Silvia Camenzind
Im Jahr 2005 erlebte Myrtha Schilliger ihre letzte Fasnacht in Gersau. Darum freute sie sich dieses Jahr umso mehr, dass sie dabei sein konnte. Sie besuchte den 1. Fasnachtstag und den Fasnachtssamstag. Zwei ehemalige Schulkolleginnen nahmen sie am Samstag in der Gruppe Stubenhocker mit. «Das war einmalig. Wir waren eine durchmischte Gruppe, ich traf Leute, die ich schon lange nicht mehr gesehen hatte», erzählt die Gersauerin.
Myrtha Schilliger wuchs in Gersau auf und lebt seit über 13 Jahren in Kanada. Nun besuchte sie ihre Familie. «Es ist schön zurückzukommen», sagt Myrtha Schilliger. Ihr fällt auf, wie stark Gersau angewachsen ist. «Diese vielen neuen Häuser», sagt sie. Die Leute erlebt sie noch immer gleich freundlich wie eh und je. Noch immer fänden sie Zeit für einen Schwatz.
Dennoch bezeichnet Myrtha Schilliger das Tempo hier als ein anderes als in ihrer neuen Heimat Kanada, wo sie zusammen mit ihrem Lebenspartner Beat Kälin aus Einsiedeln ein Malergeschäft und eine Druckerei betreibt. Sie lebt in Dawson City, einem Ort mit 2000 Einwohnern im Territorium Yukon. Der Ort war im 19. Jahrhundert eine Goldgräberstadt und liegt am Ufer des Flusses Yukon. Von ihrem Zuhause aus sehen die Auswanderer über den Fluss hinweg hinüber nach Alaska. Die nächstgrössere Stadt, die Hauptstadt Whitehorse, liegt über 500 Kilometer südlich – so sind die Distanzen in Kanada.
Eine Familienfeier, ein 90. Geburtstag, führte die beiden dieses Mal in die Schweiz. Die Reise auch gleich noch mit der Fasnacht verbinden zu können, sei optimal, freut sich Myrtha Schilliger. Doch ihre Heimat ist die Goldgräberstadt, in der es im Winter bis zu minus 40 Grad kalt wird. Ihr Lebenspartner Beat Kälin hatte es zuerst in den Ferien in den wegen des Goldrausches bekannten Ort verschlagen. Da er sich eine Veränderung wünschte und es ihm gefiel, blieb er. Myrtha Schilliger folgte ihm mit einem Arbeitsvisum in der Tasche.
Was gefällt dem Paar in seiner neuen Heimat besonders? «Es ist der Lebensstil. Die in der Schweiz herrschende Hektik kennt man hier nicht», erklärt Myrtha Schilliger. Man sei weniger unter Druck, lasse sich viel mehr Zeit und schaue gut zueinander. Zudem hat sie einen familiären Kollegenkreis gefunden. «Das passt richtig.» Im Sommer schätzt die Gersauerin das Tageslicht von 24 Stunden. «Die Sonne gibt Kraft. Auch nach einem langen Arbeitstag kann man nach Feierabend noch zwei, drei Sonnenstunden geniessen.»
Und im Winter? Da hat Myrtha Schilliger schon Temperaturen von minus 40, 50 Grad erlebt. «Es war gerade minus 41 Grad, als wir in die Schweiz reisten», erklärt die Auswanderin. Dennoch schätzt sie den kanadischen Winter seiner trockenen Kälte wegen. Sie mag ihn lieber als das Unbeständige mit wechselnden Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit, das sie von der Schweiz her kennt. Durchschnittlich sei es im Winter minus 20 bis 25 Grad kalt. Dann heisse es Ohren und Hände gut schützen und sich in Schichten packen. Myrtha Schilliger bezeichnet die minus 20 Grad in Kanada gefühlte null Grad in der Schweiz.
Heute nun fliegen Myrtha Schilliger und Beat Kälin nach Kanada zurück. Ihr Ziel ist es, alle zwei, drei Jahre die Schweiz zu besuchen. Aber erst einmal gilt es, sich um das Geschäft zu kümmern. Im Winter bemalt das Paar die Wände im Innern der Häuser, und im Sommer kommen die Hausfassaden der Goldgräberstadt dran. Myrtha Schilliger hat übrigens auch schon Gold geschürft und gefunden. Aber für sie ist das ein touristisches Erlebnis, das man unternimmt, wenn Besuch kommt, zum Beispiel aus der alten Heimat.
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