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Einsiedeln/Bern

«Ich überlege mir ernsthaft den Rücktritt aus dem Gewerbeverband»

Der Einsiedler CVP-Nationalrat Alois Gmür übt heftige Kritik an der Führung des Schweizerischen Gewerbeverbandes. Nicht nur wegen der momentan laufenden No-Billag-Kampagne. Im «Bote»-Interview spricht Gmür Klartext.
Auf Konfrontationskurs mit dem Schweizerischen Gewerbeverband: Alois Gmür.
Bild: Jürg Auf der Maur, Bote der Urschweiz

Mit Alois Gmür sprach Jürg Auf der Maur

Auch wenn der Schwyzer Gewerbeverband Ihren Argumenten folgte und Nein zur No-Billag-Initiative sagte: Sie haben Ärger mit dem nationalen Gewerbeverband. Weshalb?
Weil die Politik des Schweizerischen Gewerbeverbandes nicht mehr konstruktiv, sondern auf Abbruch ausgerichtet ist. Jetzt zum Beispiel erneut bei der Billag-Debatte. Da werden demokratische Entscheide wie damals bei der RTVG-Abstimmung nicht mehr akzeptiert. Es wird gezwängelt wie bei den Kindern.

Ziehen Sie Konsequenzen?
Ich bin Mitglied der Gewerbekammer, des Parlamentes des sgv. Ich bin nicht der Einzige, der nicht mehr zufrieden ist. Ich überlege mir ernsthaft den Rücktritt aus dem Verband. Das machen auch verschiedene Branchenverbände. Es gibt viele, die nicht mehr zufrieden sind mit der Art und Weise, wie der Verband geleitet wird. Als CVP-ler werde ich komplett aussen vor gelassen, obwohl unsere Partei sehr viele gute Leute aus der Wirtschaft zählt.

Es ist ja nicht der erste Konflikt mit dem Gewerbeverband.
Letztlich geht es immer um das Gleiche. Es geht um die Art und Weise, wie die Reformbremse überall gezogen wird. Und ich bin einfach nicht einverstanden damit, wie viel Geld aus den Mitgliederbeiträgen in unsägliche Kampagnen wie die No-Billag-Kampagne gebuttert wird. Ich stelle die personelle Zusammensetzung an der Verbandsspitze infrage. Da muss man nun definitiv über die Bücher.

Sie fordern Rücktritte oder Wechsel an der Spitze?
Der Verband ist völlig auf FDP- und SVP-Linie. Obwohl beispielsweise in der Gewerbekammer immerhin ein Drittel für die Altersreform-Vorschläge von Bundesrat und Parlament waren, wurde mit vollen Rohren dagegen geschossen. Das andere Drittel wurde nicht einmal erwähnt. Bei der No-Billag-Abstimmung ist die Ausgangslage genau gleich. Auch hier wird ein Drittel der Mitglieder an die Wand gestellt und nicht mehr beachtet.

Ihnen wurde von der Verbandsspitze schon vorgeworfen, kein richtiger Gewerbler zu ein. Nehmen Sie nun Revanche?
Ich wurde damals unter Druck gesetzt. Es hiess, wer für das Radio- und TV-Gesetz sei, werde vom Gewerbeverband künftig nicht mehr unterstützt. Wer nicht spurt, kommt unter den Hammer. Das ist so.

Dass das Gewerbe aber mit dem RTVG- und den Billag-Gebühren kräftig an die Kasse kommt, lässt sich ja nicht von der Hand weisen.
In meinen Augen ist die Lösung aber gewerbefreundlich. 75 Prozent der Unternehmen bezahlen keine Billag-Gebühr mehr, 16 Prozent werden stärker zur Kasse gebeten. Dafür wird die Bevölkerung insgesamt entlastet. Das ist mir wichtiger. Es kann doch nicht sein, dass meine Mitarbeiter privat mehr zahlen müssen, weil das Gewerbe keine Gebühr zahlen will. In der Firma wird auch Schweizer Radio konsumiert, also ist der Betrieb in der Pflicht. Das ist doch logisch. 

Immerhin 16 Prozent der Unternehmen zahlen aber massiv mehr.
Die können sich das aber leisten. Das ist doch ein reines Gejammer. Im Übrigen handelt es sich weniger um Unternehmen, die dem Gewerbeverband angeschlossen sind, sondern mehr um grössere, teilweise internationale Firmen und Konzerne. Die sind Mitglieder im Wirtschaftsdachverband economiesuisse. Und dieser Verband ist gegen die No-Billag-Initiative.

Sie selber können gut reden. Was müssten Sie neu für eine Billag-Gebühr bezahlen?
Ich habe es ausgerechnet. Die Brauerei Rosengarten würden mit rund 2480 Franken pro Jahr belastet. Wenn wir das nicht mehr bezahlen könnten, hätten wir ein grosses Problem. Aber so ist es ja nicht. Wie gesagt, da sorgt der sgv für ein grosses Gejammer. Das ist völliger Verhältnisblödsinn. In meinem Betrieb läuft von morgen bis abends im Lager das Radio, oder die Lastwagenchauffeure werden auf Staus aufmerksam gemacht und finden so schnellere und günstigere Routen. Wo ist also das Problem? Die Firmen haben ihren Gebührenanteil auch zu bezahlen.

Haben Sie keine Angst, im Kanton Schwyz nicht mehr gewählt zu werden, wenn Sie den Gewerbeverband derart heftig angreifen?
Ich habe das Gefühl, dass das für mich nicht ausschlaggebend ist. Es wäre ja auch ein Armutszeugnis, wenn man mich als Politiker so unter Druck setzen würde und könnte. Nein, dieses Risiko nehme ich gerne in Kauf. Ich weiss auch, dass ich nicht der Einzige bin.

Treten Sie denn 2019 überhaupt nochmals an? Sonst könnte es Ihnen ja wirklich egal sein, wie gewerbefreundlich Sie vom Verband taxiert werden.
Ich werde nochmals antreten, keine Frage. Ich war nun auch an der Winterkonferenz des Gewerbeverbandes Podiumsteilnehmer. Ich habe intern schon mehrmals deutsch und deutlich gesagt, was ich vom jetzigen Kurs und der Verbandsführung halte. Für mich ist die No-Billag-Vorlage kein Gewerbethema. Aber die Verbandsspitze spielt es hoch, als ob es existenzbedrohend für das Schweizer Gewerbe wäre. Absurd.

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