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Arbeit: Qual oder Freude?

«Wir sind nicht bereit, bis zum Burn-out zu arbeiten»: Generationen prallen beim Thema Arbeit in der «Arena» aufeinander

In der «Arena» stand plötzlich eine Frage im Mittelpunkt: «Ist die Arbeit eine Qual, oder bereitet sie Freude?» Diese führte zum Generationenkonflikt zwischen der 19-jährigen Studentin Magdalena Erni und Arbeitgeberverband-Boss Valentin Vogt. Bis sich am Schluss SVP und SP einig sind.

Arbeiten die Schweizerinnen und Schweizer, um zu leben, oder leben sie, um zu arbeiten? Diese und andere Grundsatzfragen bezüglich der Schweizer Arbeitswelt haben die «Arena»-Gäste diskutiert. Doch auch über die Pension, also das Leben nach der Lohnarbeit, und die damit einhergehende Problematik der Rentenfinanzierung debattierten die Gäste.

Die Gästerunde, welche diesen umfangreichen Themenkatalog diskutiert hat, wurde passend gewählt, denn sie war ebenso divers wie ihre Standpunkte. Die jüngste Diskussionsteilnehmerin war die 19-jährige Studentin Magdalena Erni, Co-Präsidentin Junge Grüne, und der älteste war der 71-jährige SP-Ständerat Hans Stöckli, welcher stolz verkündete, dass er sehr gern arbeiten würde und dies sicher auch noch ein paar Jahre länger tun würde.

Hans Stöckli, SP-Ständerat.
Bild: SRF

Valentin Vogt, Präsident Schweizerischer Arbeitgeberverband SAV

Gabriela Medici, Zentralsekretärin Sozialversicherungen Schweizerischer Gewerkschaftsbund SGB

Diana Gutjahr, Nationalrätin SVP

Marc Rüdisüli, Präsident Junge Mitte

Während der Diskussion appellierte Stöckli an die jungen Gäste im Publikum und sagte ihnen, dass sie sich an Konfuzius orientieren müssten und sich unbedingt einen Job suchen sollten, der ihnen gefalle. Denn so müssten sie nicht mehr «schaffen», sondern seien freudig bei der Arbeit. Er konkludierte: «Ich denke, das ist das Schweizer Volk. Schweizer sind alle Konfuzianer.»

Er fügte an, dass er nicht wisse, warum auf der Teilzeitarbeit herumgehackt würde, diese sei vor allem für Mütter von Vorteil und erlaube ihnen, sich besser in die Arbeitswelt zu integrieren.

«Schweizer sind alle Konfuzianer»

Stöckli war in diesem Moment wohl nicht bewusst, dass er mit seinen Worten eine neue Leitfrage in die Sendung brachte: Arbeiten die Schweizerinnen und Schweizer gerne oder ist ihnen die Arbeit eine Qual?

Erni stimmte Stöckli zu und erklärte, dass sie die Teilzeitarbeit als sehr wichtig erachte. Denn Freizeit bedeute nicht, dass man während dieser Zeit «frei» hätte, sondern man würde Betreuungsarbeit leisten oder den Haushalt erledigen.

Sie stellte die psychische Gesundheit der Arbeitnehmenden ins Zentrum ihrer Argumentation: «Es geht darum, dass man sagt: ‹Ich bin nicht mehr bereit, bis zum Burn-out zu arbeiten. Ich setze eine Priorität bei meiner psychischen Gesundheit. Und ich nehme deswegen auch Lohn- und Renteneinbussen in Kauf.›»

«Ich bin nicht mehr bereit, bis zum Burn-out zu arbeiten»

Im ersten Moment pflichtete Valentin Vogt, der Präsident Schweizerischer Arbeitgeberverband, Erni bei und sagte, dass die Teilzeitarbeit wichtig sei und er damit kein Problem habe.

Valentin Vogt, der Präsident Schweizerischer Arbeitgeberverband.
Bild: SRF

Doch dann sagte Vogt plötzlich: «Wenn ich dieser Diskussion zuhöre, habe ich das Gefühl, dass die Arbeit eine Strafe sei. Man verdient zu wenig, es ist anstrengend, man bekommt ein Burn-out und und und.»

Dann erklärte er seine Sicht: «Arbeit motiviert, sie gibt Strukturen, sie gibt Bekanntschaften, mit der Arbeit kann man sich weiterentwickeln. Herr Stöckli hat es gesagt, wir definieren uns in diesem Land zu einem grossen Teil über die Arbeit.»

«Arbeit motiviert, sie gibt Strukturen, sie gibt Bekanntschaften»

Und da war er: der Generationenkonflikt.

Während Vogt sprach, nickte Erni zwar, ihr Gesichtsausdruck liess aber erahnen, dass ihr die Worte von Vogt missfielen.

Die 19-jährige Studentin Magdalena Erni, Co-Präsidentin Junge Grüne.
Bild: SRF

Sie konterte: «Ich würde auf gar keinen Fall sagen, dass wir nicht gerne arbeiten. Aber ehrlich gesagt, ist es die Aufgabe der Arbeitgebenden, möglichst attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen.» Beispielsweise müsse die Kinderbetreuung flächendeckender angeboten werden, damit Eltern überhaupt arbeiten könnten. Dies müsste dann aber die Politik regeln, sagte Erni.

«Es ist die Aufgabe der Arbeitgebenden, attraktive Bedingungen zu schaffen»

Die Frage, ob die Menschen in der Schweiz gerne arbeiten, oder nicht, war nach der Interaktion zwischen Erni und Vogt noch nicht vom Tisch. SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr brachte das Thema nochmals auf.

SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr.
Bild: SRF

Sie sagte: «Mir kommt es in der Diskussion so vor, als ob Arbeit etwas Böses, etwas Schlechtes sei und man so schnell als möglich aus dem Arbeitsprozess wolle. Ich erlebe in unserem Unternehmen genau das Gegenteil: Die Leute, die das Rentenalter erreichen, sagen mir: ‹Ich weiss gar nicht, was ich nachher machen soll. Darf ich noch bleiben?›»

Gutjahr und Stöckli sind sich einig

Stöckli, der eigentlich schon längst in Pension könnte, aber noch immer arbeitet, stimmte ihr nickend zu. Gutjahr zeigte mit dem Finger in seine Richtung und sagte: «Wir haben hier ja ein gutes Beispiel.» Beide lächelten. Ein Moment von Verständnis und Zustimmung zwischen der SVP-Nationalrätin Gutjahr und dem SP-Ständerat Stöckli.

In der «Arena» zum Thema Arbeit fanden die linke und die rechte Seite doch einen Konsens, denn die Liebe zur Arbeit verbindet sie. Wie Stöckli sagte: «Schweizer sind alle Konfuzianer.»