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Dioxin

Spätzli, Mayo oder Ravioli - Dioxin könnte auch in Schweizer Lebensmitteln versteckt sein

Die Behörden versichern: Schweizer Eier und Fleisch sind nicht dioxin-verseucht. Keine Garantie gibt es dagegen bei Teigwaren oder Mayonnaise.

Für Nadja Brodmann, Zoologin bei der Nutzierschutz-Organisation KAGfreiland ist klar: «Die Schweiz hat im Dioxinskandal Glück gehabt, dass nicht auch hierzulande verseuchte Produkte aufgetaucht sind.» Das heisse aber noch lange nicht, dass die Schweizer Konsumenten sich keine Sorgen machen müssen.

«Ob Spätzli, Teigwaren, Mayonnaise oder Ravioli - die Schweizer Konsumentenschaft weiss nicht, woher die Eier und das Fleisch für diese Produkte stammen», so die Kennerin der Schweizer- und EU-Tierhaltung. Die Wege seien auch für Experten schwierig zurückzuverfolgen. Schätzungen gehen aber von über 90 Prozent Eier aus der EU aus, die für verarbeitete Produkte in der Schweiz verwendet werden.

Summierung über einen längeren Zeitpunkt

«Besonders in Produkten, die wir massenhaft importieren wie Teigwaren, Guetzli, Schokoriegeln, Crème- und Backmischungen, Tiramisu oder Glacé ist Dioxin deshalb nicht auszuschliessen», sagt Brodmann. Sicher sei der Anteil an Dioxin bei diesen Produkten vergleichsweise klein, aber die Summierung über einen längeren Zeitraum mache es aus.

Zusammen mit der Stiftung für Konsumentenschutz SKS fordert KAGfreiland deshalb eine Herkunftsdeklaration für Verarbeitungseier in Schweizer Produkten. «Die Konsumenten haben ein Recht zu erfahren, woher die Eier stammen», so die Fachfrau.

Beim Detailhändler Coop hält man eine vollständige Deklaration für unmöglich: «Da die Herkunft der Rohstoffe in einem Produkt je nach Produktionsscharge variieren kann, ist eine präzise Deklaration des Herkunftslandes, ohne riesigen Aufwand beim Verpacken, gar nicht möglich», sagt Mediensprecherin Sabine Vulic.

Zudem werde bei Eigehalten von über fünf Prozent die Herkunft bereits angegeben. «Dies kann aber bei variierender Herkunft mit (D, F) angegeben sein.» Das Vollei für seine Backwaren und Teigwaren beziehe Coop von drei Lieferanten. «Alle drei bestätigten uns schriftlich, dass die von ihnen gelieferte Ware nicht betroffen ist», so Vulic.

Produktelinien, die auf Schweizer Herkunft setzen

Für Personen, die Wert auf Schweizer Herkunft legen würden, gebe es bei Coop die Produktlinie «Pro Montagna» mit Spezialitäten aus dem Berggebiet, die auch dort verarbeitet werden. «Die Eier für die Teigwaren stammen also aus den Schweizer Bergen.»

Auch Migros setzt mit den Guetzli-Produktelinien «Tradition» und «Grand-Mère Weihnachten» auf Schweizer Herkunft. «Wir sind überzeugt, dass Biskuits aus nachhaltiger Produktion mehr Freude bereiten und erhalten dazu auch positive Kundenfeedbacks», so Migros-Sprecher Urs-Peter Näf. Mit der Umstellung der Linien Tradition (Herbst 2009) und Grand-Mère Weihnachten (Oktober 2010) gebe Migros rund 1400 Schweizer Hennen sozusagen eine Ganzjahresanstellung. Trotzdem: Aktuell sieht die Migros von einer Herkunftsdeklaration ab.

Zoologin Brodmann hält diese Entwicklung grundsätzlich für erfreulich und hofft, dass weitere Produkte folgen werden.

Dennoch malt die Tierhaltungs-Expertin für die Zukunft ein düsteres Bild: «Die Gefahr besteht, dass auch die Schweiz von Dioxin-Skandalen erschüttert wird.» Denn bereits heute sei die Versuchung bei den Futtermittelherstellern gross, billige Futterbestandteile aus dem Ausland zu kaufen.

«Mit dem Freihandel wird auch der Preiskampf in der Schweiz zunehmen und es ist fraglich, ob die Schweizer Bauern dann nicht auch zu billigerem deutschen Futtermittel greifen.»

Schnellwarnsystem

Ein Grund mehr für Brodmann, dass die Schweiz zum Vollmitglied im EU-Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel RASFF wird. Dieses funktioniert folgendermassen: Wenn in einem EU-Land gesundheitsgefährdende Lebensmittel im Umlauf sind, geht in allen Mitgliedstaaten der Alarm los.
Als Teilmitglied wird die Schweiz nur informiert, wenn sie von kontaminierten Produkten betroffen ist. Sie hat also nicht auf alle Meldungen Zugriff.

Auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hält eine Vollmitgliedschaft beim RASFF, wie sie bei den aktuellen Verhandlungen zu einem Agrar-Freihandelsabkommen angestrebt wird, für einen Vorteil: «Der Zugriff auf sämtliche Meldungen aus dem RASFF würde es dem BAG erlauben, aktiv weitere Informationen einzuholen und frühzeitig Massnahmen zum Schutz der Konsumenten zu treffen», schreibt das BAG.