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Analyse

Bundesrat übernimmt EU-Regel fürs Töff-Fahren – jetzt gibt es mehr Tote: Was die Lehre daraus ist

Schon mit 16 statt mit 18 Jahren darf man hierzulande Motorrad fahren. Die Folgen sind fatal. Warum nicht die EU, sondern die EU-Hörigkeit unserer Politik schuld daran ist.

Es war eine traurige Statistik, die diese Woche nur wenig Beachtung fand. Die Zahl der Verkehrstoten ist in den letzten fünf Jahren um 34 Prozent gestiegen. Ein Grund: Seit 2021 dürfen Jugendliche bereits mit 16 Jahren Töff fahren. Früher war das erst ab 18 erlaubt.

Töfffahren ist schon ab 16 erlaubt.
Bild: SB

Warum? Die Schweiz hat ihr Gesetz ans EU-Recht angepasst, die neue Altersgrenze «autonom nachvollzogen». Ist also Brüssel schuld daran, dass Teenager bei Töffunfällen sterben? Nein, diese Erklärung wäre billig. Versagt hat der Bundesrat, der die EU-Regel blind und aus vorauseilendem Gehorsam übernahm. Er verhielt sich Brüssel-höriger als die EU-Staaten Dänemark und Holland. Diese beliessen es bei den 18 Jahren.

Zurzeit diskutiert die Schweiz über die neuen EU-Verträge. «Rechtsübernahme», und erst noch «dynamisch», ist der grosse Streitpunkt. Von «Unterwerfung», wie die Gegner poltern, kann keine Rede sein. Der Rahmen stimmt. Unsere Beamten, Bundesrat und Parlament müssen nur den Mumm haben, nicht jeden Unsinn aus Brüssel sklavisch zu übernehmen.

Die EU-Länder Deutschland, Italien und Frankreich machen es vor. Geht es um die Eindämmung illegaler Migration, pfeifen sie auf Schengen/Dublin und schützen ihre Grenzen. Bern aber gefällt sich in der Rolle des Musterschülers. Warum nicht mal einen Konflikt riskieren?

Bei der Töfffahrer-Richtlinie wäre das ziemlich risikofrei gewesen. Nicht so einfach wäre Ungehorsam bei aufgeladenen Dossiers wie der Zuwanderung. Aber auch hier darf die Schweiz etwas wagen. Nadelstiche aus Brüssel wird sie aushalten können.

Viel schmerzhafter und ein zu hohes Risiko wäre der Bruch mit der EU, unserem grössten Handelspartner. Sprich: die EU-Verträge abzulehnen. Der bilaterale Weg bringt Wohlstand und Sicherheit. Es wäre Harakiri, ihn mutwillig zu verlassen – in einer Welt, wo Machtpolitik die regelbasierte Ordnung ablöst.

Im Interesse der Schweiz ist: die Verträge unterzeichnen – und in der Umsetzung auch mal störrisch sein. Widerborstigkeit gegenüber Brüssel ist im Schweizer Aussendepartement zurzeit so verbreitet wie Humor bei deutschen Steuerbeamten. Höchste Zeit, sie zu erlernen.

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