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Deutschland

Umfrageschock und Warnschüsse aus der eigenen Partei: Kann Friedrich Merz jetzt noch Kanzler werden?

Sein Wackel-Kurs gegenüber der AfD brachte dem CDU-Chef viel Kritik in der eigenen Partei ein. Dort sprechen ihm die Ersten die Eignung als Kanzlerkandidat ab.
Zuversicht sieht anders aus: CDU-Chef Friedrich Merz muss in diesen Tagen viel Kritik einstecken.
Bild: Bild: Michael Sohn / AP

Die vergangene Woche war für Friedrich Merz nicht schön, und das Wochenende brachte auch nicht unbedingt Erhellung. Zu verdanken allerdings hat der CDU-Partei- und Fraktionschef sich das zunächst selbst.

Schliesslich hatte er mit seiner Aussage, dass die CDU auf kommunaler Ebene Kooperationen mit der AfD nicht ausschliessen könne, für enormen Wirbel in der eigenen Partei gesorgt. Viele distanzierten sich so laut und deutlich, dass Merz bereits einen Tag später wieder zurückrudern musste und klarstellte, dass nach wie vor der Beschluss des CDU-Parteitages aus dem Jahr 2018 gelte: Die CDU kooperiert auf keiner Ebene mit der AfD.

Jetzt veröffentlichte die «Bild am Sonntag» (BamS) eine neue Insa-Umfrage. Diese sieht Merz im Rennen um die Kanzlerkandidatur weit abgeschlagen. Nur 14 Prozent der Deutschen halten ihn für geeignet.

Besser fänden sie es, wenn der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU), antritt. Für ihn sprechen sich 26 Prozent aus. Zwar nur knapp davor, aber mit 27 Prozent Zustimmung auf Platz eins: Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder.

Hendrik Wüst mit Kinderwagen: Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen ist beliebter als Friedrich Merz. Schnappt er ihm die CDU-Kanzlerkandidatur weg?
Bild: Bild: Rolf Vennenbernd / DPA

Noch deutlicher ist der Abstand innerhalb der Union. Bei einer Befragung von Wählerinnen und Wählern der Union erhielt Söder 38 Prozent Zustimmung, gefolgt von Wüst mit 29 Prozent. Merz schaffte auch hier nur Platz 3, und zwar mit 20 Prozent.

Eigene Leute sprechen ihm die Eignung ab

Noch hat Merz ja seinen Hut nicht in den Ring geworfen. Zwar hat er als Chef der grösseren Schwesterpartei CDU das erste Zugriffsrecht. Doch er will die Angelegenheit ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl mit Söder klären. Das wäre dann 2024. Regulär findet die nächste Bundestagswahl im Herbst des Jahres 2025 statt.

Doch nach dem Debakel mit den AfD-Aussagen wird Merz’ Eignung innerhalb der Union bereits jetzt infrage gestellt. Nach dem AfD-Fauxpas sind sich viele nicht mehr sicher, ob Merz daran denken soll, ins Rennen zu gehen. So mancher sagt das auch offen.

Etwa erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Christian Gräff, im Tagesspiegel: «Für mich ist Friedrich Merz eine fast schon tragische Figur. Er hat, bei allen Talenten, leider oft kein Gespür für die richtigen Themen, schon gar nicht den richtigen Zeitpunkt. Doch genau dieses Gespür wird die CDU brauchen. Deshalb ist Merz nicht als Kanzlerkandidat der Union geeignet.»

Nicht der erste «Schnitzer»

Es ist nicht nur der jüngste Annäherungsversuch an die AfD, der viele an Merz zweifeln lässt. Dem Sauerländer sind seit seiner Wahl zum Parteivorsitzenden im Januar 2022 ein paar «Schnitzer» unterlaufen, die in seiner Partei durchaus als schwere Fehler klassifiziert werden.

Er bezeichnete Buben aus Familien mit Migrationshintergrund als «kleine Paschas» und sprach im Zusammenhang mit Geflüchteten aus der Ukraine von «Sozialtourismus».

Das bedauerte er später. Aber viele meinten, er hätte den Begriff lieber gar nicht erst verwenden sollen, da Stimmungsmache auf dem Rücken von Ukrainerinnen und Ukrainern nicht gerade anständig sei.

Eine Kanzlerkandidatur und noch viel mehr dann natürlich der Einzug ins Kanzleramt gilt als Lebenstraum von Friedrich Merz. Skeptiker führen allerdings auch parteiintern an, dass der heute 67-Jährige bei der nächsten Bundestagswahl im Herbst 2025 dann mit 69 Jahren eigentlich zu alt wäre.

Zudem hatte Merz noch nie ein Regierungsamt inne, weder in der Bundesregierung noch in der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, seiner politischen Heimat. Dort ist der deutlich jüngere Wüst nun Ministerpräsident.