Die Mitbegründerin des EU-Austauschprogramms «Erasmus», die Italienerin Sofia Corradi, ist tot. Die Rechts- und Erziehungswissenschaftlerin starb im Alter von 91 Jahren in ihrer Heimatstadt Rom, wie die Familie mitteilte. Corradi hatte nach einem Studienaufenthalt in den USA Ende der 1960er Jahre die Idee für den Austausch von Studenten zwischen europäischen Universitäten entwickelt. Daraus wurde 1987 das «Erasmus»-Programm, das seither von mehr als 15 Millionen Studenten genutzt wurde.

Italiens Aussenminister Antonio Tajani würdigte Corradi mit den Worten, sie habe wesentlich am Zustandekommen einer «Generation Europa» mitgewirkt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte, die Italienerin stehe mit ihre Idee für eine europäische Jugend, «die sich trifft und durch ihre Unterschiede bereichert wird». Inzwischen reicht das Programm weit über die Europäische Union hinaus auch in andere Länder.
Ihren Spitznamen «Mamma Erasmus» mochte sie
Corradi wurde vielfach auch «Mamma Erasmus» genannt. Dazu sagte sie selbst der Deutschen Presse-Agentur vor einigen Jahren in einem Interview, sie habe diesen Spitznamen gern. «Er erinnert mich an die alten Familienrestaurants mit Namen wie «Mamma Teresa» oder «Mamma Rosa».» Der Name des Programms geht auf den niederländischen Universalgelehrten und Humanisten Erasmus von Rotterdam (etwa 1466/67-1536) zurück.

Das EU-Programm unterstützt Studierende und Uni-Lehrpersonal auf dem Weg ins Ausland und hilft auch, Praktika in Unternehmen zu finanzieren. Corradi hatte sich fast zwei Jahrzehnte lang dafür starkgemacht. Ihre Initiative ging auf eine weniger gute Erfahrung zurück: Während ihrer eigenen Studienzeit in Rom bekam sie die Möglichkeit, als Fulbright-Stipendiatin für ein Jahr an die Columbia University in New York zu gehen. Als sie zurückkam, weigerte sich ihre Hochschule, die dort abgelegten Prüfungen anzuerkennen. (dpa)