Ein Kampf der Kulturen tobte 2007 bei Swissmetal. Hier die Belegschaft des Werks Boillat im bernjurassischen Reconvilier, dort der Verwaltungsrat der aus dem Werk in Dornach, Boillat und der Thuner Selve entstandenen Swissmetal. Hier Schulklassen, die den Streik der Boillats mit Zeichnungen unterstützten, der von einem FDP-Präsidenten geführte Gemeinderat, der 500Franken in die Streikkasse spendete, und die Unternehmer-Gattinnen, die mit ihren Autos die Lastwagen aus Dornach blockierten, die in der bestreikten Boillat Material holen sollten.
Martin Hellwegs Pyrrhussieg
Und dort Konzernchef Martin Hellweg, der aus Deutschland als Sanierer angeheuert worden war. Hier die Idee, Swissmetal als föderalistisches Konglomerat zu führen, dort Hellwegs Absicht, aus Swissmetal einen zentral geführten Konzern zu formen. Hier helvetische Sozialpartnerschaft, dort das Ziel, die Eigenkapitalrendite zugunsten der Shareholder zu steigern. «Mit einem Patron vom Schlag des Swissmem-Chefs Johann Schneider-Ammann» – heute Bundesrat – «wäre es wohl nie zum Streik gekommen», kommentierte damals ein Unia-Sprecher.
Der damalige Volkswirtschaftsminister Joseph Deiss setzte den Unternehmer Rolf Bloch im Streit um die richtige Industriestrategie als Mediator ein. Dieser holte den ehemaligen Direktor der Papierfabrik Biberist als Experten. Vergebens: Hellweg kaufte ein Werk im deutschen Lüdenscheid, um den streikbedingten Produktionsausfall in Reconvilier aufzufangen, stieg aus der Mediation aus und zog seine Strategie durch: Die Giesserei wurde von Reconvilier nach Dornach verlegt, wo auch eine neue Presse installiert wurde.
Hat sich Laxey verrechnet?
Dass Swissmetal Kunden aus der Décolletage-Branche (Kleindrehteile), die den Streik unterstützt hatten, mit einem Lieferstopp bestrafte, schwächte das Ansehen der Marke Swissmetal. Der Verband der Décolletage-Unternehmen unterliess dann aber mangels Aussicht auf Entschädigung eine Klage gegen diese illegale Praxis.
Die harten Methoden zahlten sich nicht aus. Dies zeigen nicht nur die aktuellen Turbulenzen. Vielmehr hat sich auch der Hedge Fund Laxey verrechnet: Sonst stösst er nach durchschnittlich 18Monaten ein Investment mit Gewinn wieder ab. Auf seinem knappen Drittel von Swissmetal sitzt er nun aber fünf Jahre und müsste, würde er die Aktien abstossen, sich gegen drei Viertel des Investments ans Bein streichen.
Sind die Jobs sicher?
Die neue, im Januar 2008 eingeweihte Extrusionspresse in Dornach lief mit Unterbrüchen und Fehlern, die gemäss Swissmetal «zu einer zeitweisen Unterversorgung mit gepresstem Material» – also Stangen, Profilen und Drähten aus Buntmetall – führten. Dazu habe beigetragen, dass die alten Pressen abgebaut wurden, bevor die neue richtig lief, meint der Nordwestschweizer Unia-IndustrieSekretär Bruno Baumann.
Dann folgte mit der Finanzkrise ein Produktionseinbruch. Die anschliessende Euroschwäche schmälert die Marge, sodass Schwierigkeiten, die Investition in die neue Pres-se zu amortisieren, ein plausibler Grund für die Liquiditätsprobleme von Swissmetal sein dürften. Hinzu kommen die stark gestiegenen Rohstoffpreise: Das Lager erfordert somit einen höheren Kapitaleinsatz. Gestern war dazu jedoch keine Stellungnahme zu bekommen.
Transparenz gefordert
«Nach dem Abgang Hellwegs 2009 war es gelungen, zuvor boykottierte Décolletage-Kunden wieder zurückzugewinnen», berichtet Baumann als Aussenstehender. Deshalb habe ihn der dritte aufeinanderfolgende Verlust im Geschäftsjahr 2010 überrascht. Beda Moor, Branchenverantwortlicher MEM-Industrie der Unia, betont, die Gewerkschaft habe sich kooperativ gezeigt: «Wir haben eingewilligt, die Lohnverhandlungsrunde auf die zweite Jahreshälfte zu verschieben, bis ein Investor gefunden ist, der die Laxey-Anteile übernimmt», betont er.
Er fordert transparentere Information: «Wir müssen die Leute aus der Werkstatt, die nun mit einer grossen Ungewissheit zu Hause sitzen, kompetent beraten können: Können sie darauf vertrauen, weiter bei Swissmetal arbeiten zu können, oder sollen sie sich so schnell als möglich nach einem anderen Job umsehen?» Die offenen Fragen betreffen nicht nur die Arbeitsplätze: So ist unklar, weshalb Hellweg, der 2009 den CEO-Sessel abgab, nun als Verwaltungsratspräsident zurückkehrt.