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Kommentar

Übertriebene Ängste: Warum die Polizei das Potenzial von Gesichtserkennung zu wenig nutzen kann

Die Bundespolizei beschafft eine neue Software, um eine Million Polizeifotos für Fahndungen nutzen zu können. Was davon zu halten ist.

Das Gesicht wird zu einem Raster aus Datenpunkten.
Bild: Bild: Getty

Stellen Sie sich vor, es passiert wieder ein Verbrechen wie damals beim Vierfachmord in Rupperswil oder wie bei der Vergewaltigung in Emmen; eine Tat, welche die Öffentlichkeit erschüttert. Und der Täter wird nicht sofort verhaftet. Dabei wäre eine Gesichtsaufnahme einer Überwachungskamera die einzige Spur. Doch in der Polizeidatenbank, die ab 2026 mit Gesichtserkennung durchsucht wird, führt das Bild zu keinem Treffer.

Es gäbe zwar noch andere Quellen. Sie bleiben aber rechtlich verschlossen. Auf die Ausweisdatenbank mit allen Passfotos darf die Polizei nicht zugreifen. Nicht einmal eine automatische Bildersuche auf Social Media ist ihr erlaubt. Es ist stossend, wenn ein Verbrechen deshalb nicht aufgeklärt werden kann.

Das beste Argument gegen eine breitere Nutzung von Gesichtserkennungstechnologie ist die Warnung vor einem Überwachungsstaat. Skepsis ist angebracht. Die geschürten Ängste, dass viele Leute zu Unrecht unter Verdacht geraten könnten, sind hingegen übertrieben.

Die geplante Kompromisslösung ist unbefriedigend. Das Potenzial der Technologie wird damit nicht ausgeschöpft. Sie macht enorme Fortschritte und hat sich im Alltag längst etabliert. Wer hätte vor ein paar Jahren gedacht, dass viele von uns heute ständig Gesichtserkennung nutzen, um das Smartphone zu entsperren? Bald wird sie auch aus Strafverfahren nicht mehr wegzudenken sein. Dafür ist eine bessere Vorbereitung nötig.