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Krankenkassen

Strengere Regeln für Vermittler: Ständerat nimmt alle Versicherer in die Pflicht

Unerwünschte Telefonanrufe sollen der Vergangenheit angehören. Der Bundesrat möchte griffige Regeln für alle Vermittlertätigkeiten. Rückendeckung erhält er vom Ständerat. Der Entscheid ist eine Schlappe für die Versicherungslobby.

Unerwünschte Telefonanrufe sind für die Bevölkerung ein grosses Ärgernis. Die teilweise überhöhten Provisionen für Vermittler sorgen in der Politik seit Jahren für rote Köpfe. Das Parlament überliess es dabei zuerst den Versicherern, eine branchenweite Vereinbarung abzuschliessen. Weil sich aber nicht alle daran hielten, wandten sich die Räte an den Bundesrat. Dieser arbeitete eine Gesetzesrevision aus.

Die Vorlage räumt dem Bundesrat die Kompetenz ein, die Vereinbarung zwischen den Versicherern zur Vermittlungstätigkeit für die obligatorische Krankenversicherung wie auch für die Zusatzversicherung allgemein verbindlich zu erklären. Voraussetzung ist, dass die Versicherer zwei Drittel der in der Grundversicherung versicherten Personen repräsentieren und zwei Drittel der Prämieneinnahmen im Zusatzbereich generieren.

Schlappe für Versicherungslobby

Dem Nationalrat geht das zu weit. Im März entschied er, die Vergütungsobergrenze und die Ausbildungspflicht auf externe Vermittler zu beschränken – also nur jene, die nicht direkt bei einem Versicherer angestellt sind. Keine Rückendeckung erhält er jetzt vom Ständerat. Die kleine Kammer beschloss am Dienstag, griffigere Regeln für alle Vermittler vorzusehen.

Sie lehnt es ab, die Vorlage in einem zentralen Punkt zu verwässern. Im Nationalrat hatte der Druck der Versicherungslobby noch gewirkt. Das war auch im Ständerat erwartet worden. Praktisch jeder Redner legte zu Beginn seines Votums die eigene Verbandelung – genannt Interessensbindung – offen.

Am weitesten ging dabei Damian Müller (FDP/LU), seines Zeichens Senior Berater bei der Mobiliar. Sein Arbeitgeber sei zwar nicht betroffen, aber er wolle jetzt trotzdem ein «klares Statement aus der Branche» abgeben. «Setzen wir dort an, wo das Problem liegt.» Der interne Vertrieb sei nicht der «Auslöser der Auswüchse» gewesen. Bei Versicherern werde die Ausbildung schon lange stark gefördert.

«Schlupfloch gesucht und gefunden»

Aus der Reihe der Versicherungslobbyisten tanzte Hans Stöckli (SP/BE). Als Mitglied der «Groupe de réflexion», ein Beirat aus Parlamentarierinnen und Parlamentariern, der Groupe Mutuel pflege er gute Kontakte mit Krankenkassen, versicherte er. Mit der Beschränkung auf externe Vermittler habe der Nationalrat aber bloss «ein Schlupfloch gesucht und gefunden». Es sei nicht zufällig, dass in den letzten Monaten einige wichtige Versicherer sich solche Vermittler zugekauft und integriert hätten. Dieser «Schlaumeierei» gelte es einen Riegel zu schieben. Diese Argumente überzeugten auch den Ständerat. Er stellte sich mit 21 zu 19 Stimmen gegen den Nationalrat. Mit dieser Differenz geht das Geschäft zurück.

Abgelehnt hat es der Ständerat auch, die neuen Regeln nur auf die obligatorische Krankenversicherung zu beschränken. Ein Antrag aus den bürgerlichen Reihen wollte im Bereich der Zusatzversicherungen den Wettbewerb spielen lassen. Alex Kuprecht (SVP/SZ) warnte davor, in den Versicherungsmarkt «reinzugrätschen». Der Vorschlag scheiterte 25 zu 19 Stimmen.

Weniger umstritten sind die anderen Elemente der Reform. So möchte der Bundesrat den telefonischen Erstkontakt – im Fachjargon Kaltakquise – verbieten. Dem Kunden muss zudem ein Gesprächsprotokoll vorgelegt werden, das dieser unterzeichnet. Bei Nichteinhaltung sind Sanktionen vorgesehen. Diese reichen bis zu Bussen von 100’000 Franken.