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Wirtschaftspolitik

Trumps widersprüchliche Signale: Freuen sich die Banken zu Recht?

Donald Trump sendet widersprüchliche Signale an die Finanzindustrie. Sein engster Berater ist ein eingefleischter Kritiker der Wall Street.

Die Börsenhändler haben sich ihre Meinung bereits gemacht: Ein Präsident Donald Trump ist ein Segen für die Finanzindustrie. Seit dem vergangenen Mittwoch, dem Tag nach der Wahl des Republikaners, hat der Dow-Jones-Bankenindex sechs Prozent zugelegt. Der KBW Nasdaq Bank Index verzeichnete gar ein Plus von 10 Prozent. Das ist einerseits ein wenig überraschend, gab Trump im Wahlkampf doch den protektionistischen Wirtschaftspopulisten, der den Globalisierungsbefürwortern den Krieg erklärte. So sagte er an einem seiner letzten Auftritte – am 6. November: «Ich bitte um die Stimme aller Amerikaner, die eine Regierung satthaben, die für die Wall Street arbeitet, aber nicht für das Volk.»

Traum der Finanzindustrie

Andererseits ist Trump ein Geschäftsmann, der mit der Unterstützung eines republikanisch dominierten Parlaments regieren wird – und damit erfüllt sich ein langjähriger Traum der Finanzindustrie. So fasste Goldman-Sachs-Konzernchef Lloyd Blankfein die Ideen Trumps mit den Worten «sehr marktfreundlich» zusammen. Allein, stimmt das auch? Wird ein Präsident Trump an der Spitze einer «sehr marktfreundlichen» Regierung stehen, die der Wall Street positiv gesinnt ist? Niemand weiss dies derzeit mit letzter Sicherheit.

Unklare Pläne Trumps

Tatsache ist, dass sich der Republikaner in den vergangenen 18 Monaten nur fragmentarisch zur Zukunft der Finanzindustrie geäussert hat – und seine Botschaft nicht immer widerspruchsfrei war. Ein Beispiel bloss: Während einer Ansprache in Charlotte (North Carolina), deren Zielpublikum ausdrücklich die afroamerikanische Bevölkerung war, sagte Trump: «Wir werden finanzpolitische Reformen haben, die es jungen Schwarzen einfacher machen, Kredite zu bekommen, um ihre Geschäftsträume zu verwirklichen und Arbeitsplätze zu schaffen.» Dodd-Frank, die 2010 verabschiedete Reform der Finanzmarktaufsicht, sei diesbezüglich «ein Desaster» gewesen, sagte Trump.

Der Republikaner erklärte aber auch, dass die Aufhebung des Trennbankenverbotes im Jahr 1999, im Washingtoner Slang «Glass-Steagall» genannt, für die Finanzkrise verantwortlich gemacht werden könne. Er setze sich deshalb für eine zeitgemässe Version des Trennbankensystems ein, sagte Trump. Und tatsächlich heisst es im Wahlkampfprogramm der Republikaner, dass die Partei künftig kommerziellen Banken verbieten wolle, «hochriskante» Investmentgeschäfte zu tätigen.

Hinzu kommt: Steve Bannon, der höchst umstrittene Chefstratege des neu gewählten Präsidenten, ist bekannt für seine Anti-Wall-Street-Rhetorik. So warf Bannon der Finanzindustrie im Jahr 2014 an einer Konferenz im Vatikan vor, sie habe sich vor den Grundsätzen der christlich-jüdischen Wirtschaftsethik entfernt – weil sie die Tendenz habe, «alles zu verbriefen» und Menschen als Wirtschaftsgüter zu betrachten.

Letztlich wird es die Aufgabe des neuen Finanzministers sein, diese politischen Widersprüche in eine klare Politik zu giessen – zusammen mit den Spitzen der Aufsichtsorgane und der Federal Reserve ist der «Secretary of Treasury» eine zentrale Figur im Chor der Bankenregulierer. Im Gespräch für den Posten ist der Trump-Freund Steven Mnuchin (53), der früher für Goldman Sachs gearbeitet hat und heute unter anderem als Geldgeber teurer Hollywood-Filme tätig ist. Im Trump Tower in New York kursiert aber auch der Name von Jamie Dimon (60), des langjährigen Konzernchefs der führenden Grossbank JP Morgan Chase. Dimon wäre eine erstaunliche Wahl: Er ist Demokrat und war lange Jahre ein Unterstützer von Präsident Barack Obama. Gut im Rennen ist schliesslich auch Jeb Hensarling (59), republikanischer Abgeordneter aus Texas und Vorsitzender des Bankenausschusses im Repräsentantenhaus. Hensarling ist ein heftiger Kritiker von Dodd-Frank.