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Politik

Wechsel aus der Armee in den Zivildienst: Parlament will schärfere Regeln für «Abschleicher»

Armeeangehörige, die in den Zivildienst wechseln wollen, müssen künftig mehr Diensttage absolvieren. Das hat die bürgerliche Parlamentsmehrheit beschlossen. Das letzte Wort dürfte das Volk haben.
Parlament will schärfere Regeln: Ein Zivildienstleistender in einer Schule in Kehrsatz.
Bild: Christian Beutler/Keystone

Für Armeeangehörige, die nach Absolvieren eines Teils ihrer Diensttage in den Zivildienst wechseln wollen, sollen zukünftig strengere Regeln gelten. Nach dem Nationalrat hat am Mittwoch auch der Ständerat mit 29 zu 11 Stimmen einer entsprechenden Änderung des Zivildienstgesetzes zugestimmt. In einem ersten Anlauf war das Anliegen im Sommer 2020 am knappen Nein des Nationalrats noch gescheitert.

Der Zivildienst wurde 1992 per Volksentscheid eingeführt für Personen, die Militärdienst nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können. Eine Wahlfreiheit zwischen den beiden Diensten besteht jedoch nicht.

Bis 2009 erfolgte die Zulassung zum Zivildienst erst nach einer Überprüfung des Gewissenskonflikts. Seither gilt der sogenannte Tatbeweis: Wer bereit ist, im Vergleich zum Militärdienst einen 1,5-mal längeren zivilen Ersatzdienst zu leisten, wird zum Zivildienst zugelassen. Danach ist die Anzahl der Zulassungen zum Zivildienst stark angestiegen – insbesondere auch von Armeeangehörigen, die bereits die Rekrutenschule oder sogar einen oder mehrere Wiederholungskurse absolviert haben.

«Nicht gerecht» gegenüber Militärdienstleistenden

Dieser Entwicklung will das Parlament nun Einhalt gebieten, auch mit Blick auf das Alimentierungsproblem beim Armeebestand. Es hat sechs vom Bundesrat vorgeschlagene Massnahmen angenommen. Neu sollen etwa Armeeangehörige, die in den Zivildienst wechseln, künftig mindestens 150 Diensttage absolvieren müssen -unabhängig von der verbleibenden Anzahl Diensttage. Offiziere und Unteroffiziere sollen zudem auch das 1,5-fache ihrer verbleibenden Diensttage absolvieren müssen. Bisher galt für ein Faktor von 1,1 für diese Dienstgrade.

Um den Dienstrhythmus jenem der Armee anzugleichen, sollen Zivildienstleistende künftig jährlich mindestens einen Einsatz leisten müssen. Wer vor Abschluss der Rekrutenschule zum Zivildienst zugelassen wird, der muss seinen langen Zivildiensteinsatz von 180 Tagen spätestens im folgenden Kalenderjahr absolvieren.

Der Zivildienst sei entgegen seiner ursprünglichen Konzeption zu einem Massenphänomen geworden, sagte Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger (LU) namens der Befürworter. In der Mehrheit seien es heute nicht Gewissenskonflikte, sondern andere Gründe - «Arbeit, Studium, persönliche Lebensidee» - die zum Entscheid für den Zivildienst führten. Dieser dauere zwar länger als der Militärdienst, doch profitierten Zivildienstleistende von vielen Vorteilen: «Dies ist gegenüber den jungen Menschen, die nach wie vor bereit sind, Militärdienst zu leisten, nicht gerecht.»

«Ideologisch motivierter Kreuzzug»

Franziska Roth (SP/SO) nannte das von den Befürwortern angeführte Alimentierungsproblem der Armee «bestenfalls eine frei erfundene Legende, schlimmstenfalls einen mutwillig herbeigeführten Sachzwang». Sie vermutete «einen ideologisch motivierten Kreuzzug gegen den Zivildienst».  Es brauche eine ausgewogene Revision, die das Dienstpflichtsystem als Ganzes stärke. Mit der jetzigen Änderung würden hingegen einfach mehr Armeeangehörige den «blauen Weg» der medizinischen Ausmusterung wählen, warnte Roth.

Das letzte Wort dürfte das Volk haben: die Jungen Grünen und der Zivildienstverband Civiva haben bereits das Referendum angekündigt.

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