag sorgt für Diskussionen

Die Gemeinde Riemenstalden darf im Kanton Uri gratis Holz schlagen. Kolumnist Elias Bricker aus Flüelen schaut auf die Geschichte des uralten Vertrages zurück.  

Die Korporationsbürgergemeinden Altdorf, Flüelen und Sisikon lagern per 1. Januar 2024 ihre Aufgaben im Wald praktisch vollständig an den gemeinsamen Betrieb Forst Urnersee aus. Dadurch werden die Bürgergemeinden künftig kein eigenes Forstpersonal mehr beschäftigen, der neue Forstbetrieb hingegen ein schlagkräftiges Team mit 17 Personen. Dadurch wird die Waldbewirtschaftung effizienter und die Bürokratie durch gegenverrechnete Arbeitsleistungen zwischen den drei Bürgergemeinden minimiert. Zudem steht mehr Kapital für gemeinsame Anschaffungen zur Verfügung. Nicht zuletzt gibt es ein attraktiver Lehrbetrieb mit drei Lehrstellen. Dies ist umso wichtiger, da der Fachkräftemangel inzwischen auch im Wald spürbar ist.

Als Bürgerrat von Flüelen und derzeit als Präsident der Revierkommission arbeite ich in der dreiköpfigen Projektgruppe mit, welche die Betriebsgründung vorantreibt. Nach mehr als zwei Jahren mit stundenlangen Sitzungen und viel Denkarbeit in stillen Kämmerchen sind wir nun auf der Zielgeraden. Die neuen Arbeitsverträge sind unterzeichnet, die Finanzierung geklärt und das Personalreglement verabschiedet. Das neue Logo ziert inzwischen bereits die Betriebsfahrzeuge. Nichtsdestotrotz gibt es bis am 1. Januar 2024 noch viel zu tun.

Während mehr als zwei Jahren hat die Projektgruppe nun diverse Punkte abgearbeitet. Für Diskussionen, wenn auch im ganzen Prozess relativ unbedeutende, sorgte das sogenannte «Riemenstaldner Servitut». Gemäss dieser Dienstbarkeit hat die Bevölkerung der Schwyzer Gemeinde Riemenstalden nämlich das Recht, im Sisiger Wald der Korporation Uri für eigene Bauvorhaben Holz zu schlagen – dies gratis und franko. Die Riemenstaldner machen denn auch gelegentlich von diesem Servitut Gebrauch, das im Grundbuch eingetragen ist.

Die Bürgergemeinden Sisikon, Flüelen und Altdorf spannen bei der Waldbewirtschaftung eng zusammenspannen.
Bild: Bild: zvg

Das Recht ist uralt und in einem Vertrag aus dem Jahr 1350 erstmals verbrieft. Damals haben die Länder Schwyz und Uri – vertreten durch die Landammänner Johannes von Attinghausen und Konrad Ab Yberg – im Riemenstaldnertal die Grenzen bereinigt. Dabei haben sich die Schwyzer verschiedene Nutzungsrechte im Urner Wald ausbedungen. Zwar wurden diese in späteren Vereinbarungen mehrmals bestätigt, nichtsdestotrotz schienen die Urner damit nie wirklich glücklich zu sein. Insbesondere als im 19. Jahrhundert die Wälder zunehmend stärker genutzt wurden, sorgte das Servitut für Unmut.

Mehrmals versuchten die Urner Behörden den «Riemerstaldnern» die Nutzungsrechte zu entziehen – jedoch vergeblich. 1845 musste gar ein eidgenössisches Schiedsgericht vermitteln. 1908 und 1915 stritten die Regierungsräte von Uri und Schwyz erneut bis vor Bundesgericht, nachdem die Korporation Uri Riemenstalden Bauholz für das neue Schul- und Pfrundhaus sowie der Oberallmeind-Korporation Schwyz für einen Stall auf der Alp Lidernden verweigert hatte. Da es für die Riemenstaldner damals – in Zeiten ohne Helikopter und Strassen – einfacher war, auf der Urner Talseite Holz zu schlagen, statt dieses aus dem Kanton Schwyz herbeizuschaffen, blieb alles beim Alten.

Die Abmachung von 1350 gilt bis heute. Daran wird auch unsere Projektgruppe nicht rütteln. Dass in der heutigen, schnelllebigen Zeit ein Vertrag aber auch nach 700 Jahren Gültigkeit hat, ist erstaunlich – selbst im Wald, wo über Jahrzehnte hinweg geplant wird.

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