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Pro & Contra

Soll der Staat die Haushalte bei den Prämien entlasten? Samira Marti und Martina Bircher sind geteilter Meinung

Die Krankenkassenprämien sind zuletzt stark gestiegen. Die SP verlangt per Initiative, dass der Staat jene Versicherten unterstützt, die mehr als 10 Prozent des verfügbaren Einkommens für Prämiengelder aufwenden. Am 9. Juni stimmt die Schweiz über die Vorlage ab. SP-Nationalrätin Samira Marti befürwortet die Vorlage, SVP-Nationalrätin Martina Bircher lehnt sie ab.

PRO: Die Prämienlast erdrückt die Schweiz

SP-Nationalrätin Samira Marti.
Bild: Bild: Christian Beutler/Keystone

Die Prämienlast steigt immer weiter an. Eine Familie mit zwei erwachsenen Kindern muss dafür bis zu 2000 Franken pro Monat bezahlen. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Es braucht nun dringend einen Marschhalt. Die Prämienexplosion muss gestoppt werden.

Vor ein paar Wochen ist das «Familienbarometer 2024» erschienen. Die Ergebnisse sind bedrückend: Immer mehr Familien sind in finanzieller Not. Die Hälfte aller Familien in der Schweiz kommt finanziell nur noch knapp über die Runden. Die grösste Sorge sind dabei die explodierenden Krankenkassenprämien.

Betroffen sind längst nicht nur die tiefsten Einkommen. Die Prämienlast hat weite Teile des Mittelstands erfasst. Das ist nicht weiter verwunderlich, schliesslich sind sie es, die heute durch die Maschen fallen. Sie verdienen zu viel, um Prämienverbilligungen zu erhalten, aber zu wenig, um die explodierenden Krankenkassenprämien tragen zu können.

Besonders bedrückend scheint mir, dass die Familien sorgenvoll in die Zukunft schauen. Laut Familienbarometer fehlt vier von fünf Haushalten der Glaube, dass sich ihre Situation in den nächsten Jahren zum Positiven ändert. Doch die Prämien sind nicht nur für Familien ein Problem. Auch Alleinstehende, kinderlose Paare und Rentner haben immer mehr Mühe, die Krankenkassenprämien zu bezahlen. Die Folge: Manche vermeiden dringend benötigte Arztbesuche oder verschulden sich.

Die Bevölkerung zahlt damit den Preis dafür, dass die Lobbys der Gesundheitsbranche ihre Interessen durchsetzen. So sind die Medikamentenpreise in der Schweiz im Vergleich zum Ausland viel zu hoch. Die Politik macht aber nichts, um diesen Missstand zu beheben. Die Folge dieses Versagens sind höhere Prämien für uns alle. Mit der Initiative verschiebt sich der Druck der steigenden Gesundheitskosten weg von den Prämienzahlenden hin zur Politik.

Die Prämienentlastungsinitiative sorgt dafür, dass die Krankenkassenprämien gedeckelt werden. Neu sollen die Prämien nicht mehr als zehn Prozent des Einkommens ausmachen. Das ist eine zielgerichtete Massnahme, von der Familien, Rentner und Alleinstehende mit tiefen und mittleren Einkommen profitieren würden. Jene also, die dringend Unterstützung benötigen, damit ihre Kaufkraft wieder besser geschützt wird.

CONTRA: Umverteilung und Subventionen lösen keine Probleme

SVP-Nationalrätin Martina Bircher.
Bild: Bild: Gioia Loredana/PARTEI

Die Prämienentlastungsinitiative der SP ist eine Umverteilungsinitiative mit 10 Milliarden Franken Prämienverbilligungen pro Jahr. Sie will, dass keine versicherte Person mehr als 10 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Krankenkassenprämien der Grundversicherung aufwenden muss. Was darüber liegt, soll entsprechend durch Prämienverbilligungen gedeckt werden. Die Prämienverbilligungen schlagen bereits heute mit 5,4 Milliarden Franken jährlich zu Buche. Mit der SP-Initiative kämen weitere 4,2 Milliarden Franken hinzu – Tendenz steigend! Die Initiative löst kein einziges Problem in der Gesundheitspolitik. Was es braucht, sind griffige Reformen, mehr Qualitätswettbewerb und sicher nicht noch mehr Subventionen und Umverteilung.

Teilzeitarbeit würde damit an Attraktivität gewinnen. Und auch in Sachen Gleichstellung wäre es ein Rückschritt. Der Anreiz, dass die Frau zu Hause bleibt, steigt ebenfalls. Dies alles würde den Fachkräftemangel massiv verschärfen und damit die Zuwanderung noch mehr anheizen.

Es geht der SP einmal mehr um Umverteilung, dazu soll die Bevölkerung mit unbezahlbaren und übermässigen Prämienverbilligungen geködert werden. Wird die Initiative hingegen abgelehnt, tritt der indirekte Gegenvorschlag in Kraft.

Denn die Prämienverbilligungen wurden in den letzten Jahren nicht überall in gleichem Masse an die gestiegenen Gesundheitskosten angepasst. Der Gegenvorschlag sieht prozentuale Mindestsätze vor, mit denen die einkommenstiefsten Haushalte von den Krankenkassenprämien entlastet werden sollen. Die Kantone sollen neu abhängig von der Prämienlast zwischen 3,5 und 7,5 Prozent der kantonalen Bruttokosten der obligatorischen Krankenversicherung für die Prämienverbilligung aufwenden. Sie behalten die Kompetenz für die Berechnung des genauen Prämienverbilligungsbetrags. Der verabschiedete Gegenvorschlag bringt für die Kantone Mehrkosten von etwa 356 Millionen Franken.