Nationalratspräsidentin Christa Markwalder verabschiedete Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf mit herzlichen Worten. Neben ihren Leistungen für das Justiz- und Finanzdepartement, speziell in der Bewältigung der Finanzkrise 2008, als sie notfallmässig für den wegen eines Herzinfarkts ausgefallenen Finanzminister Hans-Rudolf Merz einsprang, hätte sich ihre Arbeit durch die stete Suche nach Verständigung und Kompromissen ausgezeichnet.
Wohl in Anspielung auf Widmer-Schlumpfs turbulenten Einstand als Ersatz für den abgewählten Bundesrat Christoph Blocher beschrieb Markwalder Widmer-Schlumpfs Weg als «steinig». Doch als erfahrene Berglerin habe die Graubündnerin diesen Weg gekonnt zu gehen gewusst, so Markwalder.
Neben ihrer Dossiersicherheit, Ausdauer und Beharrlichkeit sei es auch ihr Humor gewesen, der Widmer-Schlumpfs Wirken in Bundesbern ausgezeichnet habe. «Wie Eveline Widmer-Schlumpf das alles geschafft hat, wissen wir auch nicht», bilanziert Markwalder.
Die Laudatio wurde von der Vereinigten Bundesversammlung mit Standing-Ovations quitiert. Auch die SVP-Fraktion erhob sich und gewährte der scheidenden Bundesrätin Respekt - wobei einige Parlamentarier nur eher bescheiden applaudierten.
Es war bezeichnend für die auch von Markwalder erwähnte Eigenständigkeit von Eveline Widmer-Schlumpf, dass diese ihre Abschiedsrede in rätoromanisch begann. Ihre Rede fiel trotz dieses schalkigen Auftakts doch eher nachdenklich aus.
Sie betonte die Wichtigkeit der Gewaltenteilung, den gegenseitigen Respekt politischer Institutionen, namentlich des Parlaments, der Justiz und der Regierung vor der jeweiligen Arbeit, und sie erinnerte auch an die Grenzen, die diesen Institutionen in ihren Kompetenzen auferlegt seien.
Sie nannte explizit auch die Grenzen der Volkssouveränität und der Volksrechte, die die Bundesverfassung festschreibe. Diese sei Garant für den Schutz gegen Willkür, speziell in der heutigen komplexen Gesellschaft, deren politischer Diskurs von Medialisierung und dem Spiel mit Emotionen geprägt sei.
Kompromisse seien etwas Positives und dürfen nicht Einzelinteressen geopfert werden, sagte Widmer-Schlumpf und sprach damit wohl die in den letzten Jahren zunehmend polarisierende Rolle der SVP an.
Ihre eigene Funktion im Bundesrat sah Widmer-Schlumpf ganz im Sinne des römischen Rhetorikers und Philosophen Seneca. Widmer-Schlumpf: «Das Leben ist wie die Rolle in einem Theater - es kommt nicht darauf an, wie lange man spielt, sondern wie gut.»
Zum Schluss bedankte sie sich bei ihren Kollegen im Bundesrat und im Parlament. Speziell erwähnte sie zudem die Demonstration von rund 12'000 Unterstützern und Unterstützerinnen vom April 2008 auf dem Bundesplatz und den starken Rückhalt in ihrer Familie, welche ihr bei ihrer Arbeit im Bundesrat eine grosse Stütze waren. (rhe)