
Donald Trump geht nun direkt gegen seine politischen Gegner vor. James Comey, der ehemalige FBI-Direktor, ist am Donnerstag im US-Bundesstaat Virginia angeklagt worden. Der verlängerte Arm des nationalen Justizministeriums wirft Comey vor, im September 2020 vor einem Ausschuss des Senats bewusst die Unwahrheit gesagt zu haben. Damit habe er die Arbeit des Kongresses behindert.
Dem FBI-Direktor droht damit, im schlimmsten Fall, eine mehrjährige Gefängnisstrafe. Comey allerdings bezeichnet sich als unschuldig. In einer kurzen Videobotschaft sagte er, die Anklage sei politisch motiviert und Trump wolle ihn zum Schweigen bringen.
Der Präsident machte derweil keinen Hehl daraus, dass er sein Justizministerium dazu gedrängt hatte, Comey in Alexandria, Virginia, anzuklagen. Auf seinem Internet-Dienst beschimpfte er den ehemaligen FBI-Direktor als «einen der schlimmsten Menschen» im Land und als «korrupt». Nun werde Comey für seine «Verbrechen» endlich zur Verantwortung gezogen, schrieb Trump. In der Vergangenheit hatte er den Mann, den er zu Beginn seiner ersten Amtszeit entlassen hatte, auch schon als Volksverräter bezeichnet, als «krank» und als «Abschaum».
Dieser Hass auf Comey hat seine Wurzeln im Wahlkampf 2016. Damals genehmigte der FBI-Direktor Ermittlungen gegen den republikanischen Präsidentschaftskandidaten und sein Umfeld – weil der Anfangsverdacht bestand, dass Trump von russischen Regierungskreisen manipuliert werde. Das FBI ist nicht nur eine bundesstaatliche Strafverfolgungsbehörde, sondern auch der Inlandsgeheimdienst der USA.
Dieser Vorwurf, der sich so nie beweisen liess, kostete Trump in seiner ersten Amtszeit viel Schlaf. Und Comey wurde zu einem Volkshelden des Widerstandes gegen seine Präsidentschaft, spätestens nachdem Trump ihn im Mai 2017 entlassen hatte.
Ausgerechnet die Clinton-Ermittlung steht im Zentrum der Anklage
Überraschenderweise ist es nun aber die andere wichtige Untersuchung, die Comey im Wahlkampf 2016 führte, die ihn vor Gericht bringt. Das FBI ermittelte nämlich auch gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, zum grossen Ärger vieler linker Amerikaner. Im Zentrum dieser Untersuchung stand ein E-Mail-Server, über den die ehemalige Aussenministerin geheime Dokumente verschickt hatte.
Im Oktober 2016, kurz vor dem Wahltag, berichtete das «Wall Street Journal» aber auch über Ermittlungen im Zusammenhang mit der Clinton Foundation. So heisst die Stiftung, die Ex-Präsident Bill Clinton nach seinem Rücktritt im Jahr 2001 gegründet hatte.
Zitiert wurden in diesem Artikel auch FBI-Quellen, obwohl Bundespolizisten eigentlich nicht mit Medienschaffenden über geheime Ermittlungen sprechen dürfen.
Comeys Stellvertreter Andrew McCabe behauptete später, der FBI-Direktor höchstpersönlich habe dieses «Leak» genehmigt. Dabei verwickelte er sich allerdings in Widersprüche, wie in internen Untersuchungsberichten nachzulesen ist. Comey wiederum beteuerte, er habe McCabe nie die Erlaubnis gegeben, das «Wall Street Journal» zu kontaktieren.
Und zwar bekräftigte der ehemalige FBI-Direktor dies auch unter Eid, als er am 30. September 2020 während einer Anhörung der Justizkommission des Senats von Ted Cruz (etwas verwirrlich) dazu befragt wurde. «Ich stehe zu meiner Aussage», sagte Comey damals. Diese Beteuerung des ehemaligen Bundespolizisten sei aber «falsch, erfunden und betrügerisch» gewesen, heisst es nun in der zwei Seiten langen Anklageschrift.
Es steht also, verkürzt gesagt, Aussage gegen Aussage. Und McCabe, der mit Comey einst freundschaftlich verbunden war, ist der Kronzeuge der Anklage. Das ist eine seltsame Rolle für den ehemaligen Bundespolizisten. Er war nämlich von Trump in seiner ersten Amtszeit ebenfalls entlassen worden. Und ist seither ein regelmässiger Kommentator auf dem Nachrichtensender CNN, wo er den alten und neuen Präsidenten jeweils scharf kritisiert.
Ein Biden-Richter wird über das Verfahren präsidieren
Linke Politiker reagierten in ersten Reaktionen empört auf die Anklageerhebung. «Das ist ein Skandal», sagte der Abgeordnete Jamie Raskin. Trump wolle seine Kritiker zum Schweigen bringen, sagten andere hochrangige Demokraten.
Rechtsexperten wiederum zeigten sich skeptisch darüber, ob der zuständige Bundesrichter – der seine Berufung dem demokratischen Präsidenten Joe Biden verdankt – die Anklage überhaupt zulassen wird. So steht der Vorwurf im Raum, nachdem der Präsident den zuständigen Staatsanwalt in Alexandria (Virginia) ausgewechselt hat, dass die Ermittlungen politisch motiviert waren. Verbündete Trumps allerdings drohten bereits mit weiteren strafrechtlichen Verfahren.
Comey blieb am Donnerstag vorerst auf freiem Fuss. Eine erste Verhandlung in seinem Verfahren soll in zwei Wochen stattfinden.
