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Basel

SP skeptisch gegenüber Schwaller

Die Stimmen der Linken werden am Mittwoch entscheiden, wer Nachfolger von Bundesrat Pascal Couchepin wird. Überraschend tendieren die SP-Parlamentarier beider Basel Richtung Didier Burkhalter (FDP).

Hans-Martin Jermann

In einem Punkt sind sich die Bern-Fahrer beider Basel einig: Das Rennen um die Nachfolge von Pascal Couchepin ist vier Tage vor der Wahl völlig offen. Und obwohl ständig neue Namen ins Spiel gebracht werden - etwa jener des Tessiner FDP-Ständerats Dick Marty - sehen die meisten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CVP-Fraktionschef Urs Schwaller (Freiburg) und FDP-Ständerat Didier Burkhalter (Neuenburg). Wenig Chancen werden dem dritten offiziellen Kandidaten eingeräumt, dem Genfer FDP-Nationalrat Christian Lüscher. Entscheidend wird am Mittwoch in der Bundesversammlung sein, wie die Linke abstimmt. Und diese tendiert derzeit überraschend Richtung Burkhalter, wie eine Umfrage unter Parlamentariern beider Basel zeigt.

Aufhorchen lassen vor allem die Aussagen von SP-Nationalrat Rudolf Rechsteiner. Für seine Partei sei die Ausgangslage schwierig. «Ich habe die Wahl zwischen der Pest und Cholera.» Hinter den harschen Worten des Baslers verbirgt sich Kritik an der Energiepolitik der Kronfavoriten: Sowohl Burkhalter als auch Schwaller wollen in der Schweiz neue Atomkraftwerke bauen. Überraschend, aber aufschlussreich: AKW-Gegner Rechsteiner sieht die Wahl Burkhalters als das kleinere Übel: «Er kann uns in der Volksabstimmung um ein neues AKW weniger schaden als der eloquente, perfekt zweisprachige Schwaller.» Hinzu komme, dass die Abstimmung eher bei den Anhängern der CVP als bei jenen der FDP entschieden werde, sagt der versierte Energiepolitiker.

Auch Rechsteiners Parteikollegin Anita Fetz favorisiert im Moment den Neuenburger: Dieser sei offen für moderne Familienmodelle und setze sich für Bildung und Forschung ein: «Für unsere Region ist das sehr wichtig», betont Fetz. Die Basler Ständerätin kennt das Abstimmungsverhalten von Burkhalter und Schwaller im «Stöckli» bestens. Dennoch hat sie sich noch nicht definitiv entschieden: «Ich werde dies nach den Hearings der SP am Dienstag tun.» Für Fetz ist klar, dass das Rennen über diese beiden «Persönlichkeiten mit Format» läuft. Demgegenüber könnte sich Rechsteiner vorstellen, dass von der Linken liberale Alternativen wie Dick Marty oder Pascal Broulis ins Spiel gebracht werden.

Der Frenkendörfer SP-Nationalrat Eric Nussbaumer will sich wie Fetz noch nicht in die Karten blicken lassen. Doch auch er betont, dass die SP-Parlamentarier nicht automatisch Schwaller wählen, nur weil die CVP ihnen näher stehe. «In der Energiepolitik habe ich grosse Vorbehalte gegenüber Schwaller», sagt Nussbaumer.

Anders beurteilt Grünen-Nationalrätin Anita Lachenmeier den Deutschfreiburger Schwaller: «Von den offiziellen Kandidaten steht er mir in sozialen und ökologischen Fragen am nächsten.» Einige Parteikollegen der Baslerin wollen FDP wählen; damit würden bei einer der nächsten Vakanzen die Chancen eines grünen Bundesratskandidaten steigen. «Von solchen strategischen Überlegungen halte ich nichts», sagt sie. «Wir sollten jenen Kandidaten wählen, der unsere Anliegen im Bundesrat bestmöglichst vertritt.»

Die Aussagen Lachenmeiers sind Musik in den Ohren von Kathrin Amacker. Wenig verständlich sind für die Binninger CVP-Nationalrätin dagegen die Vorbehalte der SP-Parlamentarier gegenüber ihrem Parteikollegen: «Urs Schwaller steht in der Sozialpolitik - und darauf kommt es bei der Couchepin-Nachfolge letztlich an - eher links», stellt sie klar.

Nicht nur deswegen ist Schwaller bei der SVP ein «rotes Tuch», wie der Titterter Nationalrat Christian Miesch sagt. Bei der SVP hat man nicht vergessen, dass der Freiburger die Abwahl von Bundesrat Christoph Blocher miteingefädelt hat. «Es wäre unglaublich, wenn jemand aus der SVP-Fraktion Schwaller wählen würde», schüttelt Jean-Henri Dunant den Kopf. Der Basler SVP-Nationalrat wird am Mittwoch auf alle Fälle einen FDP-Kandidaten wählen, «am liebsten wäre mir Fulvio Pelli, das ist ein seriöser Schaffer.» Christian Miesch will dagegen dem Aussenseiter Christian Lüscher die Stimme geben. Auch der Baselbieter SVPler hält die Ausgangslage für «völlig offen» - und er räumt wilden Kandidaturen Chancen auf Erfolg ein.