
Was macht Guy Parmelin in Washington?
Der Schweizer Wirtschaftsminister Guy Parmelin ist zusammen mit Helene Budliger Artieda, Chefin des Staatssekretariats für Wirtschaft, nach Washington gereist. Sie werden heute den US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer treffen, wie ein Departementssprecher gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Laut SRF-Informationen haben Parmelin und Budliger am Mittwochabend einen internen Personalanlass in Bern frühzeitig verlassen, um in die USA zu reisen. Vor ihrem Flug nach Washington hätten sie sich «recht optimistisch» gezeigt.
Die Reise findet statt, nachdem Donald Trump zuletzt mögliche Zollsenkungen für die Schweiz signalisiert hatte. Am Montag sagte er auf die Frage eines Journalisten: «Wir arbeiten an einem Deal, um die Strafzölle ein bisschen zu senken.» Und weiter: «Wir haben sie hart getroffen – aber wir wollen, dass die Schweiz erfolgreich bleibt.» Der amerikanische Präsident nannte unser Land einmal mehr «wunderbar» und einen «guten Verbündeten».
Was ist das Ziel der Schweiz?
Für heute Donnerstag sind Gespräche mit dem US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer geplant. Nicht vorgesehen ist, dass es dort bereits zu einer Unterzeichnung einer Absichtserklärung kommt. Das berichtete das Westschweizer Radio RTS. Der Departementssprecher von Guy Parmelin habe dem Radio am Mittwochabend mitgeteilt, in Washington seien am Donnerstag Gespräche, aber noch keine Unterschrift geplant.
Greer hat von Trump den Auftrag, eine Lösung mit der Schweiz zu finden. Seit dem 1. August belegen die USA Einfuhren aus der Schweiz mit einem zusätzlichen Strafzoll von 39 Prozent. Für Güter aus der EU gilt ein tieferer Satz von 15 Prozent. Das grosse Ziel der Schweiz ist es daher, zumindest den Zollnachteil gegenüber den europäischen Nachbarn zu beseitigen. Besonders hart treffen die 39-Prozent-Zölle die Uhren- und die Maschinenindustrie sowie Hersteller von Präzisionswerkzeugen.
Zu welchen Konzessionen ist die Schweiz bereit?
Offen ist, was die Schweiz den USA genau angeboten hat, um die Senkung des Strafzolls zu erreichen. Durchgesickert, aber unbestätigt, sind Konzessionen beim Marktzugang für gewisse Agrarprodukte, der Kauf von Flüssiggas und eventuell Rüstungsgüter – sowie Investitionsversprechen von privaten Unternehmen. Ebenso könnte sich die Schweiz bereit erklären, den Import von Chlorhühnern zu erlauben. Aktuell dürfen amerikanische Poulets, die nach der Schlachtung in einem Chlorbad landen, hierzulande nicht eingeführt werden.
Am letzten Wochenende wurde zudem eine neue Forderung aus Amerika publik: Gemäss Medienberichten soll die US-Regierung verlangen, dass sich die Schweiz künftig dem amerikanischen Sanktionsregime anschliesst – eine Forderung, die jedoch in der Schweizer Politik sogleich von links bis rechts Widerstand provozierte.
Klar ist allemal: Derzeit spricht der Bund mit den USA über eine Absichtserklärung, mit dem Ziel, dass Trump die Zölle für die Schweizer Importe rasch senkt. Erst danach würden aber die Verhandlungen über ein rechtlich verbindliches Abkommen beginnen. Käme dieses zustande, müsste es wiederum vom Parlament genehmigt werden.
Sind die Schweizer Milliardäre für den möglichen Durchbruch verantwortlich?
Letzten Woche war eine Schweizer Wirtschaftsdelegation im Oval Office bei Donald Trump zu Gast. Dazu gehörte unter anderem Partners Group-Mitgründer Alfred Gantner. Wie wichtig war dieses Treffen der Milliardäre mit Trump?
Zu hören ist, dass das Treffen vor allem in zweierlei Hinsicht wichtig war. Erstens bekam dadurch das Dossier «Schweiz» bei Trump wieder mehr Aufmerksamkeit.
Zweitens beauftragte der US-Präsident danach seinen Handelsbeauftragen Jamieson Greer, eine Lösung mit der Schweiz zu finden. Zuvor war für die Schweizer Verhandlungsdelegation nicht klar, wer genau verantwortlich ist. Handelsminister Howard Lutnick oder Finanzminister Scott Bessent, die in einem Konkurrenzverhältnis stehen sollen? Oder eben der Handelsbeauftragte Greer? Diese Frage hatte Trump nach dem Treffen geklärt. Als direkte Folge konnte danach Wirtschaftsminister Guy Parmelin mit Greer sprechen. Auf Twitter lobte der Bundesrat danach die neue Dynamik und bedankte sich bei Trump.
Weshalb ist man in Bern nur vorsichtig zuversichtlich?
An einen Deal glaubt man in Bern erst, wenn auch Trump seinen Segen gegeben hat. Den gleichen Fehler wie im Sommer will man nicht mehr machen. Damals herrschte Zuversicht, dass die Schweiz gar einen tieferen Zollsatz als die EU bekommt – von 10 Prozent war die Rede.
Eine entsprechende Absichtserklärung war ausgehandelt – inklusive Zustimmung zweier Minister. Doch Trump wollte davon nichts wissen. Er liess bei einem Telefonat Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter auflaufen und verhängte einen Zollsatz von 39 Prozent.

