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Parteitag in Basel

Sozialwerke, Gleichstellung, Klima: Mit diesem Dreiklang startet die SP ins Wahljahr

Die SP setzt im Wahljahr auf ihr Image als Vertreterin der kleinen Leute – und will dieses mit Gleichstellungs- und Klimapolitik verbinden. Zum Kampagnenstart treffen sich die Genossen dieses Wochenende in Basel zum Parteitag.

Mattea Meyer, Co-Präsidentin der SP Schweiz, stimmt die Basis am Samstag am Parteitag in Basel auf die Wahlen 2023 ein.
Bild: Keystone

Die SP hat am Samstag ihre Schwerpunkte für die eidgenössischen Wahlen vom kommenden Jahr vorgestellt. Wie es am Parteitag in Basel hiess, will die Partei dabei vorab laufende eigene Volksbegehren ins Zentrum rücken: Die eingereichte Prämien-Initiative , die im Schlussspurt befindliche Kita-Initiative und die mit den Grünen lancierte Klimafonds-Initiative .

Denn diese untermauern laut dem vorgestellten Wahlpapier drei von sechs der inhaltlichen Schwerpunkte der geplanten Kampagne für das Wahljahr 2023. «Als Lobby der Menschen» will die SP die «Kaufkraft stärken und Ungleichheit verringern», bei der Gleichstellung «endlich vorankommen» sowie «Klimakrise bekämpfen und Versorgungssicherheit garantieren».

Mit diesem Dreiklang versucht die Partei, ihre strukturkonservative Rolle als Wahrerin des Sozialstaats und Anwältin der kleinen Leute zu halten und gleichzeitig die gender- und klimabewegte Linke bei Laune zu halten.

Wermuth: «Umfassende Antwort» auf «vielfache Krise»

In den Worten von Co-Präsident Cédric Wermuth ist dies nicht bloss politische Taktik, sondern die Herausforderung linker Politik in einer Zeit der «sich verstärkenden Spirale der Vielfachkrise». Diese habe sich bereits vor zehn Jahren abgezeichnet und sei nun Realität geworden:

«Die Zeit der eindimensionalen Antworten ist vorbei, die vielfache Krise braucht eine umfassende Antwort.»

Während sich Wermuth in seiner Rede stark auf die internationale Lage und seine persönliche Betroffenheit vom Krieg in der Ukraine bezog, stellte Co-Präsidentin Mattea Meyer das linke Lebensgefühl in den Vordergrund: Ob in der Ukraine, im Iran oder in sozialen Bewegungen in der Schweiz gehe es um ...

«... die Hoffnung der Menschen, dass es morgen besser sein kann, wenn wir Seite an Seite aufstehen gegen die Unterdrückung und Gewalt von ein paar wenigen.»

Dafür brauche die SP in einem Jahr jedoch «mehr als 16,8 Prozent Wähleranteil», wie Mattea Meyer mit Blick auf das Wahlergebnis von 2019 sagte. «Wir müssen im neuen Parlament mehr sein.» Zu einem konkreten Wahlziel äusserten sich jedoch weder Meyer noch Wermuth.

Am ersten Tag des bis am Sonntag angesetzten Parteitags der SP Schweiz haben rund 900 Genossinnen und Genossen teilgenommen, wie es bei der Eröffnung am Samstag hiess. Nebst der Wahlkampagne haben die Delegierten dabei auch eine Debatte über ein Europapapier der Partei begonnen. Die Beratung der EU-Frage soll am Sonntag fortgesetzt werden.

Berset: «Lösungen für alle, deren Alltag besonders schwierig ist»

Zum Auftakt des Parteitags hatte sich Bundesrat Alain Berset an die Mitglieder gewandt. Dabei forderte er mit Blick auf die Coronapandemie und die Folgen des Ukraine-Kriegs «Lösungen für alle, deren Alltag besonders schwierig ist». Aktuell im Fokus stehen dabei laut dem SP-Bundesrat Mieten, Löhne, Renten oder Krankenkassenprämien.

Bereits vor einer Woche in den Wahlkampf gestartet sind FDP, Grünliberale, Grüne und die SVP . Als Hauptgegnerin der SP brachte sich die FDP in Stellung. «Prozentual zulegen und die SP überholen, das ist unser grosses Ziel», sagte Parteipräsident Thierry Burkart vor den Delegierten in Burgdorf. Bei den letzten Wahlen 2019 erreichte der Freisinn 15,1 Prozent im Vergleich zur SP mit 16.8 Prozent Stimmenanteil.

Bürgerliche setzen auf Aussenpolitik und Energiekrise

FDP-Chef Burkart hatte sich in den letzten Monaten stark profiliert: Er verteidigte Sanktionen gegen Russland und forderte eine Aufstockung der Armee und eine stärkere Annäherung der Schweiz an die Nato. Damit steht Burkart nun in direkter Konkurrenz zu Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Dieser hat sich seit Kriegsausbruch ebenfalls dezidiert zur Frage der Neutralität geäusserte und Munitionslieferungen an die Ukraine gefordert.

Mit demselben Thema, aber entgegengesetzter Stossrichtung, versucht die SVP für die Wahl zu mobilisieren. Dazu dienen soll ihr die von Christoph Blocher vorangetriebenen «Neutralitätsinitiative», die wirtschaftliche Sanktionen gegen Staaten verbieten will. Im Wahljahr will die Partei ausserdem mit ihrer frühzeitigen Kritik an der Energiepolitik von Bundesrätin Simonetta Sommaruga punkten.

Vergangenen Samstag setzte die SVP-Führung vor den Delegierten zudem auf scharfe Rhetorik – und den Kampf gegen «Woke-Kultur», Klimaaktivisten und Zuwanderung.

Grüne und Grünliberale schielen auf Bundesratssitz

Auch die Grünen versuchen das Momentum aus dem Ukrainekonflikt zu nutzen, und zwar für ihr Kernthema Klimapolitik. Mit der Rede von «Freiheitsenergien», die zugleich das Klima retten und das Land von autoritären Regimes unabhängig machen soll, versucht Parteipräsident Balthasar Glättli den realpolitischen und den idealistischen Flügel der Partei auf eine Linie zu bringen.

Wiederhole sich 2023 die grüne Welle, machte Glättli an der Delegiertenversammlung vom letzten Samstag klar, gehe er von «reellen Chancen» auf einen Bundesratssitz aus.

Dieses Ziel hat auch die GLP, die im einsetzenden Wahlkampf ebenfalls auf die Energiewende setzt und sich in den letzten Monaten als Alternative für bürgerliche Mitte-Wähler aufgebaut hat. Zudem setzen die Grünliberalen in ihrer Kampagne auf die Hoffnung zur Annäherung an die EU. Ziel der Partei: Die Zehn-Prozent-Marke zu knacken. «Wenn wir das schaffen, wollen wir auch in den Bundesrat», sagte Präsident Jürg Grossen. (sat/wap)