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Weihnachtsüberraschung

Spediteure im Stress: Frachtflugzeuge und Lagerhallen sind rappelvoll

Die Luftfracht wächst nach einer Baisse plötzlich zweimal so schnell wie der übrige Welthandel. Spediteure haben angesichts einer «überwältigenden Nachfrage» so viel zu tun wie noch nie.

Wie man sich doch täuschen kann. Während sechs Jahren war die Luftfracht schwach auf der Brust, die Branche fuhr Kapazitäten zurück. Doch dann kam die Überraschung: In diesem Jahr legte die Nachfrage massiv zu. Je nach Lesart liegt das Wachstum bei 9,3 Prozent (Gewicht) oder 15 Prozent (Umsatz).

Luftfracht wächst derzeit doppelt so schnell wie der Welthandel, stellte vergangene Woche Brian Pierce, Chefökonom des Weltluftfahrtverbandes Iata, an einer Tagung in Genf fest. Und jetzt fehlten genau diese zuvor reduzierten Kapazitäten. Zur Erinnerung: In den vergangenen zehn Jahren hat die Luftfracht mengenmässig einen Drittel zugelegt. Doch der Umsatz sank in dieser Zeit von 63 auf rund 54,5 Milliarden Dollar. Die Margen waren unter Druck, Abbau war die Folge.

Das Blatt hat sich gewendet

Doch jetzt scheint sich das Blatt gewendet zu haben. Firmen bestellen mehr und bauen ihre Lager aus. Ein regelrechter Hype ist der Online-Handel, der Spediteure zum Teil an die Kapazitätsgrenzen bringt.

Eric Malitzke, Chef Fiege Schweiz, bestätigt: «Dieser Volumenanstieg ist in der Tat erfreulich.» Die Logistikzentren in Oftringen, in Münchenstein, Balerna, Bülach und Bern sind stark ausgelastet. Malitzke: «Für unsere Kunden und für uns wird das ein ausserordentlich gutes Jahr.» Ganz überraschend kommt der Aufschwung für Fiege dennoch nicht. Die Firma plant denn auch schon eine grössere Investition am Standort Bern, wo eine völlig neue Anlage gebaut wird. Längerfristig werde auch die Anbindung der Südhäfen wie zum Beispiel Genua wichtig. «Das hat der Zwischenfall in Rastatt gezeigt», sagt Malitzke. Wegen einer Absenkung der Bahnstrecke war diese wichtige Nord-Süd-Achse während Wochen gesperrt.

«Nachfrage überwältigend»

«Die Nachfrage ist zurzeit überwältigend», sagt auch Panalpina-Luftfrachtchef Lucas Kühner. Überall würden Kapazitäten auf den Markt geworfen. Und die Flugzeuge seien dauernd unterwegs. Das wiederum bedeute mehr technische Stopps und Wartung, was Verspätungen zur Folge haben könne. Das bringe die Flugpläne aus dem Tritt. Was die aktuelle Hochsaison anbetrifft, gebe es noch keine Anzeichen einer Abschwächung.

Der Verkehr wächst in allen Richtungen, zwischen Asien, Amerika und Europa. «Es gibt fast keine Kapazitäten mehr», sagt Lucas Kühner. Auch das Geschäft mit Lateinamerika boome. Als direkte Konsequenz würden die Infrastruktur und das Groundhandling an Grenzen stossen. Besonders betroffen seien Frankfurt, London Heathrow und Luxemburg. Die Flughäfen Basel und Zürich kämen mit den grossen Frachtvolumina vergleichsweise gut klar, ergänzt Malitzke von Fiege Schweiz.

Auch die Schweizerische Post hat alle Hände voll zu tun und vermeldet im Paketbereich neue Rekorde. 2015 wurden 117 Millionen Pakete spediert, im vergangenen Jahr 122 Millionen. 2017 werde diese Zahl nochmals übertroffen. «Wir gehen davon aus, dass die Zunahme vor allem auf den Online-Handel zurückzuführen ist», sagt Post-Sprecher Oliver Flüeler.

Asien immer wichtiger

Das dürfte vorab bei den Sendungen aus dem Ausland der Fall sein. Pro Tag treffen bei der Post 70'000 bis 80'000 Pakete ein, rund die Hälfte davon aus dem asiatischen Raum. Bei Fiege gibt man zu bedenken, dass auch der Export aus Europa nach China einsetzt: «Die Mittelschicht will immer mehr europäische Qualitäts- und Markenprodukte», so Malitzke.
Während an einem durchschnittlichen Tag in den drei Post-Verteilzentren Härkingen, Daillens und Frauenfeld 600'000 Pakete abgefertigt werden, steigt die Zahl in der Vorweihnachtszeit bis auf 1,2 Millionen. Damit die Post nicht in Engpässe kommt, hat sie ihren Personalbestand um 20 bis 30 Prozent aufgestockt. «Im Betrieb müssen alle Leute an Bord. Ferien gibt es da keine.» Und um dem längerfristigen Wachstum (6 bis 7 Prozent im Inland, 40 Prozent im Auslandverkehr) gerecht zu werden, plant die Post weitere Verarbeitungszentren in Vétroz VS, Cadenazzo TI und Untervaz GR. Kosten: 150 Millionen Franken.