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Familie

Studie zeigt: Nach Trennung sind Väter unzufriedener mit Arrangement

Leben die Eltern nicht mehr zusammen, sind Väter unzufriedener mit den Familienarrangements. Diese und weitere Erkenntnisse liefert eine neue Studie der Eidgenössischen Kommission für Familienfragen./>

Väter sind mit den Wohn- und Betreuungsarrangements nach der Trennung oder Scheidung häufig unzufrieden. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Heute werden zwei von fünf Ehen in der Schweiz geschieden. Bei etwas weniger als der Hälfte der Scheidungen (46 Prozent) sind minderjährige Kinder involviert. Doch über den Alltag und die Lebensumstände von Kindern, deren Eltern nicht mehr zusammenwohnen, ist wenig bekannt.

Diese Lücke will eine am Dienstag publizierte Studie schliessen, welche die Eidgenössische Kommission für Familienfragen (EKFF) in Auftrag gegeben hat. Diese stützt sich auf eine repräsentative Onlinebefragung, an der fast 3000 getrennt lebende Eltern und 244 Jugendliche teilgenommen haben.

Mütter erhalten öfter das alleinige Sorgerecht

Die Studienautoren zeigen darin auf, dass fast drei Viertel der Kinder regelmässig bei beiden Eltern sind und auch dort übernachten. Allerdings verbringt die Hälfte der Kinder im Alltag mindestens zwei Drittel der Nächte bei der Mutter.

Weiter legt die Studie dar, dass die Betreuungsanteile von Mutter und Vater vor der Trennung das Familienarrangement nach der Trennung beeinflussen. So sei es wahrscheinlicher, dass die Kinder später beim überwiegend betreuenden Elternteil wohnen, wenn bereits vor der Trennung eine ungleiche Aufteilung herrschte.

Zudem weist die Studienautorenschaft nach, dass das Familienarrangement mit dem Ausbildungsniveau der Eltern – und somit ihren Verdienstmöglichkeiten – zusammenhängt. So ist der Anteil der Kinder, die in beiden Haushalten wohnen, bei Eltern ohne Berufsabschluss deutlich tiefer (33 Prozent) als bei jenen mit Hochschulabschluss (62 Prozent). Solche Arrangements sind der Studie zufolge «in erheblichem Mass eine Frage der finanziellen Ressourcen».

Gemäss der Studie ist die gemeinsame elterliche Sorge, die 2014 zum Regelfall wurde (siehe Infobox), für 81 Prozent der befragten Eltern Realität. Ein grosser Unterschied zwischen den Geschlechtern besteht hingegen beim alleinigen Sorgerecht. Dieses wird demnach den Müttern deutlich häufiger zugeteilt (22 Prozent) als den Vätern (1 Prozent).

Unzufriedene Väter

Drei Viertel der Mütter und zwei Drittel der Väter haben in der Studie angegeben, dass die aktuelle Lösung für ihre Situation die beste sei. Bei näherem Hinschauen zeigt sich aber, dass die Väter in allen Familienarrangements weniger zufrieden sind als die Mütter. «Die Unzufriedenheit der Väter richtet sich insbesondere auch gegen die Aufteilung der finanziellen Lasten zwischen ihnen und den Müttern», schreiben die Forschenden.

Sie betonen gleichzeitig, dass nicht ausschliesslich die Mütter oder die Behörden auf eine ungleiche Aufteilung der Wohn- und Betreuungsanteile drängen. «Denn von den Müttern, die Änderungswünsche angeben, möchten viele ein stärkeres Betreuungsengagement der Väter», heisst es. Sie wünschten sich mehr als «Wochenendpapas».

Die Studie zeigt aber auch, dass die ungleiche Erwerbsintegration sich nach der Trennung fortsetzt. Wenn die Eltern nicht zusammenwohnen, sind die Mütter etwas häufiger erwerbstätig als der Durchschnitt der Mütter hierzulande, und sie haben etwas höhere Pensen. Die Väter sind etwas weniger häufig erwerbstätig, haben jedoch kaum tiefere Pensen als der Durchschnitt aller Väter.

Elterliche Sorge und Obhut: Was sind die Unterschiede?

Von der elterlichen Sorge zu unterscheiden ist die Obhut, sprich wer die Kinder im Alltag betreut und wo sie wohnen. Dabei muss das Gericht seit 2017 die sogenannte alternierende Obhut prüfen, wenn ein Elternteil dies verlangt. Das heisst: Die Kinder sollten zu gleichen Teilen von Mutter und Vater betreut werden.
Inzwischen wird die gemeinsame elterliche Sorge gemäss den Daten des Bundesamts für Statistik (BFS) in rund 80 Prozent der Fälle angewendet. Anders sieht es bei der alternierenden Obhut aus. 2018 teilte sich nur rund ein Sechstel der getrenntlebenden oder geschiedenen Eltern die Betreuung der Kinder mehr oder weniger hälftig auf.
Eine parlamentarische Initiative will dies ändern. Sie verlangt, dass die Gerichte die alternierende Obhut nicht nur prüfen, sondern auch fördern sollen. Zudem soll im Gesetz festgeschrieben werden, dass die Weigerung eines Elternteils der alternierenden Obhut nicht entgegensteht. (dpo)

Kinder werden kaum nach ihren Wünschen gefragt

Eine weitere Erkenntnis, welche die Studie liefert: Eltern beteiligen die Kinder nach der Trennung häufig nicht am Entscheid zum Familienarrangement. «War ein Kind bei der Trennung zwischen 8 und 17 Jahre alt, so hat nur rund die Hälfte der Eltern es beim Aushandeln des Familienarrangements nach seinen Wünschen gefragt», schreiben die Forschenden. War das Kind jünger, sinkt der Anteil auf knapp einen Viertel.

Für die Autorinnen und Autoren ist deshalb klar: Sowohl im familialen als auch im behördlichen Kontext seien zusätzliche Anstrengungen nötig, damit Kinder bei Weichenstellungen in der Familie «so informiert und gehört werden, wie es ihnen zusteht».

Die Studie wurde im April 2021 vom Marie-Meierhofer-Institut für das Kind (MMI), dem Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS) und Andrea Büchler vom Rechtswissenschaftlichen Institut der Universität Zürich in Zusammenarbeit mit den Kantonen Waadt und Zürich durchgeführt. Auftraggeberin ist die Eidgenössische Kommission für Familienfragen.

Die EKFF ist eine 15-köpfige ausserparlamentarische Kommission des Bundes, die sich für familienfreundliche Rahmenbedingungen einsetzt. An der online durchgeführten Umfrage haben 2868 getrennt lebende Eltern teilgenommen und 244 Jugendliche ab zwölf Jahren.