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«Anti-Mainstream»

Verneigung vor den Mächtigen: Journalismus im Dienst von Putin und Trump

Die «Weltwoche» publiziert russische Propaganda, die «Washington Post» lässt J. D. Vance einen Text über seinen Chef Donald Trump schreiben. Eine Medienkritik.
Sammelobjekte für Touristen, Trophäen für Journalisten: Matroschkas von Wladimir Putin und Donald Trump.
Bild: Dmitri Lovetsky / AP

Die «Weltwoche» hat einen Artikel des russischen Propagandamediums RT publiziert (zuerst ohne diese Quelle kenntlich zu machen). Er verbreitete die Lüge, das Massaker in der ukrainischen Stadt Butscha habe nie stattgefunden.

In der «Washington Post» durfte US-Vizepräsident J. D. Vance einen Artikel veröffentlichen, in dem er Bilanz zog zu 100 Tagen Trump: Dieser habe mit seiner «Weltklasse-Regierung» mehr erreicht als andere Präsidenten in vier Jahren.

Die Schweizer «Weltwoche» und die amerikanische «Washington Post» haben wenig gemeinsam, ausser dass sie beide «unabhängigen» und «kritischen» Journalismus versprechen. Es liegt auf der Hand, dass die beiden Beiträge diesem Anspruch nicht gerecht werden.

Kann passieren, liesse sich einwenden. Doch solche Texte sind kein Unfall. Sie haben System. Ihre Herausgeber begründen sie damit, alle Sichtweisen sollten Platz haben. Dieses publizistische Verständnis ist richtig. Nur: Ist die Butscha-Lüge eine «Sichtweise»? Und braucht es wirklich eine Zeitung, damit die Amerikaner erfahren, wie J. D. Vance seinen Chef sieht – den er täglich über X preist? Kaum.

Roger Köppel sucht die Nähe zu Putin und Orbán, Jeff Bezos zeigt sich gern an der Seite von Trump. Das ist der Hintergrund solcher Texte. Dieses Anschmiegen sei ihnen unbenommen. Nur verlieren solche Verleger die Legitimation, andere Medien als Mainstream zu diskreditieren und sie darin zu belehren, was kritischer Journalismus ist.

Wer sein Medium zu einem Propagandainstrument der Mächtigen macht, verrät die Prinzipien der Unabhängigkeit und der Glaubwürdigkeit.