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Gastkommentar

Viele offene Baustellen nach Fusion von UBS und CS

Ab Mitte März, für etwa sechs Wochen, dominierte in der Schweiz ein Thema die Politik, die Medien sowie weite Teile der Bevölkerung: die «Rettung» der Credit Suisse (CS) bzw. deren geplante Fusion mit der UBS (ja, es sieht zwar nach einer «Übernahme» aus, doch rechtlich handelt es sich schlicht um eine Fusion – wenn wohl auch nicht ganz freiwillig, zumindest seitens der CS). Immerhin ist seit kurzem das Thema endlich wieder aus der Hauptausgabe der «Tagesschau» von SRF verschwunden. Ende gut, alles gut?

Es darf angenommen werden, dass diese schweizerische Grossbankenfusion, die momentan (noch) nicht rechtsverbindlich abgeschlossen ist, in den nächsten Wochen vollzogen wird. Die UBS dürfte das ihr ohne Zweifel vertraglich gewährte Rücktrittsrecht betreffend «Deal» nicht ausüben. Damit ist indes längst nicht alles erledigt. Es gibt zahlreiche offene Baustellen, die nebst den Banken die Schweiz längere Zeit beschäftigen werden. Um was geht es?

Die UBS hat mit dem Umbau begonnen, und zwar personell (das CS-Topmanagement kann sich neue Arbeitgeber suchen) ebenso wie strukturell. Da sich die UBS vorausschauend seit spätestens Herbst 2022 auf ein solches «Übernahmeszenario» vorbereitet hat, dürften die Überraschungen relativ klein sein, und bekanntlich existieren grosszügige Bundesgarantien. Die potenziell riskanten Vermögenswerte der CS («toxic assets») werden bei der UBS vorsorglich in eine Abwicklungseinheit («bad bank») überführt. Als zentral für die Transaktion erweisen sich aktuell die ausstehenden ausländischen Fusionsbewilligungen.

Bei der CS interessiert im Wesentlichen bloss eine Frage: Wie viele «normale» Arbeitnehmer (Schalterpersonal, Kundenberater, «Back Office» etc.) werden entlassen? Dass die CS-Tochtergesellschaften rechtlich bis anhin nicht aufgelöst wurden, überrascht nicht, denn solche «Juristen-Büez» nimmt einige Jahre in Anspruch. Um schliesslich eine Illusion zu zerstören: Die «Abspaltung» und der autonome Fortbestand einer «CS Schweiz», von Politikern und von Journalisten herbeigesehnt, dürften sich als mediale Fata Morgana erweisen.

Die Politiker haben, was schon fast dem Regelfall entspricht, kein schönes Bild hinterlassen. Sie haben zwei gewichtige Baustellen: die PUK sowie die Bankenregulierung(en).

Zur Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) sollte die Frage gestellt werden: Wenn nicht jetzt, wann dann? Beim Verhalten von Bundesrat (Stichwort: Notrecht), Nationalbank (Stichwort: viel, viel, viel Geld) sowie Finanzmarktaufsicht (Finma) erscheinen viele Fragen offen. Insbesondere die beim «Deal» zentrale Finma muss Antworten liefern, bevor ihr weitere Kompetenzen für die Zukunft gegeben werden sollten. Zur Regulierung, etwa zur Systemrelevanz («Too big to fail»), dürfen die gesetzgeberischen Möglichkeiten nicht überschätzt werden. Werden die Politiker dies berücksichtigen? Nein, aktuell sicherlich nicht – im Herbst finden die Wahlen ins Bundesparlament statt.

Was macht eigentlich die fast vergessene Wettbewerbskommission (Weko)? Die Weko wurde bekanntlich durch die Finma nicht zum «Fest» eingeladen, wird sich jedoch in den nächsten Monaten trotzdem äussern. Warum eigentlich? Wenn die Weko nachträglich ihren «Segen» zur Fusion gibt, was anzunehmen ist, wirkt dies etwas peinlich, und wenn sie sich dagegen ausspricht, würde dies die Legitimität des «Deals» untergraben – schlechte Optionen.

Ein Experte hat früh vor einer «Klageflut» gewarnt, wegen der sogenannten «AT1 Bonds» in Höhe von zirka 16 Milliarden Franken. Diese Vorhersage wurde, nicht zuletzt von einigen Journalisten, belächelt – doch vor dem Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen wurden in der Zwischenzeit mehr als 2000 Klagen (!) eingereicht. Wie immer diese Verfahren schlussendlich ausgehen: UBS, Finma sowie die Schweiz (und ihre jeweiligen teuren Anwaltskanzleien) werden damit noch viele, viele Jahre zu tun haben.

Professor für Wirtschaftsrecht und Rechtsvergleichung Universität Bern und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Wirtschaftsrecht

Themenbilder: Creditsuisse am Paradeplatz Zürich. Geschmückt mit Fahnen wegen des Sechseläuten-Umzuges.

Zürich
17.04.2023
©Andrea Zahler / CH Media

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Gastkolumnebild von Prof. Dr. iur., Rechtsanwalt, LL.M. Peter V. Kunz. Aufgenommen am 22.01.2013



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