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Damit das Dorf lebt, braucht es alle

«Ich finde es einfach nicht richtig, dass meine Tochter in Schindellegi keine bezahlbare Wohnung mehr findet, weil die Flüchtlinge allen günstigen Wohnraum besetzen», so sagte mir eine empörte Mutter am Telefon. «Wir sind jetzt weggezogen, weil wir uns Schindellegi nicht mehr leisten können. Dabei bin ich dort aufgewachsen!»

Auch wenn weder die Mutter noch die Tochter in eine der vielen der Wohnungen, die Flüchtlinge bewohnen, einziehen würden (da bin ich mir sicher), so sind durchaus ein paar gute Wohnungen im preiswerten Segment nicht mehr verfügbar, weil Gemeinden dort Flüchtlinge unterbringen. Das ist so, und das muss man auch nicht wegreden. Aber die Anzahl solcher Wohnungen macht den Braten nicht fett. Das Problem ist, dass es einfach sehr wenig guten und preiswerten Wohnraum gibt.

Es ist ja nicht so, dass nicht gebaut wird. Wer heute im Talkessel oder am Ende des Zürichsees oder in der Kantonsmitte spazieren geht, sieht immer wieder die Pfähle, die einen Neubau oder eine neue Überbauung ankündigen. Dabei ist nicht selten nebendran ein Neubau, der noch gar nicht abgeschlossen ist. Doch für wen wird hier gebaut? Und wie? Wer soll darin wohnen? Und wie soll es auf das Dorf wirken?

Als Bürgerliche sehe ich Eingriffe in wirtschaftliche Belange eher kritisch. Die Politik braucht es jedoch dann, wenn ein Korrektiv nötig ist. Wenn Wirtschaft und Gesellschaft auseinanderdriften. Die Franzosen sagen, dass es alle braucht, um eine Welt zu machen. Und vielleicht sollten wir uns fragen, wie unsere Gemeinde in zwanzig Jahren aussehen soll. Sind es wirklich nur Gewinnoptimierung, Steuersenkungen und Wohnraum für Vermögende, die das Bild der Zukunftsgemeinde bestimmen sollen? Wie wichtig sind uns Traditionen und das Vereinsleben? Welchen Platz sollen sie noch einnehmen? Wie wichtig ist es uns Stimmbürgern, dass unsere Kinder – und wir selber auch – hierbleiben und der Gemeinde und dem Kanton ein Herz und eine Seele geben können?

Ich lasse mir gerne vorwerfen, ich sei eine «Talkessel-Romantikerin», aber wenn ich bei Biberbrugg Richtung Ausserschwyz fahre, dann wirken diese ehemals kleinen, heimeligen Dörfer wie begraben unter Beton. Wo ist das Herz, der Dorfkern von Schindellegi, Pfäffikon oder Freienbach? Ich habe ihn nicht gefunden, aber ich lasse mich noch viel lieber eines Besseren belehren.

Ich möchte daher mit diesem einfachen Beitrag anregen, dass man sich in der Gemeinde fragt: Was können wir tun, und welche Rahmenbedingungen braucht es, damit unser Lebensraum auch in zwanzig Jahren so ist, wie wir das wünschen und wollen?

Für mich wären das Fragen wie: Was braucht es, damit bei allem Wandel, der unaufhaltbar ist, Schwyzer Traditionen und Brauchtum auch künftig ihren Raum hier finden und unsere Gesellschaft prägen? Traditionen und Brauchtum sind die Seele eines Ortes. Man stelle sich nur Basel ohne Fasnacht vor, Küssnacht ohne Klausjagen, Muotathal ohne Echo vom Schattenhalb … geht gar nicht. Und nur reicher Vorort von Zürich zu sein, geht doch auch nicht.

Damit wir das, was uns wichtig und teuer ist, auch bewahren können, müssen wir rechtzeitig Strategien entwickeln und, ja, uns das was kosten lassen.

Wohnstrategien, die sich an gesellschaftlichen Fragen und Anforderungen orientieren, werden immer häufiger umgesetzt. Auch im Kanton Schwyz, so zum Beispiel in Immensee mit der SMB-Überbauung. Solche ganzheitlichen Wohnstrategien sind kommunal zu fördern, denn sie ermöglichen ein gemeinschaftliches Wohnen, das alle Generationen berücksichtigen kann. Ein Ort, wo auch jene, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, ihren Platz haben. Eben für alle. Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es Frauen ermöglicht, Familie und Arbeit unter einen Hut zu bringen. Dies wiederum ist attraktiv für klein- und mittelständisches Gewerbe, weil sie leichter Arbeitskräfte finden. Und die Jungen müssten wiederum nicht dem erschwinglichen Wohnraum oder der Kinderkrippe nachziehen, sondern sie können im Ort bleiben und einen aktiven Anteil am gesellschaftlichen Leben haben.

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