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Geldpolitik

Überraschung: Die Nationalbank belässt den Leitzins bei 1,75 Prozent – Jordan: «Kampf gegen Inflation ist nicht vorbei»

Die Schweizerische Nationalbank erhöht den Leitzins nicht wie erwartet. Anders als die Europäische Zentralbank dreht die SNB damit nicht weiter an der Zinsschraube. Zuvor hatte es in der Schweiz fünf Erhöhungen in Folge gegeben.
Thomas Jordan, Direktor der Schweizerischen Nationalbank, verfolgt seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine eine straffe Geldpolitik.
Bild: Keystone

Die Schweizerischen Nationalbank (SNB) belässt den Leitzins bei 1,75 Prozent. Das teilte die SNB anlässlich der vierteljährlichen geldpolitischen Lagebeurteilung vom Donnerstag mit. Eine Erhöhung wäre die sechste in Folge gewesen seit dem Juni des vergangenen Jahres. Davor hatte der Leitzins jahrelang im negativen Bereich gelegen – zuletzt bei -0,75 Prozent.

Der Entscheid vom Donnerstag kommt unerwartet. Die meisten Ökonomen waren im Vorfeld davon ausgegangen, dass die Schweizer Währungshüter den Leitzins auf 2 Prozent erhöhen würden. Allerdings gab es durchaus auch Stimmen, die damit gerechnet haben, dass SNB-Direktor Thomas Jordan den Leitzins bei 1,75 Prozent belassen wird.

SNB ist bereit, am Devisenmarkt einzugreifen

Mit den vorangehenden Erhöhungen des Leitzinses wollte die Nationalbank jeweils dem gestiegenen Inflationsdruck entgegenwirken. Dieser hatte als Folge der Coronapandemie und des Ukraine-Kriegs zugenommen.

«Die über die letzten Quartale deutlich gestraffte Geldpolitik wirkt dem immer noch vorhandenen Inflationsdruck entgegen», schreibt die SNB in einer Mitteilung. Es könne aber aus heutiger Sicht nicht ausgeschlossen werden, «dass eine weitere Straffung der Geldpolitik nötig werden könnte.»

Auf eine Anfrage an der Pressekonferenz hin, ergänzte Jordan: «Der Kampf gegen die Inflation ist noch nicht vorbei.» Es gebe immer noch Inflationsdruck in der Schweiz, und man wisse nicht, ob dieser wieder zunehmen werde. Die Unsicherheit sei diesbezüglich ziemlich gross. «Wir werden weiter genau hinschauen und dann im Dezember an der nächsten geldpolitischen Lagebeurteilung wieder entscheiden.» Womöglich ist die nächste Zinserhöhung also nur herausgeschoben.

Dabei zeigt sich die SNB auch bereit, «bei Bedarf am Devisenmarkt aktiv zu sein» um« für angemessene monetäre Bedingungen zu sorgen», so die Nationalbank. Zuletzt war die Schweizer Währungshüterin während der Coronapandemie äusserst aktiv gewesen am Devisenmarkt.

Die EZB hat den Leitzins eben erhöht

Zu einer ganz anderen Einschätzung der Lage war zuletzt die Europäische Zentralbank (EZB) gekommen. Bereits vergangene Woche hatte diese ihren Leitzins erhöht. Im Euroraum liegt dieser nun bei 4,50 Prozent. Es war dies die insgesamt zehnte Erhöhung der Leitzinsen der EZB in Folge. Mehrere Vertreter von Notenbanken aus europäischen Ländern äusserten sich bei der Bekanntgabe dahingehend, dass mit dieser neuerlichen Erhöhung das Zinsplateau erreicht sein dürfte.

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) dagegen beliess am Mittwoch den Leitzins wie die Schweizerische Nationalbank unverändert – allerdings auf hohem Niveau. Er liegt weiterhin in der Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent.

Die neue Wirtschaftsprognose der Fed deutet allerdings darauf hin, dass in diesem Jahr noch eine weitere Zinserhöhung anstehen könnte und die Zinsen auch im kommenden Jahr höher sein könnten als zuvor erwartet. Die Fed hatte den Leitzins seit März 2022 elf Mal angehoben - zuletzt im Juli um 0,25 Prozentpunkte.

Gut für Sparer, schlecht für den Immobilienmarkt

Mit Zinserhöhungen versuchen die Zentralbanken, die Inflation abzubremsen. Gleichzeitig könnten die höheren Leitzinse aber selbst wirtschaftliche Probleme verursachen: In der Schweiz etwa könnte der Wert von Immobilien einbrechen und die Hypothekarzinsen für Hausbesitzer stark ansteigen.

Sparerinnen und Sparer dagegen profitieren von erhöhten Leitzinsen: Die Banken passen oftmals ihre Zinssätze auf Spar- und Vorsorgekonten ebenfalls nach oben an. (Mit Material der DPA)