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Weggis

Gericht muss nach brutalem Raubüberfall nochmals über die Bücher

Das Luzerner Kantonsgericht muss den Raubüberfall von 2010 in einem Weggiser Villenquartier noch einmal unter die Lupe nehmen. Einer der verurteilten Räuber ist zu Unrecht auch wegen räuberischer Erpressung verurteilt worden.
Blut am Badezimmerfenster.
Bild: Archivbild Geri Holdener
Die Villa wurde für die Spurensicherung abgesperrt.
Bild: Archivbild Geri Holdener
Der Fall hat ziemliches Aufsehen erregt. Ende Juli 2010 fuhren vier Männer zu einer Villa in Weggis, wo der damals knapp 60-jährige Schwiegervater eines Beteiligten wohnte. Mit einem Trick verschafften sie sich Zugang zum Gebäude. Der Schwiegersohn klingelte an der Haustür des späteren Opfers, eines Unternehmers, während sich die drei anderen Männer im Dunkeln versteckten.

Als der Villenbesitzer sah, dass sein Schwiegersohn vor der Tür stand, öffnete er. Unmittelbar darauf drangen die vier Männer, einer davon war mit einer Pistole mit Schalldämpfer bewaffnet, in die Villa ein. Sie überwältigten und fesselten den Villenbesitzer, bedrohten ihn und schlugen ihn ins Gesicht. Die Männer durchsuchten die Wohnung nach Wertsachen und Bargeld.

Im Visier hatten sie auch einen Darlehensvertrag, gemäss dem der Schwiegersohn dem Überfallenen 236 000 Franken schuldet, fanden ihn aber nicht. Schliesslich bedrohten die Männer den Villenbesitzer und liessen diesen einen Vertrag unterzeichnen, wonach er dem Schwiegersohn zwei Millionen Franken schulde. Die vier Männer verliessen daraufhin das Haus mit Wertgegenständen und Bargeld.

Schadenssumme: 268 000 Franken

Der Deliktsbetrag – Diebesgut und Sachschaden – belief sich auf 268 000 Franken. Das Opfer erlitt mehrere Prellungen mit stark blutenden Rissquetschwunden im Gesicht und am Kopf.

Das Luzerner Kantonsgericht verurteilte den Schwiegersohn im März 2016 in zweiter Instanz unter anderem wegen qualifizierten Raubes, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfachen Hausfriedensbruchs sowie räube­rischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten.

Das Bundesgericht hat diese Verurteilung nun weitgehend bestätigt. Insbesondere ist für die Lausanner Richter offensichtlich, dass der Schwiegersohn zusammen mit den Mittätern einen gefährlichen Raub begangen hat.

Hinsichtlich der Verurteilung wegen räuberischer Erpressung muss das Kantonsgericht aber noch einmal über die Bücher. Das Bundesgericht weist in seinem Urteil darauf hin, dass bei einer räuberischen Erpressung ein Vermögensschaden eintreten muss. Entgegen der Auffassung des Kantonsgerichts bewirkt eine unterschriebene Schuldanerkennung keine unmittelbare Vermögensverminderung.

Kommt hinzu, dass der Vorfall den Strafverfolgungsbehörden bekannt ist und eine gerichtliche Durchsetzung der Forderung damit faktisch ausgeschlossen ist. So schreiben die Bundesrichter in ihrem Urteil: «Ob das beurteilte Tatgeschehen allenfalls eine versuchte räuberische Erpressung darstellt, lässt sich aufgrund des insoweit unvollständigen Entscheids der Vorinstanz nicht abschliessend beurteilen.»

Das Kantonsgericht muss nun prüfen, ob der Schwiegersohn wegen versuchter räuberischer Erpressung zu verurteilen ist. Aufgrund «des insoweit unvollständigen Entscheids» des Kantonsgerichts war es dem Bundesgericht nicht möglich, in dieser Frage abschliessend Stellung zu nehmen.

Urs-Peter Inderbitzin
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