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Asyl

Vermehrt erhalten Roma den Schutzstatus S – doch die Verantwortlichen zweifeln an ihrer ukrainischen Herkunft

In den vergangenen Monaten beantragten viele Roma in der Schweiz den Schutzstatus S. Doch einige von ihnen sprechen weder Ukrainisch noch Russisch. Das wirft Fragen auf – und ruft die Politik auf den Plan.
Derzeit leben in der Schweiz mehr als 66’000 Menschen mit Schutzstatus S.
Bild: Bild: Michael Buholzer/Keystone

In wenigen Tagen jährt sich der russische Überfall auf die Ukraine zum zweiten Mal. Die grossen Fluchtbewegungen der ukrainischen Bevölkerung veranlassten die Schweiz dazu, erstmals in der Geschichte den Schutzstatus S zu aktivieren. Dieser soll den Flüchtenden Schutz gewähren während der Dauer des Kriegs – und zwar unkompliziert dank eines vereinfachten Asylverfahrens. Aktuell leben über 66’000 Menschen mit Status S in der Schweiz.

Unter ihnen befinden sich auch zahlreiche Roma. Wie viele es sind, dazu führt der Bund keine Statistik – die Ethnie wird im Asylprozess nicht erfasst. Weil mehrere Kantone zuletzt öffentlich machten, dass sich unter den Roma mit Status S auch solche befinden, die weder Russisch noch Ukrainisch sprechen, steht der Verdacht im Raum, dass nicht alle dieser Roma-Flüchtlinge tatsächlich Anspruch auf den Schutzstatus S hätten.

So berichtete etwa das St.Galler Tagblatt, dass Integrationsverantwortliche Zweifel hegen, ob die Roma jemals dauerhaft in der Ukraine gewohnt haben . Es wird vermutet, dass sich einige ihre Papiere bei einer ukrainischen Behörde illegal gekauft haben. Weil es sich dabei nicht um Fälschungen, sondern illegal erworbene echte Papiere handelt, wird die Überprüfung durch den Bund erschwert.

Kantone bitten Bund um sorgfältige Kontrolle der Papiere

Gaby Szöllösy ist Generalsekretärin der Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren (SODK). Auf Anfrage bestätigt sie, dass die Situation der Roma mit Status S in den Sitzungen mit Fachgremien aller Kantone immer wieder Thema sei und auch auf politischer Ebene bisweilen diskutiert werde. Zuletzt kündigte etwa der St.Galler Mitte-Ständerat Benedikt Würth in der NZZ an, er werde einen Vorstoss im Parlament einreichen. Es brauche Anpassungen beim Schutzstatus S.

Gemäss Szöllösy ist das Problem in einigen Kantonen grösser, in anderen weniger: «Einige Kantone bekunden Probleme bei der Unterbringung und der Integration der Roma-Familien.» Die SODK habe deshalb in gemeinsamen Austauschgremien beim Staatssekretariat für Migration (SEM) auf die Problematik hingewiesen. «Wir haben den Bund unter anderem gebeten, die Ausweise und Papiere der Schutzsuchenden sorgfältig zu kontrollieren», sagt Szöllösy.

SEM hat Kenntnis von illegalen Papieren

Das SEM teilt auf Anfrage mit, dass «bei Anträgen auf die Erteilung des Status S nicht nur die Identität der Antragstellenden geprüft wird, sondern auch, ob diese ihren Lebensmittelpunkt vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine hatten». Könne die Person dies nicht zumindest glaubhaft machen, lehne das SEM das Gesuch ab. Bestünden in einem konkreten Fall Hinweise darauf, dass die Voraussetzungen für die Schutzgewährung nicht erfüllt seien, «nimmt das SEM weitere Abklärungen vor und verlangt unter anderem zusätzliche Beweismittel».

Die Problematik der gekauften Papiere ist dem SEM allerdings bekannt: Man habe Kenntnis davon, «dass in der Ukraine Identitätspapiere teilweise illegal hergestellt und verkauft wurden», schreibt das SEM weiter. Zurzeit könne es aber nicht sagen, ob und wie viele Personen tatsächlich mit solchen Dokumenten in die Schweiz eingereist sind und den Status beantragt haben.