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Bankgeheimnis

So kann der Finanzplatz überleben

Selbst Bundesrat Merz glaubt nicht mehr daran, dass mit den neuen Doppelbesteuerungsabkommen allein die Probleme mit dem Ausland zu lösen sind. Die Schweiz bringt sich in Stellung für die Zeit nach dem Bankgeheimnis – die Rettungspläne.

Beat Rechsteiner

Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble verkündete gestern das Ende des Bankgeheimnisses. Und in der Schweiz zerbrechen sich die Politiker ihre Köpfe darüber, wie es mit dem Finanzplatz weitergehen soll, wenn einer der wichtigsten Grundpfeiler des jahrzehntelangen Erfolgs einbricht. An vorderster Front steht Bundesrat Hans-Rudolf Merz, der gegenüber der «NZZ am Sonntag» Klartext redete: Zurzeit tue man so, als könne man den totalen Verzicht auf den automatischen Austausch von Bankkundendaten und den unbeschränkten Zugang zum europäischen Markt für Banken und Versicherungen (siehe Kasten) gleichzeitig haben – «aber das geht nicht».

Das bedeutet zweierlei. Zum einen rechnet offensichtlich nicht einmal mehr Merz damit, dass sich das
Ausland mit den neuen Doppelbesteuerungsabkommen zufriedengeben wird, in denen die Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung wegfällt. Zum anderen wird immer klarer, dass die Schweiz zu weitreichenden Konzessionen bereit ist, um den Finanzdienstleistern einen möglichst unbeschränkten Zugang zu den europäischen Märkten zu ermöglichen. Damit wollen Branche und Politik verhindern, dass der Schweizer Finanzplatz international ins Abseits gerät. Gefordert wurde dies bereits in den Verhandlungen für ein neues Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland, offenbar aber ohne Erfolg.

Über das Ziel sind sich alle einig. Hitzig aber wird die Diskussion, wenn es um den Preis geht, den die Schweiz dafür bezahlen soll. Drei Varianten stehen derzeit im Vordergrund:

INFORMATIONSAUSTAUSCH Merz spricht davon, dass ein automatischer Austausch von Bankkundendaten, wie er in vielen EU-Ländern gilt, in «Varianten und Abarten» auch für die Schweiz zum Thema werde. Allerdings sind Bundesrat, bürgerliche Parteien und Finanzplatzvertreter dagegen. Urs P. Roth, Präsident der Bankiervereinigung, sagt sogar: «Das kommt für mich als Preis für den freien Marktzugang sicher nicht infrage.» Das System brächte den gläsernen Bankkunden. In der EU funktioniert es so: Hat etwa ein Deutscher ein Konto in Frankreich, liefert die Bank seine Daten an die französischen Steuerbehörden, welche wiederum die deutschen Partnerbehörden informieren. Diese können dann die Daten überprüfen und feststellen, ob der Kontoinhaber bei der Steuererklärung alles pflichtgemäss angegeben hat.

ABGELTUNGSSTEUER Die Lieblingsvariante der Bürgerlichen und der Bankiervereinigung ist eine Alternative zur Aufgabe des Bankgeheimnisses, denn der Bankkunde könnte anonym bleiben. Auf ausländische Vermögen würde die Schweiz eine Art Verrechnungssteuer erheben und die Erträge ins Ausland überweisen. Eine Abgabe gäbe es nicht nur auf Zinserträge, sondern auch auf Dividenden. Das Problem an der Sache ist nur: Gemäss der «SonntagsZeitung» haben die EU-Staaten daran keinerlei Interesse. Merz soll den Deutschen eine Abgeltungssteuer bereits erfolglos angeboten haben.

WEISSGELDSTRATEGIE Von links bis rechts finden sich Politiker, die dafür plädieren, dass all das in der Schweiz liegende unversteuerte Geld von Ausländern innerhalb einer beschränkten Frist von etwa fünf Jahren weissgewaschen werden könnte. Als Vorbild dient Liechtenstein, das mit Grossbritannien eine entsprechende Vereinbarung getroffen hat. In die Pflicht genommen werden dabei die Banken: Sie müssen von ausländischen Kunden eine Steuerbescheinigung verlangen. Kunden ohne Bescheinigung müssen entweder ihr Konto auflösen und ihr Geld in ein anderes Land bringen. Oder sie müssen die Steuerschuld der letzten Jahre zu
einem Durchschnittssteuersatz doch noch begleichen und werden für ihre Vergehen mit milden Bussen bestraft. Während diese Variante bei der Politik ankommt, rümpfen Banker die Nase: «Das ist für uns kein gangbarer Weg», sagte Thomas Sutter von der Bankiervereinigung der «Basler Zeitung».