Schwingen

«Würde wieder gleichen Weg einschlagen»

Philipp Laimbacher, einer der besten Innerschweizer Schwinger in der Geschichte, beendet verletzungsbedingt seine Karriere. Ein Interview mit dem 35-Jährigen über Ruhm, Wehmut, Erleichterung und den Blick nach vorn.
Philipp Laimbacher zu Hause ob Schwyz. Aufgrund der Schulteroperation trägt er immer noch eine Bandage.
Foto: Franz Steinegger, Bote der Urschweiz

Mit Philipp Laimbacher sprach Simon Gerber

Philipp Laimbacher, Sie wurden am 30. Oktober in der Andreas-Klinik in Cham an der linken  Schulter operiert. Wie geht es Ihnen?
Es geht mir den Umständen entsprechend gut. Der Heilungsprozess verläuft nach Plan. Es braucht von mir nun sehr viel Geduld. Sechs Wochen lang bin ich mit meinen Bewegungen am Arm stark eingeschränkt.

Hat Sie die Verletzung jetzt auch zum Rücktritt gezwungen?
Es war ein längerer Prozess. Nach den vielen Verletzungen hatte ich mich schon seit geraumer Zeit  mit dem Rücktritt befasst. Nach einer erfolgreichen Knieoperation 2016 hatte ich für dieses Jahr noch zwei Ziele: Teilnahme am Unspunnen-Schwingfest und der Gewinn des 100. Kranzes. Die gravierende Schulterverletzung am Innerschweizer Schwingfest Anfang Juli durchkreuzte jedoch diesen Plan. Durch die notwendig gewordene Operation war für mich der Rücktritt innerlich schon klar.

Sie sind jetzt schon mehrmals auf den Hunderter-Klub angesprochen worden. Ein Schwinger Ihrer Klasse hätte vielleicht mit noch wenig Aufwand nächste Saison um Kränze kämpfen können. War Weitermachen mit weniger Aufwand für Sie keine Option?
Im Schwingsport wird man am Namen gemessen und nicht am Alter oder den Verletzungen. Die Anforderungen sind heute an einen Athleten extrem hoch, was eine hundertprozentige Leistung erfordert. Nur ohne Verletzung wäre es für mich eine Option gewesen, die vier fehlenden Kränze noch zu gewinnen.

Spüren Sie Wehmut für Ihren Entscheid oder Erleichterung?
Wenn ich ehrlich bin, beides. Während den letzten 25 Jahren war ich mit Leib und Seele Schwinger und habe extrem für diesen Sport gelebt. Ich sagte mir immer wieder: ja nie mit einer Verletzung die Karriere beenden. Genau das ist nun eingetroffen, und das tut schon sehr weh. Viel lieber hätte ich mich an einem Fest von der sportlichen Bühne verabschiedet. Ich bin aber auch erleichtert, dass nun viel Druck von mir abfällt und ich meinem strapazierten Körper die nötige Ruhe gönnen kann. 

Sie haben eine ruhmreiche Karriere hingelegt. Was war Ihr persönliches Highlight, wenn Sie eines herauspicken müssten?
Das Eidgenössischen Schwingfest 2004 in Luzern. Damals wurde ich gar als Geheimtipp gehandelt, was mich ehrte. Als 21-jähriger Jungspund spürte ich keinen grossen Druck und kämpfte frisch von der Leber weg. Mit einem sehr guten Notenblatt war ich hinter dem Schwingerkönig Jörg Abderhalden auf dem zweiten Platz klassiert. Diese Leistung war der Startschuss an die absolute Spitze.

Welcher Gang ist Ihnen in bester Erinnerung?
Der Triumph über den Schwingerkönig Arnold Forrer bei meiner ersten Teilnahme  am Heimfest auf dem Stoos 2002. Als 20-Jähriger war dies für mich ein eindrückliches Erfolgserlebnis, das ich nie vergessen werde.

Welche Niederlage bereuen Sie am Meisten?
Das verlorene Schlussgangduell am Kilchberger-Schwinget 2014 gegen den Schwingerkönig Matthias Sempach. Ich war damals topfit und sah meine grosse Chance, einmal einen eidgenössischen Wettkampf zu gewinnen. Der Berner erwischte mich indes  eiskalt. Es ging lange, bis ich diese Niederlage verdaut und verarbeitet hatte.

Gab es ein Ereignis, das Sie besonders beeindruckt hat?
Eine Sternstunde erlebte ich zusammen mit meinen beiden Brüdern Adi und Ivo am Eidgenössischen Schwingfest 2010 in Frauenfeld. Alle drei wurden mit dem Kranz gekrönt. Drei Jahre später in Burgdorf doppelten wir gleich nach. Das hat es in der Schwingsportgeschichte noch nie gegeben.

Rückblickend auf Ihre Karriere. Würden Sie etwas anders machen, wenn Sie könnten?
Ich würde wieder genau den gleichen Weg einschlagen. Als junger Wilder geht man unbeschwert an die gestellten Aufgaben heran und schaut mal, was raus kommt. Mit der Zeit kommen die Ruhe und Routine dazu, was auch ein grosser Vorteil ist.

Wer oder was hat Ihnen geholfen, so erfolgreich zu sein?
Meine wichtigsten Mentoren waren der frühere Spitzenkönner Geni Hasler und der Masseur Adolf Speck. Dazu hatte ich ein optimales Umfeld in der Familie mit den beiden ebenfalls erfolgreichen Brüdern Adi und Ivo. Wir spornten uns immer wieder gegenseitig zu Höchstleistungen an. Ihnen und allen Fans bin ich für die grossartige Unterstützung sehr dankbar.

Sie haben bei Ihrem Rücktritt erwähnt, dass das Schwingen eine gute Lebensschule für Sie war. Wie meinen Sie das genau?
Das Schwingen ist geprägt von gegenseitigem Respekt, Fairness und Kameradschaft. Es geht darum, seine Stärken zu nutzen und an Defiziten zu arbeiten. Man lernt, wie es ist, wenn man gewinnt und muss akzeptieren, dass auch Verlieren dazu gehört. Das sind Werte, die auch im aussersportlichen Leben gefragt sind.

Sie werden jetzt wohl mehr Zeit haben. Auf was freuen Sie sich am meisten?
Viel Zeit mit meiner Freundin zu verbringen. Sie musste in der Vergangenheit oft hinten anstehen. Dazu möchte ich die Kontakte zu meinen Kollegen wieder intensivieren und auch einmal an einem Samstagabend in den Ausgang gehen. Wandern, Skifahren, Biken und Töfffahren stehen ebenfalls auf meiner Freizeitliste.

Wird man Sie an den Schwingfesten als Zuschauer antreffen?
Auf Schwingfeste werde ich auch in Zukunft nicht verzichten, sei es als Zuschauer oder als Helfer an einem von unserem Klub organisierten Schwingfest auf dem Stoos oder am Frühjahrsschwinget in Ibach.

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