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US-Wahlkampf

Super Tuesday: Es gibt keinen Wahlkampf in den USA ohne fetzige Musik

Im Präsidentschaftswahlkampf mag es vor Überraschungen nur so wimmeln. Konstanz zeigt sich bei der Wahlkampfmusikauswahl: Mit populären Songs feuern Amerikas Präsidentschaftskandidaten ihre Anhänger an.

Im Präsidentschaftswahlkampf mag es vor Überraschungen nur so wimmeln. Eine Konstante aber lässt sich immerhin erkennen: Brooks & Dunn, das erfolgreichste Country-Duo der Musikgeschichte, stellt zum dritten Mal in Folge den beliebtesten Wahlkampfsong. Rick Santorum greift auf «Only in America» zurück. Newt Gingrich lässt das Lied in krachender Lautstärke abspielen. Und auch auf Romney-Veranstaltungen war es bereits zu hören. Das hat Tradition: George W. Bush und Dick Cheney liebten den Song und 2004 waren Brooks & Dunn fast an jeder Wahlkampf-Veranstaltung der Republikaner zu hören.

Aber auch der aktuelle Bewohner des Weissen Hauses besitzt ein Faible für das flotte Lied: Kaum hatte Barack Obama vor vier Jahren am Parteitag der Demokraten die Nomination zum Präsidentschaftskandidaten akzeptiert, plärrte «Only in America» durch die Lautsprecher. Und Zehntausende seiner Parteigänger schunkelten mit und sangen aus voller Kehle: «We all get a chance / Everybody gets to dance / Only in America.» Übersetzt heisst das, etwas holperig: Alle haben wir eine Chance, jeder kommt einmal zum Zuge, das gibt es nur in Amerika.

Unterschiedliche Geschmäcker

Wahlkampflieder gehören in den USA zu politischen Kampagnen wie die Ansteckknöpfe, die aggressiven Werbespots und die Nationalhymne. Nichts bringt das Blut der Anhänger schneller in Wallung als ein stampfender Song. Das Aussergewöhnliche an «Only in America» ist jedoch, dass das Lied unsichtbare politische Grenzen überschreitet. Denn Country, jedenfalls gemäss dem Stereotyp, das ist die Musik, die Republikaner sich anhören, diese fleischessenden, waffentragenden Cowboys. Demokraten hingegen sind urban, hip und immer am Puls des Zeitgeistes. Ein Klischee? Selbstverständlich.

Ein Blick auf die offizielle Musikliste von Obama, die kürzlich durch dessen Wahlkampfstab veröffentlicht wurde, bestätigt aber, wie unterschiedlich die Geschmäcker sind. Unter den 29 Songs, die während Wahlkampfauftritten des Präsidenten gespielt werden, finden sich Lieder der Gruppen Arcade Fire («We used to wait»), die erste Singleauskoppelung von Bruce Springsteens neuem Album («We take care of our own») und programmatische Klassiker wie Al Greens «Let’s stay together». Vergeblich sucht man nach einem Rap- oder Hip-Hop-Song; zu riskant, werden sich die Berater dem Präsidenten wohl gesagt haben. «Ausgeschlossen, dass diese Lieder zufällig gewählt werden», lautet der Kommentar des Musikprofessors Benjamin Schoening von der Universität in Rice Lake, Wisconsin.

Romney ist ein Fan von Kid Rock

Denn Wahlkampfsongs gleichen Minenfeldern. Ganz Washington zerriss sich jüngst das Maul darüber, dass der Skandal-Musiker Kid Rock, auch als Kurzzeit-Gatte von Pamela Anderson bekannt, nun den Obersaubermann Mitt Romney unterstützt. Der Song «Born Free» ist seither an jeder Veranstaltung des Präsidentschaftskandidaten zu hören. Die konservative Publikation «Daily Caller» machte sich deshalb einen Spass daraus, den Text des Lieds «WCSR» zu zitieren, ein Duett von Kid Rock mit dem Rapper Snoop Dogg, das vor Obszönitäten nur so strotzt.

Gingrich und die «Rocky»-Hymne

Ein anderes Beispiel: Vor vier Jahren erkor die damalige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton die Classic-Rock-Hymne «Takin’ care of business» zu ihrem offiziellen Wahlkampfsong, auch wegen des zupackenden Titels – dumm nur, dass sich das Stück lustig über den arbeitenden Teil der Bevölkerung macht. Auch John Edwards, der einst Präsident hätte werden wollen, nun aber bald wegen eines angeblichen Verstosses gegen die Wahlfinanzierungsgesetze vor Gericht steht, griff 2008 daneben. Sein Lieblingssong – «Small Town» von John Mellencamp – enthält die Zeile: «All my friends are so small town», was übersetzt heisst: Meine Freunde sind so provinziell.

Manchmal setzt ein erzürnter Musiker dem Treiben der Politiker auch ein Ende. So liess sich Bruce Springsteen 1984 nicht durch Ronald Reagan vereinnahmen, als dieser plötzlich den Antikriegssong «Born in the U.S.A.» für sich reklamierte. Und jüngst klagte Frankie Sullivan, der Komponist des Songs «Eye of the tiger», Newt Gingrich ein – weil Gingrich ihn nicht um Erlaubnis gefragt habe, als er die alte «Rocky»-Hymne verwendete.

Brooks & Dunn hingegen stören sich nicht darüber, dass ihr Song «Only in America» von Linken und Rechten gespielt wird. «Das Lied ist weder demokratisch noch republikanisch», sagte Kix Brooks jüngst dem Sender CNN. «Ich glaube, dass dies Politiker beider Parteien verstehen.»