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Untersuchung

Die Militärjustiz forschte nach in Aarau verschwundenem Sprengstoff – jetzt hat sie ihn «gefunden»

Die mehreren Kilogramm Sprengstoff, die 2016 in der Kaserne Aarau verschwunden sind, bleiben unauffindbar. In ihrem Schlussbericht vermutet die Militärjustiz, dass falsch gezählt worden ist.

Bei einer Kontrolle von Munitionskisten in der Rekrutenschule in Aarau fehlten mehrere Kilogramm Sprengmittel. Nun vermutet die Militärjustiz, die Armee habe falsch gezählt.
Bild: Keystone

Der Fall sorgte für grosse Schlagzeilen: Im September 2016 gab die Schweizer Armee bekannt, dass sie mehrere Kilogramm Sprengmittel vermisst – darunter Sprengstoff, Zünder und Übungsgranaten. Gemerkt hat sie das, als sie Munitionskisten der Infanterie-Durchdiener-Rekrutenschule in Aarau kontrollierte. Wie viele Kilo genau fehlten, wollte die Armee nicht sagen. Die Militärjustiz leitete daraufhin eine Untersuchung ein.

Sechs Jahre später hat sie die Untersuchungen abgeschlossen. Ihr Fazit: «Am Anfang der Ermittlungen stand eine Straftat im Fokus. Jetzt spricht mehr für die Hypothese, dass es einen Fehler in der Buchhaltung oder ein Versehen beim Zählen gab.» Das sagte Florian Menzi, Sprecher der Militärjustiz, am Freitagabend im SRF «Regionaljournal Aargau/Solothurn» . Dass ein Fehler passiert ist, kann die Militärjustiz aber nicht beweisen. «Es ist nur eine Hypothese, für die am Schluss aber mehr spricht als für diejenige eines Kriminalverhaltens.»

DNA-Tests, Durchsuchungen und Befragungen

Um zu diesem Ergebnis zu kommen, führte die Militärjustiz umfangreiche Ermittlungen durch. So wurden laut Menzi sämtliche Munitionsbestände der Schweizer Armee sowie alle Prozesse der Armee und der Rüstungsfirma Ruag bezüglich Munition und Sprengstoff überprüft. Dazu kamen Durchsuchungen und knapp 350 Befragungen. Bei über 400 Personen wurde ein DNA-Test veranlasst – vergeblich. «Es gab keinen Treffer», sagte Menzi.

Auch Zeugenaufrufe und die Möglichkeit, auf der Whistleblowing-Plattform des Bundesamts für Polizei (Fedpol) anonym Hinweise abzugeben, verpufften. Weder seien Hinweise eingegangen noch hätten sich Zeugen gemeldet, erklärte der Sprecher der Militärjustiz. Die Suche nach möglichen Verkäufern im Internet und Darknet blieb ebenfalls erfolglos.

Konsequenzen sind offen

Trotz immensem Aufwand hält die Militärjustiz nach sechs Jahren nicht mehr als Vermutungen in der Hand. Trotzdem: «Die damaligen Verdachtsmomente haben den Ermittlungsaufwand gerechtfertigt – auch wenn am Schluss der Verdacht nicht erhärtet werden konnte», sagte Menzi.

Ob der Vorfall Konsequenzen haben wird, ist offen. Die relevanten Stellen bei der Armee hätten Kenntnis des Schlussberichts. Es sei an ihnen, Konsequenzen zu ziehen. «Die Militärjustiz ist nicht für die Organisation der Armee zuständig, sondern für die Strafverfolgung», betonte der Sprecher. (abi)